Die "Beratungshilfe in Parallelfällen" bedarf sowohl bei der Bewilligung von Beratungshilfe als auch bei der Festsetzung der Beratungshilfevergütung einer genaueren Betrachtung. Das BVerfG beanstandete es verfassungsrechtlich nicht, wenn nach gewährter Erstberatung die Verweigerung von Beratungshilfe für Parallelfälle auf das fehlende Rechtsschutzbedürfnis, auf die Möglichkeit der Selbsthilfe oder auf die Mutwilligkeit der Wahrnehmung der Rechte gestützt wird. Das LG Halle hatte demgegenüber zu klären, ob und welche Beratungshilfevergütung festzusetzen ist, wenn Beratungshilfe bewilligt ist. Klärungsbedürftig war zum einen, ob es sich bei allen Fällen um eine einzige gebührenrechtliche Angelegenheit handelte, und zum anderen, ob in allen Fällen eine anwaltliche Vertretung erforderlich war oder eine anwaltliche Beratung hätte ausreichend sein können.
Das LG Halle zeigt in seiner Entscheidung auf, aus welchen Gründen bei der Rechtsverteidigung gegen urheberrechtliche Abmahnungen von mehreren gebührenrechtlichen Angelegenheiten auszugehen sei. Wie das LG Halle andeutet, war auch der BGH in den letzten Jahren damit befasst, den Begriff der gebührenrechtlichen Angelegenheit näher auszuformen. Aus der Rspr. des BGH ergeben sich folgende Grundsätze zur gebührenrechtlichen Angelegenheit, die für jedes anwaltliche Mandat – und damit auch für das Beratungshilfemandat – zu beachten sind: Unter derselben Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Die Angelegenheit ist von dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis bezeichnet, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht. Eine Angelegenheit kann mehrere Gegenstände umfassen. Für die Annahme eines einheitlichen Rahmens der anwaltlichen Tätigkeit ist es grundsätzlich ausreichend, wenn die verschiedenen Gegenstände in dem Sinne einheitlich vom Anwalt bearbeitet werden können, dass sie verfahrensrechtlich zusammengefasst bzw. in einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden können. Ein innerer Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die verschiedenen Gegenstände bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des mit der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt des Auftrags erstrebten Erfolgs zusammengehören. Die Annahme derselben Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne setzt nicht voraus, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat. Von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit kann vielmehr grundsätzlich auch dann noch gesprochen werden, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Mandanten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen bzw. mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat. Eine Angelegenheit kann auch vorliegen, wenn ein dem Rechtsanwalt zunächst erteilter Auftrag vor dessen Beendigung später ergänzt wird.
Der BGH äußerte aber auch, dass für den Rechtsanwalt eines Geschädigten (Mandant) die Inanspruchnahme mehrerer Schädiger (Gegner) eine einzige Angelegenheit sein könne. Dies komme insbesondere dann in Betracht, wenn den Schädigern (Gegner) eine gleichgerichtete Verletzungshandlung vorzuwerfen sei und demgemäß die erforderlichen Abmahnungen einen identischen oder zumindest weitgehend identischen Inhalt haben sollen.
Dem LG Halle ist darin zuzustimmen, dass aus der zuletzt aufgeführten Ansicht des BGH aber nicht folgt, dass bei der Rechtsverteidigung gegen urheberrechtliche Abmahnungen verschiedener Urheberrechtsinhaber wegen unterschiedlicher Verletzungshandlungen nur von einer einzigen gebührenrechtlichen Angelegenheit auszugehen ist. Denn bei den Abmahnungen der Urheberrechtsinhaber (Gegner) handelt es sich nicht um eine gleichgerichtete, sondern lediglich um eine gleichartige Handlung. So beziehen sich die Abmahnungen der Urheberrechtsinhaber (Gegner) auf verschiedene und nicht nur eine einzige Urheberrechtsverletzung des rechtsuchenden Mandanten.
RiAG Peter Fölsch, Kiel