FamGKG §§ 48 Abs. 1, 3, 51 ZPO § 9 BGB § 1361b Abs. 3 S. 2
Leitsatz
Der Verfahrenswert eines Antrags auf laufende Nutzungsentschädigung während der Trennung berechnet sich grundsätzlich nach dem Regelwert des § 48 Abs. 1 FamGKG und beträgt 3.000,00 EUR.
OLG Koblenz, Beschl. v. 18.6.2013 – 13 WF 515/13
1 Sachverhalt
Die Antragstellerin hatte beantragt, ihren Ehemann, der in der vormaligen Ehewohnung verblieben war, zur Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung in Höhe von 450,00 EUR zu verpflichten. Das FamG hat daraufhin den Verfahrenswert vorläufig auf 8.450,00 EUR (12 x 450,00 EUR) festgesetzt und ausgehend hiervon einen Gerichtsgebührenvorschuss in Höhe von 543,00 EUR angefordert. Gleichzeitig hat es die Zustellung des Antrags von der Einzahlung der Gerichtsgebühren abhängig gemacht. Hiergegen erhob der Antragsteller Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorauszahlung nach § 58 Abs. 1 FamGKG. Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Der festgesetzte Wert sei zutreffend, da jedenfalls über die Billigkeitsklausel des § 48 Abs. 3 FamGKG der Rechtsgedanken des § 9 ZPO i.V.m. § 51 FamGKG in die Bewertung einfließe und demzufolge grundsätzlich der den Jahresbetrag der verlangten Nutzungsentschädigung anzunehmen sei. Die Beschwerde hatte (teilweise) Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde ist laut § 58 Abs. 1 FamGKG zulässig. Mit der Beschwerde kann geltend gemacht werden, es sei ein zu hoher Kostenvorschuss angefordert worden. In diesem Sinne hat das FamG die Beschwerde aufgefasst; das ist zutreffend.
Es handelt sich vorliegend um eine Ehewohnungssache nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG. Hier wird nämlich eine Nutzungsentschädigung nach § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB geltend gemacht. Für Ehewohnungssachen bestimmt § 48 FamGKG den regelmäßigen Streitwert, wenn die Eheleute getrennt leben, wie hier, mit 3.000,00 EUR. § 48 Abs. 3 FamGKG erlaubt die Festsetzung eines höheren oder eines niedrigeren Wertes, wenn der Regelwert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist.
Der Senat ist nicht der Auffassung, im Hinblick darauf, dass es hier auch eine Regelung nach § 745 Abs. 2 BGB gehe, es liege keine Ehewohnungssache vor. § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB findet auch Anwendung, wenn ein Ehegatte die in Miteigentum stehende Wohnung nach seinem Auszug dem anderen Ehegatten freiwillig überlässt. Nach dem Wortlaut wird die Verpflichtung zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung nicht davon abhängig gemacht, dass aufgrund eines Verfahrens nach § 1361 BGB ein Räumungstitel besteht (so auch Palandt/Brudermüller, BGB, 72. Aufl., Rn 20 zu § 1361b; Gerhard in HB FamFR, 9. Aufl., 6. Kapitel Rn 98 m.w.Nachw.; Weber-Moneke in Müko, BGB, 6. Aufl., Rn 17 zu § 1361b m.w.Nachw.; unentschieden Neumann in BOK-BGB, Rn 14 zu § 1361b).
Davon geht auch das AG aus, es hat aber unter Berufung auf § 48 Abs. 3 FamGKG den Wert entsprechend § 9 ZPO höher festgesetzt, nämlich analog der für den Unterhalt getroffenen Regelung des § 51 FamGKG (12-facher Monatsbetrag zuzüglich Rückstände).
Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Daraus, dass für Ehewohnungssachen generell ein Regelstreitwert von – hier – 3.000,00 EUR vorgegeben wird, ergibt sich, dass damit auch Verfahren über Nutzungsentschädigung gemeint sind. Nach der vom AG vertretenen Auffassung wird diese Regelung, soweit Nutzungsentschädigung verlangt wird, in ihr Gegenteil verkehrt und sozusagen als Regelausnahme nach § 48 Abs. 3 FamGKG angesehen. Ehewohnungssachen, in denen eine Nutzungsentschädigung begehrt wird, unterschieden dann immer § 48 Abs. 3 FamGKG. Eine derartige Intention kann dem Gesetzgeber, der ja diese Festwerte mit dem FamGKG neu eingeführt hat, kaum unterstellt werden (in diesem Sinne auch OLG Hamm, Beschl. v. 8.1.2013 – 6 UF 96/12 m. abl. Anm. von Poppen, FamFR 2013, 254 [= AGS 2013, 183], soweit dies auch für – hier nicht in Rede stehende – Ansprüche nach der Scheidung gelten soll, OLG Bamberg, Beschl. v. 10.2.2011, FamRZ 2011, 1424 [= AGS 2011, 197]).
Auch aus Wertungsgesichtspunkten besteht kein Anlass, Verfahren, in denen es um Nutzungsentschädigung geht, höher zu bewerten (eine niedrigere Bewertung käme nur in Betracht, wenn es um relativ kurze Zeiträume oder einen sehr niedrigen Nutzwert geht). Denn der Wert der Nutzung und die mögliche Entschädigung entsprechen einander regelmäßig. Warum dann das eine mit einem Fixbetrag bewertet werden soll. das andere aber nicht, ist nicht ersichtlich.
Deshalb kann hier ein Vorschuss nur ausgehen von einem Wert von 3.000,00 EUR angefordert werden. Zugleich ist der Verfahrenswert nach § 55 Abs. 3 FamGKG anderweitig auf 3.000,00 EUR festzusetzen.
3 Anmerkung
Das OLG hat übersehen, dass hier weder eine "Vorschusspflicht", die das FamGKG für Gerichtsgebühren ohnehin nicht kennt, noch eine Vorauszahlungspflicht nach § 14 Abs. 1 FamGKG besteht. Die Fälligkeit der Gerichtsgebühren bereits mit Antragseinreichung tritt nämlich nur in Ehe- Familienstreitsachen ein, nicht aber in den übrigen Verfahren. Nur in Ehe- und Familienstreitsachen darf das Gericht die Zustellung und seine weitere Tätigkeit von der...