ARB 2000 § 2 Buchst. i); StGB §§ 224, 229
Leitsatz
Für die Verteidigung gegen den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung besteht auch dann kein Versicherungsschutz, wenn es aufgrund einer Einstellung des Verfahrens nicht zu einer Verurteilung kommt.
BGH, Hinweisbeschl. v. 14.12.2016 – IV ZR 497/15
1 Sachverhalt
Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Rechtsschutzversicherung, die u.a. den Straf-Rechtsschutz umfasst. Dem Versicherungsvertrag liegen Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2000/2) zugrunde, deren § 2 auszugsweise wie folgt lautet:
"§ 2 Leistungsarten
Der Umfang des Versicherungsschutzes kann in den Formen des § 21 bis § 29 vereinbart werden. Je nach Vereinbarung umfaßt der Versicherungsschutz
...
i) Straf-Rechtsschutz
für die Verteidigung wegen des Vorwurfs
...
bb) eines sonstigen Vergehens, dessen vorsätzliche wie auch fahrlässige Begehung strafbar ist, solange dem Versicherungsnehmer ein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen wird. Wird dem Versicherungsnehmer dagegen vorgeworfen, ein solches Vergehen vorsätzlich begangen zu haben, besteht rückwirkend Versicherungsschutz, wenn nicht rechtskräftig festgestellt wird, dass er vorsätzlich gehandelt hat.
Es besteht also bei dem Vorwurf eines Verbrechens kein Versicherungsschutz; ebenso wenig bei dem Vorwurf eines Vergehens, das nur vorsätzlich begangen werden kann (z.B. Beleidigung, Diebstahl, Betrug). Dabei kommt es weder auf die Berechtigung des Vorwurfes noch auf den Ausgang des Strafverfahrens an.
..."
Die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger ein. Grund dafür war ein Vorfall vor einer Diskothek, bei dem der Kläger in eine körperliche Auseinandersetzung verwickelt gewesen sein und seinem Kontrahenten mit einem spitzen Gegenstand eine Stichverletzung zugefügt haben soll. In der Strafanzeige trug der Polizeibeamte im Formularfeld "Straftat(en)/Verletzte Bestimmung(en)" ein: "Gefährliche Körperverletzung auf Straßen, Wegen oder Plätzen (Par. 224 StGB)".""
Der Kläger beauftragte einen Rechtsanwalt mit seiner Verteidigung. Später stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gem. § 153 Abs. 1 StPO ein. In dem Schreiben, mit dem sie den Kläger von der Einstellung in Kenntnis setzte, gab die Staatsanwaltschaft als Tatvorwurf "Gefährliche Körperverletzung" an.
Die Beklagte verweigerte die Erstattung der Verteidigerkosten unter Berufung auf § 2i) bb) ARB 2000/2. Gegen den Kläger sei der Vorwurf eines Vergehens, das nur vorsätzlich begangen werden könne, erhoben worden.
In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Versicherungsschutz sei gem. § 2i) bb) UAbs. 2 ARB 2000/2 ausgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft habe dem Kläger eine gefährliche Körperverletzung i.S.v. § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB vorgeworfen. Die missverständliche Bezeichnung in der Strafanzeige sei für die Einordnung des Tatvorwurfs unschädlich. Die Ermittlung wegen gefährlicher und nicht einfacher Körperverletzung sei naheliegend gewesen, zumal der Kläger seinem Kontrahenten laut Strafanzeige mit einem spitzen Gegenstand eine Stichverletzung zugefügt haben solle. Die Frage, ob die gefährliche Körperverletzung i.S.d. ARB ein Vergehen sei, das nur vorsätzlich begangen werden könne, sei zwar in Lit. und Rspr. umstritten. Dies könne aber dahinstehen, da der durchschnittliche Versicherungsnehmer durchaus zwischen fahrlässiger, vorsätzlicher und gefährlicher Körperverletzung, bei der besondere Mittel zur Körperverletzung bewusst zum Einsatz kommen müssten, zu differenzieren wisse und letztere ohne Weiteres als Vorsatztat qualifizieren werde.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger das Klagebegehren weiter.
2 Aus den Gründen
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S.v. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a S. 1 ZPO).
1. Das Berufungsgericht hat die Revision zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rspr. zugelassen, da die Frage, ob die gefährliche Körperverletzung i.S.d. ARB ein Vergehen sei, das nur vorsätzlich begangen werden könne, in Lit. und Rspr. umstritten sei und eine obergerichtliche Entscheidung dazu nicht existiere. Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision indes nicht, da sie nach der Begründung des Berufungsgerichts nicht entscheidungserheblich ist. Nach der eigenen Lösung des Berufungsgerichts kam es auf die Auseinandersetzung mit den sich widersprechenden Ansichten nicht an und der Fall war zu entscheiden, ohne die Streitfrage zu beantworten.
2. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Prüfung auch stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Deckungsschutz nach § 2i) bb) ARB 2000/2 abgelehnt.
a) Verteidigt sich der Versicherungsnehmer einer Rechtsschutzversicherung in einem Strafverfahren, richtet sich der Anspruch auf Deckungsschutz danach, welches Delikt die Strafverfolgungsbehörden ihm vorwerfen, ohne dass es auf die Berechtigung dieses Vorwurfs ankommt.
aa) Al...