ZPO § 788; RVG VV Nr. 3309
Leitsatz
Nach Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs ist dem Schuldner eine Zahlungsfrist von zwei Wochen einzuräumen. Die Kosten einer Vollstreckungsandrohung vor Ablauf dieser Frist sind nicht erstattungsfähig.
AG Villingen-Schwenningen, Beschl. v. 9.12.2016 – 25 M 3184/16
1 Sachverhalt
Die Parteien hatten vor dem OLG am 18.7.2016 einen Vergleich geschlossen. Am 28.7.2016 drohte der Gläubiger die Zwangsvollstreckung an. Am selben Tage zahlte der Schuldner. Daraufhin beantragte der Gläubiger gem. § 788 ZPO die Festsetzung der ihm entstandenen Kosten i.H.v. einer 0,3Verfahrensgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer.
Der Schuldner ist dem Kostenfestsetzungsantrag entgegen getreten. Zur Begründung trägt er vor, dass eine Zahlungsaufforderung zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung noch gar nicht möglich gewesen sei, da zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Durchführung der Zwangsvollstreckung mangels des Empfangsbekenntnisses noch nicht vorgelegen hätten.
Ferner wurde vorgetragen, dass der Schuldner am 28.7.2016 bereits die offene Forderung beglichen habe. Dies wurde durch die Vorlage eines Zahlungsprotokolls glaubhaft gemacht.
Die Urkundsbeamtin hat den Antrag zurückgewiesen und der Erinnerung nicht abgeholfen.
Begründet wurde die Zurückweisung damit, dass aus der Entscheidung des BGH (Beschl. v. 18.7.2003 – IXa ZB 146/03) hervorgehe, dass eine anwaltliche Vollstreckungsgebühr für eine an den Schuldner gerichtete Zahlungsaufforderung nur dann erstattungsfähig sei, wenn der Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels im Besitz habe und dem Schuldner einen angemessenen Zeitraum zur freiwilligen Erfüllung gesetzt worden sei.
Der BGH sehe in seiner Entscheidung eine Frist von vierzehn Tagen zur freiwilligen Erfüllung als angemessen an.
Im vorliegenden Fall erscheine der Zeitraum zur freiwilligen Zahlungserfüllung nicht als angemessen. Am 18.7.2016 sei im Beisein des Schuldners der Vergleich geschlossen worden. Mit Datum vom 28.7.2016 sei bereits die Zahlungsaufforderung ergangen.
Dem Schuldner seien damit nur zehn Tage zur freiwilligen Zahlungserfüllung gewährt worden. Auch im Hinblick auf die Zahlungsziele im alltäglichen Geschäftsleben sei eine Frist von zehn Tagen nicht als angemessen anzusehen.
Am 28.7.2016 habe der Schuldner auch bereits den Betrag beglichen.
Bei den Gebühren für die Zahlungsaufforderung handele es sich somit nicht um erstattungsfähige Kosten.
2 Aus den Gründen
Die "sofortige Beschwerde" der Gläubigerin war als Erinnerung auszufegen, da der Beschwerdewert nicht erreicht wird.
Die Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.
Insoweit wird auf die angefochtene Entscheidung sowie auf den Nichtabhilfebeschluss der zuständigen Rechtspflegerin billigend Bezug genommen.
Aus der dort zitierten Entscheidung des BGH (Beschl. v. 18.7.2003 – IXa ZB 146/03, NJW-RR 2003, 1581) folgt, dass eine anwaltliche Vollstreckungsgebühr dann erstattungsfähig ist, wenn der Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels im Besitz hat und dem Schuldner zuvor ein angemessener Zeitraum zur freiwilligen Erfüllung zur Verfügung stand.
Nach diesen Grundsätzen kann die Gläubigerin, wie bereits zutreffend festgestellt wurde, die geltend gemachte Gebühr als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung nicht erstattet verlangen. Die angemessene Frist beginnt zwar richtigerweise nicht erst mit der Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung an den Schuldner, sondern ab dem Abschluss des Vergleichs, da dem Schuldner aufgrund seiner persönlichen Anwesenheit die Zahlungsverpflichtung seither bekannt war. Zwischen dem Vergleichsschluss am 18.7.2016 und der Zahlung sowie der anwaltlichen Zahlungsaufforderung am 28.7.2016 lagen jedoch lediglich 10 Tage. Auch aus Sicht des Gerichts ist mit Blick auf die benannte BGH-Rspr. eine Frist von 14 Tagen angemessen und abzuwarten.
Nachdem die Gläubigerin keine angemessene Frist zur freiwilligen Erfüllung gewährt hat, besteht kein Anspruch auf die beantragte Kostenfestsetzung.
Anmerkung
Im besprochenen Fall hatte sich der Schuldner in einem gerichtlich protokollierten Vergleich zur Zahlung verpflichtet. Eine Zahlungsfrist wurde nicht vereinbart; materiell war die Zahlung deshalb gem. § 271 BGB sofort fällig.
Zehn Tage lang (den Tag des Vergleichsabschlusses eingerechnet) leistete der Schuldner keine Zahlung. Am Tag 11 wurde er vom Gläubiger-Rechtsanwalt (ausdrücklich "im Wege der Zwangsvollstreckung") zur Zahlung der Vergleichssumme und der Vollstreckungskosten (150,80 EUR) aufgefordert. Daraufhin bezahlte der Schuldner die Vergleichssumme, nicht aber die Vollstreckungskosten, deren Festsetzung der Gläubiger daraufhin gem. § 788 Abs. 1 ZPO beim Vollstreckungsgericht (i.d.R. das AG am Wohnsitz des Schuldners, §§ 764 Abs. 2, 788 Abs. 2 ZPO) beantragte. Die gem. § 20 Nr. 17 RPflG für die Festsetzung zuständige Rechtspflegerin lehnte den Antrag ab. Dagegen legte der Gläubiger Erinnerung gem. § 11 Abs. 2 RPflG ein (weil die Beschwer unter 200,00 EUR lag, war die sofortige Beschwerde gem. § 567 Abs. 2 ZPO nicht stat...