RVG § 60
Leitsatz
Die Verfahrenskostenhilfegebühren des beigeordneten Rechtsanwalts sind auch dann nach dem bis zum 31.7.2013 geltenden Gebührenrecht zu berechnen, wenn die Beiordnung zwar nach diesem Stichtag erfolgt ist, der Auftrag zum Tätigwerden im Verfahren aber schon vor dem Stichtag – unabhängig von der erstrebten Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe – erteilt worden ist.
OLG Saarbrücken, Beschl. v. 7.5.2014 – 6 WF 72/14
1 Sachverhalt
In dem durch Scheidungsantrag der Antragstellerin eingeleiteten Scheidungsverbundverfahren bestellte sich der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 16.5.2013 zum Verfahrensbevollmächtigen des Antragsgegners, stellte für diesen ebenfalls Scheidungsantrag und suchte um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter seiner Beiordnung nach. Im Scheidungstermin vom 25.9.2013 entsprach das FamG dem Verfahrenskostenhilfe- und Beiordnungsantrag und schied die Ehe der beteiligten Ehegatten.
Mit am Folgetag eingereichtem Kostenerstattungsantrag hat der Beschwerdeführer Festsetzung seiner Verfahrenskostenhilfevergütung auf insgesamt 811,10 EUR beansprucht. Dabei hat er die seit dem 1.8.2013 geltenden Gebührensätze des RVG zugrunde gelegt.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des FamG hat die aus der Landeskasse zu zahlende Verfahrenskostenhilfevergütung auf lediglich 635,58 EUR festgesetzt und dabei das bis zum 31.7.2013 anwendbare Anwaltsgebührenrecht herangezogen.
Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Beschwerdeführers, mit der er seinen Festsetzungsantrag fortgeführt und die Festsetzung weiterer 175,52 EUR zu seinen Gunsten begehrt hat, welcher der Urkundsbeamte nicht abgeholfen hat, hat das FamG durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen.
Mit seiner – vom FamG in diesem Beschluss zugelassenen – Beschwerde verfolgt der Beschwerdeführer seinen Festsetzungsantrag weiter.
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Zu Recht hat das FamG die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, zugunsten des Beschwerdeführers die ihm aus der Landeskasse zu zahlende Verfahrenskostenhilfevergütung – auf dem Boden des bis zum 31.7.2013 geltenden Gebührenrechts und rechnerisch, insoweit unbeanstandet, richtig – lediglich auf 635,58 EUR festzusetzen, gebilligt. Der einzig auf die Anwendbarkeit des seit dem 1.8.2013 geltenden Gebührenrechts zielende Beschwerdeangriff dringt nicht durch.
Nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG ist die Rechtsanwaltsvergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt bestellt oder beigeordnet worden ist.
Der Senat teilt die auf der Grundlage dieser Vorschrift gewonnene Rechtsauffassung des FamG, dass die Gebühr auch dann nach altem Recht zu berechnen ist, wenn die Beiordnung zwar – wie hier – nach dem Stichtag erfolgt ist, der Auftrag zum Tätigwerden im Verfahren aber schon vor dem Stichtag – und unabhängig von einer für den Antrag erstrebten Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe – erteilt worden ist.
Dies entspricht – soweit ersichtlich – der einhelligen Meinung in Rspr. und Lit. (siehe etwa SG Saarland, Beschl. v. 24.2.2014 – S 26 SF 48/13 E; OLG Zweibrücken AGS 2006, 81; Bischof/Jungbauer, RVG, 4. Aufl., § 60, Rn 66 i.V.m. § 61, Rn 35 f.; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 21, Aufl., § 60, Rn 56; Hartmann, KostG, 44. Aufl., § 60, Rn 13; Jungbauer/Blaha, FamRMandat – Abrechnung in Familiensachen, 3. Aufl., § 1, Rn 78; Mayer/Kroiß/Klees, RVG, 6. Aufl., § 60, Rn 13; noch strenger OLG Köln AGS 2005, 448; Schneider/Wolf/N. Schneider, AnwK-RVG, 6. Aufl., § 61, Rn 16) und steht auch mit den Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Schaffung von § 60 RVG in Einklang (siehe dazu BVerwG AGS 2006,184; BT-Drucks 15/1971, S. 203).
Für dieses Verständnis streitet zuvörderst die auch vom FamG zutreffend angestellte Erwägung, dass sie eine Rückwirkung eines geänderten Gebührenrechts auf bestehende Geschäftsbesorgungsverträge – also gegebenenfalls unangenehme Überraschungen für den Mandanten – vermeidet (Gerold/Schmidt/Mayer, a.a.O.; Mayer/Kroiß/Klees, a.a.O., Rn 5).
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Erinnerung darauf abhebt, dass das für die Gebührenabrechnung maßgebliche Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Staatskasse erst durch den Beiordnungsbeschluss entstehe und nicht schon durch die Erteilung des Verfahrensauftrags durch den Mandanten, rechtfertigt auch dies keine andere Sicht. Diese Argumentation verkennt den eindeutigen Wortlaut der genannten Vorschrift und den Umstand, dass gem. § 16 Nr. 2 RVG das Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe und das Verfahren, für das die Verfahrenskostenhilfe beantragt worden ist, dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG sind.
Die vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidungen (OLG Dresden AGS 2007, 625; KG AGS 2006, 79 und AG Tempelhof-Kreuzberg JurBüro 2005, 365) sind für die vorliegend zur Entscheidung des Senats gestellte Frage nicht ergiebig. Denn in allen drei Entscheidungen wird davon ausgegangen, dass die Auftragse...