InsO § 305 Abs. 1 Nr. 1; RVG VV Nrn. 2503, 2504 ff.
Leitsatz
Der im Rahmen der Beratungshilfe für ein Verbraucherinsolvenzverfahren tätige Rechtsanwalt erhält auch dann eine – nach Gläubigeranzahl gestaffelte – erhöhte Geschäftsgebühr nach Nrn. 2504–2507 VV, wenn er den angeschriebenen Gläubigern lediglich eine Null-Leistung bei ungewisser Zukunftsperspektive anbieten kann.
OLG Nürnberg, Beschl. v. 21.11.2016 – 8 Wx 698/16
1 Sachverhalt
Die Beteiligten streiten um die Höhe des anwaltlichen Gebührenanspruchs im Rahmen der Beratungshilfe.
Auf Antrag des Schuldners, eingereicht von dem beauftragten Rechtsanwalt R. (im vorliegenden Verfahren: Antragsteller), wurde vom AG ein Berechtigungsschein erteilt und da mit "dem Rechtssuchenden" eine "rechtliche Beratung und – soweit erforderlich – Vertretung durch eine Beratungsperson in der oben bezeichneten Angelegenheit" – hier: Außergerichtliche Schuldenbereinigung – bewilligt.
Der Rechtsanwalt hat später beim AG einen Antrag auf Festsetzung von Beratungshilfe-Vergütung eingereicht. Geltend gemacht wird demnach – unter Übersendung eines Schuldenbereinigungsplans nebst Gläubigerverzeichnis (enthaltend elf verschiedene Gläubiger mit einer Gesamtforderungshöhe von 48.331,50 EUR) folgender Gebührenanspruch:
Geschäftsgebühr gem. Nr. 2506 VV |
540,00 EUR |
Postpauschale |
20,00 EUR |
19 % USt |
106,40 EUR |
Endsumme |
666,40 EUR |
Zur Begründung der erhöhten Geschäftsgebühr nach Nr. 2506 VV hat der Antragsteller ausgeführt, dass der von ihm erarbeitete "flexible Nullplan" nicht einem von vornherein perspektivlosen sogenannten "starren Nullplan" gleichgestellt werden könne, da hier die Besonderheit bestehe, dass der Schuldner zeitlich befristet inhaftiert und sehr wohl zu erwarten sei, dass nach Haftentlassung pfändbares Einkommen erzielt wird.
Das AG, Rechtspfleger, hat die Vergütung lediglich auf 121,38 EUR festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Geschäftsgrundgebühr nach Nr. 2503 VV (85,00 EUR) nicht gegeben seien.
Die hiergegen vom Antragsteller erhobene Erinnerung hat der zuständige Richter des AG zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller Beschwerde erhoben, der das AG nicht abgeholfen hat.
Das Regensburg als Beschwerdegericht hat der Beschwerde stattgegeben, die Beschlüsse des AG aufgehoben, auf den Vergütungsantrag eine Vergütung i.H.v. 666,40 EUR festgesetzt und gleichzeitig die weitere Beschwerde zugelassen. Zur Begründung hat das Beschwerdegericht ausgeführt, dass die Erhöhungsvoraussetzungen nach Nrn. 2504, 2506 VV gegeben seien. Der Beschwerdeführer habe für den Schuldner einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan mit 11 Gläubigern erstellt und auf Basis dieses Plans versucht, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen; das Tatbestandsmerkmal "Ziel einer außergerichtlichen Einigung" entfalle nicht deshalb, weil der Schuldner nur einen sogenannten "flexiblen Nullplan" anbieten könne.
Hiergegen wiederum hat der Bezirksrevisor beim LG mit dem Ziel, die Anwaltsvergütung auf 121,38 EUR herabzusetzen, weitere Beschwerde erhoben und diese begründet.
Das Beschwerdegericht hat eine Abhilfe abgelehnt und die Sache dem OLG zur Entscheidung über die weitere Beschwerde vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die weitere Beschwerde des Vertreters der Staatskasse ist statthaft (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 6 RVG) und wurde auch in zulässiger Form und Frist erhoben, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
1. Die weitere Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung des Beschwerdegerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht, die revisionsrechtlichen Vorschriften der §§ 546 und 547 ZPO gelten entsprechend (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 6 S. 2 RVG).
2. Rechtsfehler des Beschwerdegerichts sind nicht ersichtlich. Auch die weitere Beschwerde des Vertreters der Staatskasse vermag solche nicht aufzuzeigen.
Es wird zunächst Bezug genommen auf die detaillierten und mit erkennbarer Sorgfalt ausgearbeiteten Gründe des angefochtenen Beschlusses, die den Senat überzeugen.
Ergänzend wird zum Vorbringen der weiteren Beschwerde noch ausgeführt:
Das von dem Vertreter der Staatskasse im Rahmen der Rechtsmittelbegründung in den Vordergrund gerückte Postulat, die Entscheidung des LG sei "entgegen der ganz h.M." ergangen und negiere insbesondere anders lautende Entscheidungen des OLG Stuttgart und des OLG Bamberg, ist nicht geeignet, die Rechtsanwendung des Beschwerdegerichts in Zweifel zu ziehen.
a) Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der BGH mit seiner Grundsatzentscheidung v. 10.10.2013 (IX ZB 97/12, NJW-RR 2014, 118) nunmehr entschieden hat, dass ein Nullplan oder ein Schuldenbereinigungsplan, der aufgrund seiner geringen Befriedigungsquote einem derartigen Plan gleichkommt, zulässig ist und auch Gegenstand einer gerichtlichen Zustimmungsersetzung nach § 309 InsO sein kann. Gründe, die der Zulässigkeit von Nullplänen entgegenstehen könnten, seien der InsO nicht zu entnehmen. Diese setze keine bestimmte Mindestquote als Ergebnis einer konkursmäßigen Befriedig...