SGG §§ 191, 197

Leitsatz

Hatte das SG das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet, so kann dieser im Fall des Obsiegens keine Erstattung seiner Reisekosten und Kosten der Zeitversäumnis von der unterlegenen Behörde verlangen. Ihm steht ausschließlich der Anspruch nach § 191 SGG gegen die Landeskasse zu.

SG Köln, Beschl. v. 12.4.2018 – S 30 SF 397/17 E

1 Sachverhalt

Der Kläger war mit seiner Anfechtungsklage vor dem SG erfolgreich. Die Kosten des Verfahrens waren der beklagten Behörde auferlegt worden. Der Kläger hat daraufhin beantragt, die Kosten seiner anwaltlichen Vertretung festzusetzen sowie die ihm entstandenen Reisekosten zum Termin nebst einer Entschädigung für Zeitversäumnis. Der Urkundsbeamte hat die Festsetzung der Reisekosten und der Kosten der Zeitversäumnis mit der Begründung abgelehnt, der Kläger sei gem. § 106 Abs. 3 Nr. 7 SGG vom Gericht zum Termin persönlich geladen worden. In diesem Falle müsse er nach § 191 SGG mit der Landeskasse abrechnen. Ein Erstattungsanspruch gegen den unterlegenen Prozessgegner komme daneben nicht in Betracht. Die hiergegen erhobene Erinnerung hatte keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen

Die zulässige Erinnerung ist unbegründet. Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist nicht zu beanstanden.

Gem. § 191 SGG werden persönlich geladenen Beteiligten ihre baren Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet. Eine entsprechende Erstattung durch den Beklagten ist daher nicht vorgesehen (vgl. B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG-Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 193 Rn 7a). Die Grundlage für diese spezielle Verfahrensvorschrift im sozialgerichtlichen Verfahren besteht darin, dass der entsprechend geladene Beteiligte wie ein Zeuge behandelt werden soll, da er auch um öffentlichen Interesse zur Aufklärung beiträgt (vgl. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG-Kommentar, 12. Aufl., 2017, § 191 Rn 1).

Gemessen an diesen Grundsätzen war die Erinnerung nach alledem zurückzuweisen. Eine Festsetzung der geltend gemachten Kosten gem. § 197 Abs. 1 SGG zulasten des Beklagten ist angesichts der Sondervorschrift § 191 SGG nicht möglich.

3 Anmerkung

Es wird häufig übersehen, dass ein gem. § 106 Abs. 3 Nr. 7 SGG persönlich geladener Beteiligter seine Reisekosten und eine Entschädigung für Zeitversäumnis aus der Landeskasse erhält, und zwar unabhängig davon, ob er im Verfahren obsiegt oder unterliegt.

So recht will allerdings nicht einleuchten, warum einem obsiegenden Beteiligten nicht ein Wahlrecht zustehen soll, ob er seine Reisekosten und die Entschädigung für Zeitversäumnis vom Gegner oder von der Landeskasse erstattet verlangt. In Anbetracht dessen, dass die Auffassung des SG in der Praxis vorherrschend ist, müssen also die Parteikosten im Falle der Anordnung des persönlichen Erscheinens gesondert im Verfahren nach § 191 SGG und die übrigen Kosten im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens nach § 197 SGG geltend gemacht werden.

Norbert Schneider

AGS 6/2018, S. 304

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