RVG §§ 14, 15; RVG VV Nr. 3106
Leitsatz
- Werden zwei Verfahren erst im Termin zur mündlichen Verhandlung verbunden, erhält der Rechtsanwalt jeweils eine gesonderte Terminsgebühr.
- Zur Höhe der Terminsgebühr bei im Kammertermin verbundenen Verfahren.
LSG Thüringen, Beschl. v. 5.7.2011 – L 6 SF 252/11 B
1 Sachverhalt
Der Anwalt hatte für den Kläger gegen zwei Bescheide der Beklagten jeweils Anfechtungsklage erhoben. In der Sache ging es um die Höhe seiner Leistungen nach SGB II für die Zeit vom 1. bis zum 30.11.2007 (S 31 AS 346/08) bzw. vom 1. bis zum 31.10.2007 (S 31 AS 347/08). Das SG hatte dem Kläger für beide Verfahren jeweils Prozesskostenhilfe bewilligt und den Beschwerdegegner beigeordnet. In beiden Verfahren wurde sodann auf denselben Tag und dieselbe Uhrzeit Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt. Ausweislich des Protokolls wurden beide Verfahren aufgerufen und der Sachverhalt vorgetragen. Mit anschließendem Beschluss verband das Gericht sodann die Verfahren. Führend wurde das Verfahren S 31 AS 346/08. Mit Urteil vom gleichen Tag wurde die Klage abgewiesen.
Daraufhin beantragte der Anwalt für die beiden Verfahren jeweils die Festsetzung folgender Vergütung:
Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV |
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170,00 EUR |
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV |
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200,00 EUR |
Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
Zwischensumme |
390,00 EUR |
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Mehrwertsteuer |
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74,10 EUR |
Gesamtbetrag |
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464,10 EUR |
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte für das Verfahren S 31 AS 346/08 antragsgemäß 464,10 EUR fest. Für das weitere Verfahren 33 AS 347/08 berücksichtigte sie dagegen lediglich weitere 226,10 EUR (Verfahrensgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer). Die Kürzung begründete sie damit, dass für das Verfahren S 31 AS 346/08 die Terminsgebühr mit der Mittelgebühr berücksichtigt worden sei. Normalerweise hätte für beide Verfahren aber nur jeweils die hälftige mittlere Gebühr angesetzt werden können. Deshalb entfalle hier der Ansatz der Terminsgebühr. Im Übrigen sei die Sitzungsniederschrift in beiden Verfahren gleich gewesen.
Auf Erinnerung des Anwalts hat das SG die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung für das Verfahren S 31 AS 347/08 auf 345,10 EUR festgesetzt und die Beschwerde zugelassen. Nachdem es sich bei beiden verhandelten Sachen um dieselben zugrunde liegenden Rechtsfragen gehandelt habe, sei ein erheblicher Synergieeffekt eingetreten. Die Kammer hätte es als angemessen erachtet, dann die Terminsgebühr jeweils auf die Hälfte zu reduzieren. Der Umstand, dass im führenden Verfahren S 31 346/08 rechtskräftig die Mittelgebühr erstattet wurde, könne dem Beschwerdegegner nicht zum Nachteil gereichen. Insofern sei auch für das Verfahren S 31 AS 347/08 die halbe Mittelgebühr zu berücksichtigen.
Dagegen hat die Landeskasse Beschwerde eingelegt und sinngemäß vorgetragen, mit der Verbindung habe sich das Verfahren S 31 AS 347/08 hinsichtlich der Entstehung von Terminsgebühren erledigt. Angesichts der Dauer des Termins wäre in beiden Verfahren jeweils die halbe Mittelgebühr angemessen gewesen. Wegen der Zahlung der Mittelgebühr für das Verfahren S 31 AS 346/08 sei eine Benachteiligung des Beschwerdegegners nicht gegeben.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem LSG vorgelegt, das sie zurückgewiesen hat.
2 Aus den Gründen
Dem Beschwerdegegner steht die von der Vorinstanz zuerkannte Gebühr in Höhe von 345,10 EUR zu. Nachdem er selbst deren Entscheidung nicht angegriffen hat, kommt die Zuerkennung der ihm eigentlich zustehenden höheren Gebühr (hier: 354,03 EUR) nicht in Betracht.
Gegenstand der Überprüfung ist neben der Höhe der Terminsgebühr auch die der Verfahrensgebühr. Es handelt sich um einzelne Merkmale der Kostenfestsetzung, aus denen sich die Höhe des Erstattungsanspruchs insgesamt zusammensetzt (vgl. BSG, Urt. v. 9.12.2010 – B 13 R 63/09 R). Insofern hat der Senat – wie auch das SG – ähnlich wie bei der Überprüfung der Gebühren im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens begrenzt auf die geltend gemachte Höhe festzustellen, ob dem Rechtsanwalt ein Anspruch auf die beantragte Kostenerstattung zusteht.
Zu Recht hat die Urkundsbeamtin antragsgemäß die dem Beschwerdeführer zustehende Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV in der reduzierten Höhe des Nr. 3103 VV festgesetzt, denn dieser hatte den Kläger auch im Widerspruchsverfahren vertreten. Der Beitragsrahmen beträgt 20,00 bis 320,00 EUR.
Die Zuerkennung der Mittelgebühr (170,00 EUR) ist allerdings überhöht. Tatsächlich angemessen gewesen wäre eine um 25 v. H. geminderte Mittelgebühr von 127,50 EUR. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war deutlich unterdurchschnittlich. Zu berücksichtigen ist vor allem der zeitliche Aufwand, den der Rechtsanwalt im Vergleich mit den übrigen beim SG anhängigen Verfahren (nicht eingeschränkt auf Verfahren nach dem SGB II) tatsächlich in der Sache betrieben hat und objektiv auf die Sache verwenden musste (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 19. Aufl. 2010, § 14 Rn 15). Nachdem der sonstige Aufwand (z. B. für Besprechung, Beratung, Aktenstudium, Anfertigung von Notizen, Anfordern und Sichten v...