Leitsatz
Daran, dass die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung gem. § 37 Abs. 2 VermG unstatthaft ist, hat sich durch die Neuregelung in § 1 Abs. 5 GKG nichts geändert.
OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.10.2015 – OVG 11 L 22.14
1 Aus den Gründen
Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des VG ist zu verwerfen, da eine solche gem. § 37 Abs. 2 VermG unstatthaft ist.
Durch die Neuregelung in § 1 Abs. 5 GKG zum 1.8.2013 durch Art. 3 Nr. 2 des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 22.7.2013 ist insoweit keine Änderung eingetreten. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Anfügung dieses (neuen) Absatzes an den bisherigen § 1 GKG, die ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks 17/11471, S. 243 i.V.m. S. 154) lediglich der "Klarstellung" dienen und das Verhältnis der Verfahrensvorschriften des Kostenrechts zu den Verfahrensvorschriften der für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften dahingehend klären wollte, dass die kostenrechtlichen Vorschriften als die spezielleren Vorschriften vorgehen sollten, auch die Regelungen über den Rechtsmittelausschluss in diesen Gesetzen, wie z.B. in § 37 Abs. 2 VermG, erfassen und mit den damit verbundenen weitreichenden Folgen für die Statthaftigkeit von Rechtsmitteln ändern wollte (so zutreffend OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 12.8.2014 – 3 O 75/14, juris Rn 2 [= AGS 2015, 176]).
Eine andere Auffassung ist nicht mit Blick darauf geboten, dass die Kläger demgegenüber geltend machen, zumindest der Wortlaut des § 1 Abs. 5 GKG sei "völlig eindeutig", da er keine Einschränkung auf nur bestimmte Verfahrensvorschriften enthalte, unzweifelhaft betreffe § 37 VermG nach seiner Überschrift auch das "gerichtliche Verfahren" und gehöre zum "Abschnitt VI. Verfahrensregelungen" im VermG. Denn der Senat hält schon den Wortlaut des § 1 Abs. 5 GKG nicht in dem Sinne für eindeutig, dass damit zwingend auch die Regelungen über den Rechtsmittelausschluss in anderen Gesetzen erfasst sein müssen. Auch sind Rechtsnormen nicht nur anhand des Wortlauts, sondern insbesondere auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Regelung und dem gesetzgeberischen Willen auszulegen. Danach jedoch ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch die Regelungen über die Statthaftigkeit von Rechtsmitteln in anderen Gesetzen neu – und anders – regeln wollte, was er wegen der weitreichenden Bedeutung einer derartigen Änderung deutlich hätte zum Ausdruck bringen müssen (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 12.8.2014, a.a.O. Rn 2). Eine "Klarstellung", wie sie nach der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 1 Abs. 5 GKG lediglich beabsichtigt war, läge darin jedenfalls nicht.
2 Anmerkung
Die Entscheidung ist unzutreffend. Die willkürliche Gesetzesauslegung des Gerichts beruht offenbar auf der Intention der Gerichte, sich nach Möglichkeit nicht mit den Streitwertbeschwerden befassen zu müssen.
Der Gesetzgeber hat in § 1 Abs. 5 GKG ausdrücklich klargestellt, dass die Verfahrensvorschriften der zugrundeliegenden Prozessordnung vorgehen. Tatsächlich ist die zugrundeliegende Prozessordnung gar nicht anwendbar, weil das GKG eigene Verfahrensvorschriften vorsieht.
Nach dem GKG ist nun einmal eine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung gegeben, unabhängig davon, ob in der Hauptsache ein Rechtsmittel möglich ist.
Das GKG kennt auch keine fiktive Rechtsmittelmöglichkeit. So ist eine Streitwertbeschwerde in Zivilsachen auch dann möglich, wenn der Streitwert unter 600,00 EUR liegt, also eine Berufung nicht möglich wäre, die Kostenbeschwer hier jedoch den Betrag von 200,00 EUR übersteigt.
Nach dem GKG gibt es sogar die Möglichkeit einer weiteren Beschwerde zum OLG gegen die Entscheidung des Landgerichts, die in der Hauptsache niemals gegeben ist.
Bereits hieran zeigt sich, dass das GKG ein eigenes Rechtsmittelsystem enthält, das unabhängig vom Rechtsmittelsystem in der Hauptsache ist.
Norbert Schneider
AGS 6/2016, S. 299 - 300