Leitsatz
Die Zuständigkeit für die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung nach § 11 RVG für die Vertretung in urheberrechtlichen Streitigkeiten liegt bei dem Rechtspfleger des Gerichts, bei dem die Zuständigkeit für Urheberrechtssachen in der Hauptsache konzentriert ist. Das gilt auch, wenn sich die Hauptsache erledigt hat, bevor es zur Abgabe der Sache vom Mahngericht an das Prozessgericht gekommen ist.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.7.2014 – 11 SV 59/14
1 Sachverhalt
Die Antragsteller beantragten beim AG Hanau eine Vergütungsfestsetzung gem. § 11 RVG für die Vertretung des Antragsgegners in diversen Mahnverfahren. Das AG Hanau wies darauf hin, dass für die Festsetzung nach § 11 RVG das Prozessgericht des ersten Rechtszuges des Ausgangsverfahrens zuständig sei. Da es sich nach den Angaben der Antragsteller um Urheberrechtsverfahren handele, sei das AG Frankfurt am Main ausschließlich zuständig. Die Antragsteller beantragten daraufhin die Abgabe an das AG Frankfurt am Main. Dieses erklärte sich für örtlich und sachlich unzuständig und verwies die Sache an das AG Hanau, da dieses das Prozessgericht der ersten Instanz sei. Die ausschließliche Zuständigkeit für Urheberrechtsverfahren nach § 7 der Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten im Bereich des Ministeriums der Justiz beziehe sich nur auf Rechtsstreitigkeiten, nicht auf Kostenfestsetzungsverfahren.
Das AG Hanau erklärte sich daraufhin ebenfalls für örtlich und sachlich unzuständig und legte die Angelegenheit dem OLG Frankfurt am Main zur Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 ZPO vor. Das AG Hanau ist der Auffassung, dass es für die Zuständigkeit im Kostenfestsetzungsverfahren auf das Gericht ankomme, das für den nachfolgenden Rechtsstreit zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner des Mahnverfahrens fiktives Prozessgericht wäre, nicht auf dasjenige Gericht, welches für den Rechtsstreit zwischen Rechtsanwalt und Mandant im Gebührenklageverfahren zuständig wäre.
2 Aus den Gründen
Das OLG Frankfurt a.M. ist zur Entscheidung des negativen Kompetenzkonfliktes berufen, da zuerst das AG Hanau mit der Sache befasst war, § 36 Abs. 2 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Sowohl das AG Frankfurt am Main als auch das AG Hanau haben sich in unanfechtbaren Beschlüssen für örtlich unzuständig erklärt.
Die Zuständigkeit für die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung nach § 11 RVG liegt bei dem Rechtspfleger des Gerichts des ersten Rechtszuges. Dies ist nach dem Verhältnis, in dem das gerichtliche Mahnverfahren zum eigentlichen Streitverfahren steht, nicht das Gericht des Mahnverfahrens, sondern das Gericht, das für den etwa nachfolgenden Rechtsstreit zuständig ist (§ 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO; BGH, Beschl. v. 11.4.1991 – I ARZ 136/91). Dies gilt auch in Fällen wie dem vorliegenden, in dem es zur Abgabe an das Prozessgericht nicht gekommen ist. Zuständig ist in diesen Fällen – entsprechend dem in § 796 Abs. 3 ZPO zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken – das Gericht, das für eine Entscheidung im Streitverfahren zuständig gewesen wäre (BGH a.a.O.).
Für eine Entscheidung im Streitverfahren wäre das AG Frankfurt am Main zuständig gewesen.
Zwar handelt es sich bei einer Klage auf Zahlung des Rechtsanwaltshonorars für die Beratung und Vertretung in einer Urheberrechtssache nicht um eine Urheberrechtsstreitigkeit. Die Honorarforderung beruht nicht auf dem Urheberrecht und hängt auch nicht von einem im Urheberrechtsgesetz geregelten Rechtsverhältnis ab; sie ergibt sich vielmehr aus dem Rechtsanwaltsvertrag, dem bürgerlichen Recht und dem RVG (BGH, Beschl. v. 17.1.2013 – I ZR 194/12).
Die den Mahnverfahren zugrunde liegenden Streitverfahren betreffen vorliegend jedoch nicht Vergütungsansprüche eines Rechtsanwalts, sondern beruhen auf der Inanspruchnahme des Antragsgegners wegen der Nutzung eines Filesharing-Angebots; sie sind mithin also urheberrechtliche Streitigkeiten. Die ausschließliche Zuständigkeit des AG Frankfurt am Main folgt daher aus §§ 104, 105 Abs. 2 UrhG i.V.m. § 7 der Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten im Bereich des Ministeriums der Justiz vom 16.9.2008 (GVBl I S. 822). Urheberrechtsstreitsachen aus dem Zuständigkeitsbezirk u.a. des AG Hanau sind danach beim AG Frankfurt am Main konzentriert.
Angesichts dieser bindenden und ausschließlichen Zuständigkeitsregelung ist es unerheblich, ob im Einzelfall im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens eine inhaltliche Befassung mit urheberrechtlichen Besonderheiten erforderlich ist, was indes – entgegen der Auffassung des AG Frankfurt am Main – auch nicht generell ausgeschlossen erscheint.
Das AG Hanau ist auch nicht infolge des Verweisungsbeschlusses des AG Frankfurt am Main zuständig geworden, weil dieser Beschluss für das aufnehmende Gericht nicht gem. § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO bindend geworden ist.
Das AG Frankfurt am Main hat die Parteien auf seine angenommene Unzuständigkeit nicht hingewiesen und ihnen keine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Ausweislich der Akten lag für eine Verweisung an das AG...