Leitsatz
Der Verfahrenswert eines Stufenantrags ist auch dann nach dem Wert des Leistungsantrags zu bemessen, wenn sich das Verfahren erledigt hat, ohne dass es zu einer Bezifferung des Leistungsantrags gekommen ist. Der Verfahrenswert richtet sich dann nach den Erwartungen des Antragstellers bei Einreichung des Stufenantrags. Fehlen hierfür jegliche Anhaltspunkte, ist vom Regelwert des § 42 Abs. 3 FamGKG i.H.v. 5.000,00 EUR auszugehen.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.1.2016 – 5 WF 7/16
1 Sachverhalt
Der Antragsteller war im Wege des Stufenantrags (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 254 ZPO) vorgegangen. Nach Erteilung der Auskünfte hat er den Antrag zurückgenommen. Das FamG hat den Verfahrenswert lediglich auf den Wert des Auskunftsantrags festgesetzt. Die hiergegen erhobene Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die nach § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 57 Abs. 2 FamGKG zulässige Beschwerde gegen die Wertfestsetzung im ersten Rechtszug hat in der Sache Erfolg.
Da sich in Güterrechtssachen die Gerichtsgebühren gem. §§ 35, 42 FamGKG nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG nach den entsprechenden Bestimmungen des FamGKG.
Kommt es in einem Stufenverfahren wegen Erledigung oder Rücknahme des Antrages zu keiner Bezifferung des Leistungsantrages mehr, kann nach heute h.M. entgegen einer in der Rspr. und Lit. vertretenen Auffassung (OLG Köln MDR 2012, 919; OLG Frankfurt a.M. FamRZ 1987, 1293; OLG Stuttgart AGS 2008, 378; OLG Schleswig FamRZ 1997, 40; OLG Bamberg FamRZ 1986, 372; Kroiß, NJW 2013, 658, 660) nicht der Wert des Auskunftsantrages ( = Bruchteil der erwarteten Leistung) für die Wertfestsetzung maßgebend sein, weil nach § 34 FamGKG bereits mit Erhebung des Stufenantrages ein Wert für den rechtshängigen unbezifferten Leistungsantrag entsteht. Dieser ist nach § 42 Abs. 1 FamGKG zu schätzen, entscheidend sind die erkennbaren Erwartungen des Antragstellers zur Höhe seines Anspruches bei Einreichung des Stufenantrages (OLG Karlsruhe BeckRS 2015, 17608; OLG Bremen FF 2015, 78; OLG Schleswig MDR 2014, 1345; BeckRS 2014, 03996; FamFR 2013, 546; OLG Koblenz AGS 2014, 185; OLG Köln BeckRS 2013, 07496 = AGS 2013, 239 m. Anm. Thiel; OLG Stuttgart FamRZ 2012, 393; OLG Hamm BeckRS 2013, 10384; BeckRS 2010, 31114 = FamRZ 2011, 582; OLG Düsseldorf BeckRS 2008, 17152 = FamRZ 2009, 1170; Thiel/Schneider, FPR 2012, 279). Dieser ist dann in voller Höhe für den Gebührenverfahrenswert maßgeblich. Fehlen, wie hier, in der Antragsschrift Anhaltspunkte zu den Erwartungen des Antragstellers, ist der Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG i.H.v. 5.000,00 EUR anzusetzen (OLG Hamm FamRZ 2011, 582; BeckOK-Streitwert/Dürbeck, 14. Ed. 2015, "Stufenanträge" Rn 5).
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist zutreffend. Die Anwendung des § 42 Abs. 3 FamGKG beim unbezifferten Leistungsantrag entspricht der herrschenden obergerichtlichen Auffassung. Deshalb ist es auch nicht zu erklären, dass eine Vielzahl der Familiengerichte, darunter insbesondere auch die Amtsgerichte Koblenz, Neuwied, Andernach, St. Goar und Montabaur, im Stufenverfahren und beim unbeziffertem Leistungsantrag für den Verfahrenswert allein auf die Auskunftsstufe abstellen und regelmäßig mit 500,00 EUR, maximal mit 1.000,00 EUR bemessen.
Im Stufenverfahren ist zu differenzieren:
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Wird der Leistungsantrag gemäß der ursprünglichen Erwartung beziffert, ist für den Verfahrenswert auf die bezifferte Forderung abzustellen. |
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Bleibt die Bezifferung aus, ist auf die Erwartungen des Antragstellers bei Einreichung des Stufenantrags (§ 34 FamGKG) abzustellen. |
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Wird der Leistungsantrag beziffert und ist der bezifferte Betrag geringer als die ursprüngliche Erwartung des Antragstellers, ist ebenfalls auf die ursprüngliche Erwartung des Antragstellers abzustellen. Soweit geringer beziffert wird als es der ursprünglichen Erwartung zu entsprechen hat, liegt in diesem Umfang eine Antragsrücknahme oder Erledigung der Hauptsache vor. Die Gerichte nehmen hier regelmäßig allerdings keine Differenzierung mehr vor und auch die beteiligten Anwälte beschweren sich auch dann nicht, wenn sie hierdurch abweichende Ergebnisse auch im Zusammenhang mit der Kostenentscheidung zu Gunsten ihres Auftraggebers erreichen könnten. |
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Ergeben sich hinsichtlich der Erwartung des Antragstellers bei Einreichung des Stufenverfahrens keinerlei Anhaltspunkte, ist nach § 42 Abs. 3 FamGKG vom Auffangwert in Höhe von 5.000,00 EUR (bis zum 31.7.2013 3.000,00 EUR) auszugehen. |
Lotte Thiel
AGS 6/2016, S. 292 - 293