Leitsatz
- Das Verbot der reformatio in peius gilt im Rahmen einer Streitwertbeschwerde nicht.
- Wird mit der Beschwerde die Herabsetzung des Streitwertes begehrt und erweist sich der Streitwert sogar als höher, ist zunächst die Beschwerde zurückzuweisen. Anschließend ist der Streitwertbeschluss abzuändern und der Streitwert heraufzusetzen.
- Bei mehreren Auskunftsansprüchen nach § 60 SGB II ist für jeden einzelnen Auskunftsanspruch ein Streitwert von 5.000,00 EUR anzusetzen.
Bayerisches LSG, Beschl. v. 30.4.2015 – L 7 AS 640/13 B
1 Sachverhalt
Der Kläger hatte Klage zum SG gegen die im Bescheid vom 1.4.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.4.2011 geltend gemachten Auskunftsansprüche, wobei er zugleich "Feststellung" beantragte dahingehend, dass
"1. eine Hilfebedürftigkeit von Frau N. nicht bestanden habe und auch nicht bestünde,"
2. die diversen Leistungen deutscher Träger ab November 2009 unrechtmäßig bewilligt worden seien und
3. ein Übergang von Unterhalts- und Auskunftsansprüchen auf die Agentur für Arbeit oder das Arbeitsamt? mithin nicht habe erfolgen können am 22.4.2011.“
Später nahm die Bevollmächtigte des Klägers die Feststellungsklagen zurück und beschränkte die erstinstanzliche Klage auf die Aufhebung des Bescheides vom 1.4.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.4.2011.
Das SG wies die Klage als unbegründet ab. Mit Beschluss vom selben Tag setzte das SG den Streitwert auf 12.500,00 EUR für das erstinstanzliche Verfahren fest. Der Bescheid habe ein Auskunftsverlangen zum Gegenstand gehabt, das nach der Rspr. des BSG mit 5.000,00 EUR anzusetzen sei. Darüber hinaus lägen drei weitere Klageanträge auf Feststellung vor, für die im Grundsatz ein Streitwert von jeweils 5.000,00 EUR anzunehmen sei. Da es sich hierbei jedoch um Feststellungsanträge handele, seien die jeweiligen Streitwerte zu halbieren. Daraus ergebe sich in der Summe – da die Streitwerte bei objektiver Klagehäufung zu addieren seien – ein Gesamtstreitwert von 12.500,00 EUR.
Hiergegen erhob der Kläger Beschwerde zum Bayerischen LSG.
Als Streitwert seien lediglich 990,00 EUR anzusetzen, da er der Kindsmutter nur noch für zwei Monate zu Unterhalt verpflichtet gewesen sei, was insgesamt 990,00 EUR ausmache. Hilfsweise sei der halbe Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR, also 2.500,00 EUR, anzusetzen.
Die ebenfalls eingelegte Berufung gegen das Urteil des SG hatte der Senat zurückgewiesen und im Urteil dargelegt, dass der Beklagte insgesamt vier Auskunftsbegehren geltend gemacht habe, für die jeweils 5.000,00 EUR anzusetzen seien. Dementsprechend wurde der Streitwert für diese Auskunftsbegehren auf 20.000,00 EUR festgesetzt. Bezüglich der Feststellungsklagen, die nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens waren, wurde im Urteil ausgeführt, dass es sich um insgesamt um fünf Feststellungsklagen gehandelt habe, die jeweils mit 2.500,00 EUR anzusetzen seien.
2 Aus den Gründen
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet und demgemäß zurückzuweisen.
Mit seiner Beschwerde hat der Kläger eine Herabsetzung des Streitwertes begehrt. Eine Herabsetzung ist jedoch nicht möglich, da der Streitwert sogar höher ist als vom SG festgesetzt, wie sich aus dem Urteil des Senats ergibt.
Allerdings ist der Streitwertbeschluss des SG v. 27.3.2013 fehlerhaft und daher entsprechend abzuändern (vgl. Sächsisches OVG, Beschl. v. 2.9.2013 – 3 E 62/13 Rn 5). Der Streitwert beträgt vielmehr – wie im Urteil des Senats dargelegt – 32.500,00 EUR. Der Streitwertbeschluss ist entsprechend zu korrigieren und der Streitwert von 12.500,00 EUR auf 32.500,00 EUR hinaufzusetzen.
Der Heraufsetzung des Streitwerts steht nicht entgegen, dass der Kläger im Beschwerdeverfahren eine Verringerung des Streitwerts beantragt hat. Im Rahmen der Entscheidung über eine Streitwertbeschwerde gilt der Grundsatz der reformatio in peius nicht (BayVGH, Beschl. v. 20.3.2013 – 9 C 13.325, Sächsisches OVG a.a.O. Rn 10). Das Rechtsmittelgericht ist selbst bei einer unzulässigen Beschwerde nicht gehindert, den Streitwert gem. § 63 GKG von Amts wegen abzuändern.
Mitgeteilt von Reg.-Dir. a.D. Heinrich Hellstab, Berlin
AGS 6/2015, S. 286 - 287