ZPO §§ 103 ff.; RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2
Leitsatz
- Für die Prüfung der Frage, ob die Kostengrundentscheidung und damit der prozessuale Kostenerstattungsanspruch die gebührenauslösende Tätigkeit des Rechtsanwalts – im Falle der Terminsgebühr gem. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV die auf Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete außergerichtliche Besprechung – erfasst, ist von Bedeutung, welche Reichweite die konkrete Kostengrundentscheidung formal hat, insbesondere, welche Verfahrensabschnitte sie einschließt. Etwaige ihr zeitlich nachfolgende Verfahrensabschnitte und die mit diesen zusammenhängende anwaltliche Tätigkeit kann eine Kostengrundentscheidung schon formal nicht erfassen.
- Die Kostengrundentscheidung in einem Beschluss, mit welchem eine einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung erlassen wurde, erfasst das einstweilige Verfügungsverfahren lediglich bis zum Erlass dieses Beschlusses. Eine außergerichtliche Besprechung, die auf die Vermeidung eines Widerspruchs gegen die einstweilige Verfügung gerichtet ist, kann nicht der ihr vorausgegangenen Kostengrundentscheidung zugeordnet werden, mit der Folge, dass für den Fall, dass Widerspruch nicht eingelegt wird, die Terminsgebühr nicht gem. §§ 103 f. ZPO festsetzungsfähig ist.
BGH, Beschl. v. 7.2.2017 – VI ZB 43/16
1 Sachverhalt
Mit Beschl. v. 8.6.2015 hatte das LG eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der dem Antragsgegner die Anfertigung heimlicher Nacktaufnahmen der Antragstellerin verboten wurde. Die Kosten des Verfahrens sind dem Antragsgegner zu 91 % und der Antragstellerin zu 9 % auferlegt worden. Der Beschluss ist dem Antragsgegner am 9.6.2015 zugestellt worden. Am 10. und 15.6.2015 fanden Telefongespräche zwischen den damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten statt, in welchen es um die Abgabe einer Abschluss- oder strafbewehrten Unterlassungserklärung, ferner um die Höhe des Gegenstandswertes und die Zahlung eines "Schmerzensgeldes" ging. Mit Schreiben vom 16.6.2015 hat der Antragsgegner eine Abschlusserklärung abgegeben.
In dem das einstweilige Verfügungsverfahren betreffenden Kostenfestsetzungsbeschluss v. 19.8.2015, am 13.10.2015 abgeändert auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, hat das LG die von dem Antragsgegner an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 1.683,85 EUR festgesetzt. Darin enthalten war eine Terminsgebühr i.H.v. 796,82 EUR, die die Antragstellerin für die telefonische Besprechung vom 10. und 15.6.2015 geltend gemacht hat. Der von dem Antragsgegner eingelegten sofortigen Beschwerde hat das LG insoweit abgeholfen, als es erstmals die in der Kostengrundentscheidung ausgesprochene Kostenquote berücksichtigt und dementsprechend den von dem Antragsgegner zu erstattenden Betrag auf 1.532,30 EUR (91 % von 1.683,85 EUR) festgesetzt hat. Der gegen die Festsetzung der Teminsgebühr gerichteten Beschwerde des Antragsgegners hat es nicht abgeholfen.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das OLG die vom Antragsgegner zu erstattenden Kosten unter Abzug der Terminsgebühr auf 807,20 EUR reduziert. Die erst nach Erlass der Kostengrundentscheidung entstandene Terminsgebühr sei schon formal von der Kostengrundentscheidung nicht erfasst. Zudem habe der Gegenstand der telefonischen Erörterung inhaltlich zur Hauptsache und nicht zum einstweiligen Verfügungsverfahren gehört.
Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
2 Aus den Gründen
Die gem. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da die von der Antragstellerin geltend gemachte Terminsgebühr in dem Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen war.
1. Eine Terminsgebühr für außergerichtliche Besprechungen fällt gem. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 i.V.m. Nr. 3104 VV für die Mitwirkung an Besprechungen (nicht mit dem Auftraggeber) an, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. Durch die Neufassung dieser Vorbem. durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – 2. KostRMoG) vom 23.7.2013 (BGBl I, 2586) ist klargestellt, dass die Terminsgebühr unabhängig davon entsteht, ob für das gerichtliche Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist oder nicht (vgl. zum früheren Meinungsstreit BGH, Beschl. v. 2.11.2011 – XII ZB 458/10, FamRZ 2012, 110 Rn 15 ff. m.w.N. [= AGS 2012, 10]). Voraussetzung für die Entstehung der Terminsgebühr ist, dass dem Rechtsanwalt ein unbedingter Auftrag als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter erteilt worden ist (Vorbem. 3 Abs. 1 VV).
Zwar kann auch eine solche für eine außergerichtliche Besprechung entstandene Terminsgebühr Gegenstand des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs sein und dem nach im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 f. ZPO festgesetzt werden, sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Anfall der Gebühr unstreitig oder glaubhaft gemacht sind (BGH, Beschl. v. 11.6.2008 – XII ZB 11/06, NJW 2008, 2993 Rn 7 [= AGS 2008,...