BGB § 1461b Abs. 3; ZPO § 114; FamGKG § 48 Abs. 1
Leitsatz
Im Verfahren, gerichtet auf eine Nutzungsentschädigung während der Trennung, kommt im Hinblick auf den festen Verfahrenswert von 3.000,00 EUR gem. § 48 Abs. 1 FamGKG auch bei nur eingeschränkter Erfolgsaussicht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe in vollem Umfang in Betracht.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 25.9.2017 – 10 WF 109/17
1 Sachverhalt
Die Antragstellerin zog nach Trennung der Beteiligten im Oktober 2015 mit beiden Kindern aus der im gemeinsamen Haus liegenden Ehewohnung aus. Sie hat vom Antragsgegner, der das Haus seither alleine bewohnt, die Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung von 187,00 EUR für die Monate Juni bis September 2016 und von 300,00 EUR für die Zeit ab Oktober 2016 verlangt und für das insoweit beabsichtigte Verfahren die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (VKH) beantragt.
Das FamG hat AG der Antragstellerin VKH bewilligt, soweit sie Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung von 225,00 EUR ab Oktober 2016 begehrt und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. In den Gründen hat es einen Anspruch gem. § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB bejaht und ist, wie von der Antragstellerin angegeben, von einem angemessenen Mietwert von 750,00 EUR während des ersten Jahres nach der Trennung und einem objektiven Mietwert von 1.200,00 EUR in der Zeit danach ausgegangen. Im Hinblick darauf, dass der Antragsgegner alleiniger Schuldner des zur Finanzierung des Hauses aufgenommen Kredits und die Antragstellerin nur Bürgin ist, hat es die monatliche Kreditrate von 750,00 EUR vom Wohnwert abgesetzt, so dass sich für die Zeit von Juni bis September 2016 kein Anspruch und für die Zeit danach ein solcher von 225,00 EUR [= (1.200,00 EUR – 750,00 EUR Kreditrate): 2] ergab. Das AG hat sodann auf der Grundlage der geltend gemachten Zahlbeträge einen Verfahrenswert von 6.450,00 EUR und unter Berücksichtigung der teilweisen VKH-Bewilligung einen Wert von 2.175,00 EUR ermittelt. Letzteren hat es vom Verfahrenswert abgesetzt und nach einem Wert von 4.275,00 EUR (= 6.450,00 EUR – 2.175,00 EUR) einen Gerichtskostenvorschuss erfordert.
Gegen den VKH teilweise versagenden Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde und macht geltend, dass ihr im Hinblick darauf, dass der Wert für das vorliegende Verfahren gem. § 48 Abs. 1 FamGKG mit 3.000,00 EUR zu bemessen sei, VKH in vollem Umfang gewährt werden müsse. Zudem habe das AG, so die Antragstellerin, die Kreditrate auf Seiten des Antragsgegners zu Unrecht berücksichtigt, da dieser seine Zahlung nicht nachgewiesen habe. Er wolle diese Rate zudem im Rahmen des Verfahrens betreffend den Kindesunterhalt berücksichtigt wissen. Dem stehe das Doppelverwertungsverbot entgegen.
2 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, über die der Senat nach Übertragung durch die Einzelrichterin gem. § 76 Abs. 2 FamFG, §§ 127 Abs. 2 S. 2, 568 S. 2 ZPO in der nach dem GVG vorgesehenen Besetzung entscheidet, ist gem. § 76 Abs. 2 FamFG, § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässig. Sie ist auch begründet. Der Antragstellerin ist über die bereits erfolgte Bewilligung hinaus Verfahrenskostenhilfe für den ersten Rechtszug zu bewilligen. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 76 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Bei der Beurteilung der Frage der hinreichenden Erfolgsaussicht kommt es nicht darauf an, ob das AG die Raten für den Hauskredit, die der Antragsgegner offenbar tatsächlich bedient, da die Antragstellerin selbst nicht behauptet hat, als Bürgin in Anspruch genommen worden zu sein, zu Recht vom Wohnwert abgesetzt hat. Ferner kann dahingestellt bleiben, ob die Berücksichtigung der Raten im Hinblick darauf, dass sie vom Antragsteller im Kindesunterhaltsverfahren geltend gemacht worden sind, etwa gegen das sog. Doppelverwertungsverbot verstößt (s. dazu Palandt/Brudermüller, BGB, 76. Aufl., § 1361b Rn 20). Denn der Antragstellerin ist ungeachtet der Frage, in welchem Umfang genau sie Nutzungsentschädigung verlangen kann, VKH zu gewähren.
Der Anspruch auf Nutzungsvergütung in der Trennungszeit ist im Ehewohnungsverfahren nach §§ 200 ff. FamFG geltend zu machen. Dieses Verfahren wird zwar durch den Antrag eines Ehegatten eingeleitet, § 203 FamFG, es gilt jedoch im Gegensatz zu den Familienstreitsachen (§ 112 FamFG) nicht die Parteimaxime, sondern der Grundsatz der Amtsermittlung (vgl. Johannsen/Henrich/Götz, Familienrecht, 6. Aufl., FamFG § 200 Rn 8). Das Gericht ist an Verfahrensanträge grds. nicht gebunden, allerdings entscheidet es nicht mehr ausschließlich nach billigem Ermessen, sondern über das Bestehen von Ansprüchen, wobei es den gestellten Antrag, der insoweit Sachantrag ist, grds. nicht überschreiten darf (Johannsen/Henrich/Götz, a.a.O., FamFG § 203 Rn 2). Vor diesem Hintergrund bestimmt § 48 Abs. 1 FamGKG, dass in Ehewohnungssachen nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG, also in Verfahren nach § 1361b BGB, der Verfahrenswert grds. 3.000,00 EUR beträgt (s. dazu auch Senat, Beschl. v. 12.1.2015 – 10 ...