Leitsatz
Regelt ein Vergleich, dem der Nebenintervenient ausdrücklich zugestimmt hat, nur die Verteilung der Kosten des Rechtsstreits zwischen den Parteien des Rechtsstreits, ohne die Kosten der Nebenintervention zu erwähnen, schließt dies regelmäßig einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten aus.
BGH, Beschl. v. 4.2.2016 – IX ZB 28/15
1 Sachverhalt
Der Kläger machte Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten geltend. Die Rechtsbeschwerdegegnerin trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten als Streithelferin bei. Das Gericht schlug den Parteien den Abschluss eines Vergleichs vor, der unter anderem folgende Regelungen vorsah:
1. Die Beklagten verpflichten sich gesamtschuldnerisch, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 60.000 EUR zu zahlen. Von diesem Betrag übernimmt die Nebenintervenientin einen Betrag in Höhe von 57.500 EUR […].
[…]
3. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs haben zu 4/5 der Kläger und zu 1/5 die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
Der Kläger, beide Beklagte und ihre Streithelferin stimmten diesem Vergleich mit Anwaltsschriftsatz zu. Das LG stellte daraufhin durch Beschluss gem. § 278 Abs. 6 ZPO fest, dass die Parteien einen entsprechenden Vergleich geschlossen haben und der Prozess damit beendet ist.
Die Streithelferin hat beantragt, eine Kostengrundentscheidung zu ihren Gunsten zu erlassen. Das LG hat entschieden, dass der Kläger 4/5 der Kosten der Nebenintervenientin zu erstatten habe. Das OLG hat die Beschwerde des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will der Kläger die Zurückweisung des Antrags erreichen.
2 Aus den Gründen
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, bei einem Vergleichsschluss seien die Kosten der Nebenintervention in dem Maße vom Gegner zu tragen, wie dieser auch die Kosten der von dem Nebenintervenienten unterstützten Hauptpartei zu tragen habe. Dies folge aus § 101 ZPO und gelte unabhängig davon, ob der Nebenintervenient an dem Vertragsschluss beteiligt gewesen sei oder nicht. Falls von dieser Regelung abgewichen werden solle, bedürfe es des ausdrücklichen Einverständnisses des Nebenintervenienten.
2. Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO zulässig. Sie ist auch begründet. Der Streithelferin der Beklagten steht kein prozessualer Kostenerstattungsanspruch zu.
a) Gem. § 101 Abs. 1 ZPO sind die Kosten der unselbstständigen (nicht streitgenössischen) Nebenintervention dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit dieser nach den §§ 91 bis 98 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Beenden die Parteien den Rechtsstreit durch Vergleich, an dem der Nebenintervenient nicht teilnimmt, richtet sich der Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten daher nach der im Vergleich geregelten Kostentragungspflicht zwischen den Parteien (BGH, Beschl. v. 3.4.2003 – V ZB 44/02, NJW 2003, 1948, insoweit in BGHZ 154, 351 nicht abgedr. [= AGS 2003, 293]; v. 8.9.2011 – VII ZB 24/09, NJW 2011, 3721 Rn 5 f. [= AGS 2012, 84]; v. 19.12.2013 – VII ZB 11/12, BauR 2014, 584 Rn 11 [= AGS 2014, 295]). Diese Regelung ist jedoch insoweit dispositiv, als der Nebenintervenient mit den Parteien im Rahmen eines Vergleichs abweichende Regelungen treffen kann. Dies setzt voraus, dass der Nebenintervenient sich am Vergleich beteiligt, indem er dem Abschluss des Vergleichs zustimmt (vgl. BGH, Beschl. v. 23.1.1967 – III ZR 15/64, NJW 1967, 983, 984; v. 3.4.2003 – V ZB 44/02, NJW 2003, 1948, insoweit in BGHZ 154, 351 nicht abgedr. [= AGS 2003, 293]; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 101 Rn 7; Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 101 Rn 6; MüKo- ZPO/Schulz, 4. Aufl., § 101 Rn 28; Smid/Hartmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 101 Rn 9; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 101 Rn 7). Ob und inwieweit in einem mit Zustimmung des Nebenintervenienten abgeschlossenen Vergleich auch die Erstattungspflicht hinsichtlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten geregelt ist, ist Auslegungsfrage.
Soweit ein solcher Vergleich eine Regelung zu den Kosten enthält, ist anhand dieser Regelung zu entscheiden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Nebenintervenient einen Anspruch auf Erstattung seiner Kosten hat. Haben die Parteien mit Zustimmung des Nebenintervenienten ausdrücklich geregelt, wer die Kosten des Nebenintervenienten zu tragen hat, hat der Nebenintervenient einen entsprechenden Erstattungsanspruch. Fehlt es an einer ausdrücklichen Bestimmung über die Kosten der Nebenintervention, ist damit eine prozessuale Kostenerstattung nicht stets ausgeschlossen. Sie scheidet allerdings aus, wenn dem mit Zustimmung des Nebenintervenienten geschlossenen Vergleich keine Bestimmung zu entnehmen ist, dass eine der Parteien die durch die Nebenintervention verursachten Kosten zu tragen hat (OLG Köln OLGR 2009, 526, 527; OLG Koblenz JurBüro 2011, 598, 599). Dies folgt aus dem Rechtsgedanken des § 98 ZPO (a.A. Schneider, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 7. Aufl., § 101 Rn 13). Ein Nebenintervenient, der einem Vergleich zus...