BGB § 249 Abs. 2 S. 1
Leitsatz
Der Gegenstandswert, welcher der Bemessung der vom Schädiger zu erstattenden Rechtsanwaltskosten zugrunde zu legen ist, bestimmt sich unter Abzug des Restwerts des Unfallfahrzeugs, wie er letztlich festgestellt oder unstreitig geworden ist (Fortführung von BGH, Urt. v. 18.7.2017 – VI ZR 465/16 [= AGS 2017, 365]).
BGH, Urt. v. 19.4.2018 – IX ZR 187/17
1 Sachverhalt
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf die Erstattung weiterer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nach einem im Übrigen regulierten Verkehrsunfall in Anspruch, für welchen der Beklagte allein haftet.
Die Klägerin verlangt die Erstattung der ihr in Rechnung gestellten Anwaltsgebühren, nämlich eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV i.H.v. 1,3 aus einem Gegenstandswert von 10.854,16 EUR zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer, insgesamt 958,19 EUR. Hierauf zahlte der Haftpflichtversicherer des Beklagten nur 571,44 EUR, wobei er seiner Abrechnung einen Gegenstandswert von 5.217,09 EUR zugrunde legte. Die unterschiedlichen Gegenstandswerte erklären sich daher, dass die Klägerin den Gegenstandswert in erster Linie unter Berücksichtigung des sachverständig festgestellten Wiederbeschaffungswerts ohne Abzug des sachverständig festgestellten Restwerts und hilfsweise unter Abzug des vom Sachverständigen festgestellten Restwerts berechnet, während der Haftpflichtversicherer die zu erstattenden Anwaltsgebühren aus dem sachverständig festgestellten Wiederbeschaffungswert unter Abzug des höheren Restwerts berechnet, zu dem die Klägerin, nachdem sie von ihm auf ein besseres Restwertangebot verwiesen worden ist, den Unfall- wagen veräußert hat. Den Differenzbetrag i.H.v. 386,75 EUR macht die Klägerin mit der Klage geltend.
Das AG hat der Klage stattgegeben und die Berufung zugelassen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Der Beklagte möchte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision die Abweisung der Klage erreichen.
2 Aus den Gründen
Die Revision hat Erfolg.
I. Das Berufungsgericht (AGS 2017, 367) hat ausgeführt: Ein bei einem Verkehrsunfall Geschädigter habe gegen den Schädiger einen Anspruch auf Ersatz derjenigen Rechtsberatungskosten, die durch den Unfall ausgelöst worden und die nicht deshalb entstanden seien, weil der Geschädigte dem Schädiger gegenüber unberechtigte oder überhöhte Ansprüche geltend gemacht habe. Entscheidend sei darauf abzustellen, aus welchem Gegenstand sich die Anwaltsgebühren errechneten. Nachdem der Restwert lediglich einen Rechnungs- posten innerhalb der Schadensberechnung darstelle, darüber hinaus der Geschädigte auch das Recht habe, Ersatz des Wiederbeschaffungswerts bei gleichzeitiger Herausgabe des beschädigten Fahrzeugs an den Schädiger zu verlangen, erscheine es vorzugswürdig, die zu erstattenden Anwaltskosten aus dem Wiederbeschaffungswert ohne Abzug des Restwerts zu berechnen. Zu berücksichtigen sei des Weiteren, dass es verschiedene Möglichkeiten der Abrechnung bei einem wirtschaftlichen Totalschaden gebe. Da der Geschädigte darum nicht wisse, bestehe für ihn Beratungsbedarf. Die dadurch ausgelösten Gebühren sollten vom Schädiger getragen werden.
II. Diese Erwägungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bestimmt sich der Gegenstandswert, welcher der Bemessung der vom Schädiger zu erstattenden Rechtsanwaltskosten zugrunde zu legen ist, unter Abzug des Restwerts des Unfallfahrzeugs, wie er letztlich festgestellt oder unstreitig geworden ist.
1. Der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch umfasst grds. auch den Ersatz der durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten, § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Nach der std. Rspr. des BGH hat der Schädiger allerdings nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urt. v. 18.7. 2017 – VI ZR 465/16, NJW 2017, 3588 Rn 6 m.w.N. [= AGS 2017, 365]).
Beauftragt der Geschädigte einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer, so ist der Umfang des Ersatzverlangens nur für die Abrechnung zwischen dem Geschädigten und seinem Anwalt maßgebend (Innenverhältnis). Kostenerstattung aufgrund des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs kann der Geschädigte vom Schädiger dagegen grds. nur insoweit verlangen, als seine Forderung diesem gegenüber auch objektiv berechtigt ist. Die von einem – einsichtigen – Geschädigten für vertretbar gehaltenen Schadensbeträge sind nicht maßgeblich. Denn Kosten, die dadurch entstehen, dass dieser einen Anwalt zur Durchsetzung eines im Ergebnis unbegründeten Anspruchs beauftragt, können dem Schädiger nicht mehr als Folge seines Verhaltens zugerechnet werden. Damit ist dem Anspruch des Geschädigten auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten im Verhältnis zum Schädiger grds. der Gegenstandswert zugrunde zu legen, w...