I.

Die Werte von Antrag und Widerantrag werden nach § 39 Abs. 1 S. 1 FamGKG grundsätzlich zusammengerechnet; insoweit bestätigt diese Regelung die allgemeine Vorschrift des § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG. Eine dem § 33 Abs. 1 S. 2 FamGKG entsprechende Einschränkung enthält § 39 Abs. 1 FamGKG allerdings nicht; gleichwohl dürfte das Additionsverbot auch hier gelten, wenn sich der Antrag auf einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch und der Widerantrag auf einen daraus resultierenden vermögensrechtlichen Anspruch bezieht.

Die Werte von Antrag und Widerantrag werden allerdings dann nicht zusammengerechnet, wenn sie denselben Verfahrensgegenstand betreffen. In diesem Fall gilt nur der höhere Wert der beiden Anträge (§ 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG).

Hier wird häufig – wie auch vom FamG – lediglich die sog. Identitätsformel angewandt. Danach soll von demselben Gegenstand auszugehen sein, wenn das Zusprechen des Antrags zwingend zur Folge hat, dass der Widerantrag abgewiesen werden muss und wenn das Zusprechen des Widerantrags zwingend zur Folge hat, dass der Antrag abzuweisen ist.[1] Diese sog. Identitätsformel führt jedoch nicht zu einer abschließenden Beurteilung. Hinzukommen muss auch eine wirtschaftliche Identität. Dass sich die Ansprüche wechselseitig ausschließen, genügt also noch nicht für das Additionsverbot nach § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG.

II.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

1.

Wechselseitige Auskunftsanträge sind immer zusammenzurechnen, soweit sie der Durchsetzung bzw. Abwehr verschiedener Ansprüche dienen (s.u. Unterhalt und Zugewinn). Soweit die Auskünfte der Durchsetzung bzw. Abwehr desselben Hauptanspruchs dienen, greift dagegen auch hier das Additionsverbot.

2.

Werden wechselseitige Scheidungsanträge gestellt, so handelt es sich um gleichgerichtete Anträge, für die immer derselbe Wert gilt. Da dieselbe Ehe nur einmal geschieden werden kann, liegt eine Identität vor, so dass die Werte nicht zu addieren sind. Da für beide Anträge auf die Umstände, insbesondere die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, zum Zeitpunkt der ersten Antragstellung abzustellen ist (§ 34 RVG), stellt sich die Frage des höherwertigen Antrags nicht.

Wird dagegen einerseits Aufhebung der Ehe beantragt und andererseits Scheidung, liegen verschiedene Gegenstände vor, so dass zu addieren ist.[2]

3.

Stellen die Beteiligten wechselseitige Anträge zur Überlassung oder Nutzung der Ehewohnung, so ist zu differenzieren.

  Werden wechselseitige Anträge zur Ehewohnung für die Zeit der Trennung gestellt, ist vorbehaltlich einer Anhebung nach § 48 Abs. 3 FamGKG vom einfachen Regelwert des § 48 Abs. 1, 1. Alt. FamGKG (3.000,00 EUR) auszugehen. Das gilt nicht nur dann, wenn wechselseitig die Überlassung der Ehewohnung beantragt wird, sondern auch dann, wenn der eine Ehegatte die Überlassung und der andere eine Nutzungsentschädigung nach § 1361b Abs. 2 S. 2 BGB verlangt.
  Werden wechselseitige Anträge auf Zuweisung der Ehewohnung nach Rechtskraft der Scheidung gestellt, liegt ebenfalls derselbe Gegenstand zugrunde, so dass vorbehaltlich einer Anhebung nach § 48 Abs. 3 FamGKG vom einfachen Regelwert des § 48 Abs. 1, 2. Alt. FamGKG (4.000,00 EUR) auszugehen ist.
  Wird einerseits die Zuweisung der Ehewohnung für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung und im Wege des Widerantrags vom anderen Ehegatten eine Nutzungsentschädigung für die Zeit der Trennung verlangt, liegen dagegen verschiedene Gegenstände vor, so dass die Werte des § 48 Abs.1, 1. u. 2. Alt. FamGKG zu addieren sind.

4.

Stellen die Beteiligten wechselseitige Anträge zur Nutzung oder Überlassung derselben Haushaltsgegenstände, ist bereits vom demselben Gegenstand auszugehen, so dass sich insoweit schon eine Addition verbietet. Soweit mit Antrag und Widerantrag wechselseitig verschiedene Haushaltsgegenstände verlangt werden, ist fraglich, ob derselbe Gegenstand zugrunde liegt. Letztlich kann auch diese Frage offenbleiben, da angesichts des Regelwerts nach § 48 Abs. 2 FamGKG ohnehin nicht zu addieren ist. In beiden Fällen kann allerdings der Wert wegen Umfang und Schwierigkeit angemessen anzuheben sein (§ 48 Abs. 3 FamGKG).

5.

Wird wechselseitig die Zuweisung des Kindergeldes im Verfahren nach § 231 Abs. 2 FamFG beantragt, liegt nur ein Gegenstand vor, so dass der Regelwert des § 51 Abs. 3 FamGKG nur einmal greift. Ein Grund für eine Anhebung dürfte hier nicht gegeben sein, da diese Verfahren grundsätzlich streitig mit wechselseitigen Interessen geführt werden.

6.

Werden wechselseitige Anträge zur selben Kindschaftssache hinsichtlich desselben Kindes gestellt, liegt derselbe Gegenstand zugrunde, so dass nicht zu addieren ist. Betreffen wechselseitige Anträge verschiedene Kinder, liegen zwar mehrere Gegenstände vor; diese gelten jedoch nach § 44 Abs. 2 S. 2 und § 45 Abs. 1 S. 2 FamGKG als ein Gegenstand, so dass wiederum nicht zu addieren ist.[3] In beiden Fällen kann allerdings der Verfahrenswert entsprechend heraufgesetzt werden (§§ 44 Abs. 3, 45 Abs. 3 FamGKG).

7.

Werden wechselseitig Unterhaltsansprüche geltend gemacht, l...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?