ZPO § 104 Abs. 2 S. 3
Leitsatz
Für die Berücksichtigung von Umsatzsteuer bei der Festsetzung der zu erstattenden Rechtsanwaltskosten genügt die Erklärung des Antragstellers gem. § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann. Eine entsprechende Glaubhaftmachung der Erklärung sieht das Gesetz nicht vor.
LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 16.8.2013 – 5 Ta 95/13
1 Sachverhalt
Im Hauptsacheverfahren führten die Parteien einen Kündigungsrechtsstreit. Bei der Beklagten handelt es sich um eine gemeinnützige GmbH, die als Beschäftigungsträgerin im Auftrag des Jobcenters S. Arbeitsangelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung durchführt. Das ArbG wies die Kündigungsschutzklage ab. Die hiergegen seitens der Klägerin eingelegte Berufung wies das LAG auf ihre Kosten zurück.
Mit Anwaltsschriftsatz hat die Beklagte (Antragstellerin) beantragt, die ihr von der Klägerin (Antragsgegnerin) zu erstattenden Kosten festzusetzen. In dem Antrag hat sie angegeben, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Die Klägerin hat hierin die Festsetzung von Kosten in Höhe von EUR 1.238,10 zuzüglich Umsatzsteuer von 19 % in Höhe von EUR 235,24 beantragt. Das ArbG hat antragsgemäß die von der Klägerin zu erstattenden Kosten in Höhe von insgesamt EUR 1.473,34 inklusive der beantragten Umsatzsteuer nebst Zinsen festgesetzt. Die Versicherung der Beklagten, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, sei ausreichend; ein dementsprechender Nachweis müsse im Kostenfestsetzungsantrag nicht erbracht werden.
Dagegen hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte zum Vorsteuerabzug nicht berechtigt sein solle. Aus dem Akteninhalt bezogen auf die Tätigkeit der Beklagten gehe deutlich hervor, dass eine unternehmerische Tätigkeit i.S.d. Umsatzsteuergesetzes vorliege. Soweit das ArbG die Auffassung vertrete, dass ein Nachweis darüber, zum Vorsteuerabzug nicht berechtigt zu sein, nicht erforderlich sei, gelte dies nicht, wenn die Erklärung nach Lage der Dinge nicht plausibel erscheine oder gar zweifelsfrei unrichtig sei. Dies sei hier nach dem Akteninhalt der Fall.
Das ArbG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Das LAG hat sie zurückgewiesen.
2 Aus den Gründen
Das ArbG hat im Rahmen der Kostenfestsetzung die Umsatzsteuer zu Recht in Ansatz gebracht. Zur Berücksichtigung genügt die Erklärung der Antragstellerin, dass sie die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann. Dies folgt aus § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO. Damit ist das formalistische Kostenfestsetzungsverfahren von steuerrechtlichen Fragen entlastet (Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., Rn 13 zu § 91 ZPO“ Umsatzsteuer‘). Die Beklagte bzw. Antragstellerin hat die hierfür nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO erforderliche Erklärung abgegeben. Danach war die beantragte Mehrwertsteuer ohne weitere Prüfung als von der Klägerin bzw. Antragsgegnerin zu erstattende Kosten festzusetzen. (BGH, Beschl. v. 10.2.2003 – VIII ZB 92/02). Das Gesetz sieht eine Glaubhaftmachung der Erklärung nicht vor (Hessisches LAG Beschl. v. 25.2.2013 – 13 Ta 18-20/13). Vielmehr ist es Aufgabe des Antragsgegners, den Gegenbeweis zu erbringen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl., Rn 40 zu § 104 ZPO). Die von der Beklagten geltend gemachten Umsatzsteuerbeträge könnten mithin nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Richtigkeit ihrer Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO durch entsprechenden – von der Klägerin zu erbringenden – Beweis bereits entkräftet wäre oder sich eine offensichtliche Unrichtigkeit der Erklärung aus anderen, dem Gericht bekannten Umständen, etwa dem Akteninhalt, zweifelsfrei ergäbe (BGH, Beschl. v. 10.2.2003 – VIII ZB 92/02; BVerfG, Beschl. v. 17.2.1995 – 1 BvR 697/93, NJW 1996, 382; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl., Rn 40 zu § 104 ZPO).
Letzteres ist vorliegend indessen entgegen der Auffassung der Klägerin nicht der Fall. Auch aus dem Akteninhalt erschließt sich gerade nicht zweifelsfrei, dass die Beklagte generell vorsteuerabzugsberechtigt ist. Bei der Beklagten handelt es sich um eine gemeinnützige GmbH, die als Beschäftigungsträgerin im Auftrag des Jobcenters tätig wird und im Kreis S. Arbeitsangelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung durchführt. Diese Tätigkeit ist gerade nicht auf die Gewinnerzielung ausgerichtet. Hiergegen spricht auch nicht, dass die Beklagte neben der Durchführung der Arbeitsangelegenheiten gegen Mehraufwandsentschädigung auch noch die von den Teilnehmern aufgearbeiteten Möbel verkauft. Denn wenn ein Steuerpflichtiger zugleich wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Tätigkeiten ausübt, ist ein Abzug von Vorsteuern nur insoweit zulässig, als die Eingangsleistungen der wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen ist (BFH, Beschl. v. 29.6.2010 – V B 160/08). Die hier im Streit befindlichen Kosten der Prozessvertretung sind indessen nicht dem Bereich der möglicherweise wirtschaftlichen Tätigkeit der Beklagten zuzurechnen. Die Erklärung der Beklagten nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO ist jedenfalls nicht offensichtlich und zweifelsfrei unrichtig.
AG...