GKG-KostVerz. Nr. 9002; GKG § 28 Abs. 2; StPO § 475
Leitsatz
- Beantragt ein Rechtsanwalt für den Haftpflichtversicherer eines Geschädigten gem. § 475 Abs. 2 StPO Akteneinsicht, schuldet die Aktenversendungspauschale Nr. 9003 GKG-KostVerz. gem. § 28 Abs. 2 GKG nur der Rechtsanwalt.
- Das gilt auch, wenn die Aktenversendung mit entsprechender Duldungsvollmacht des Rechtsanwalts zwar von der Versicherung beantragt wird, aber diese an den Rechtsanwalt erfolgen soll.
LG Düsseldorf, Beschl. v. 3.4.2018 – 1 AR 12/18
1 Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft führt ein Verfahren gegen Unbekannt wegen besonders schweren Fall des Diebstahls aus Kraftfahrzeugen. Die Haftpflichtkasse E. hat als Haftpflichtversicherung des Geschädigten Akteneinsicht beantragt. Hierzu führte sie aus:
"Sollte eine direkte Übersendung an uns nicht möglich sein, dürfen wir Sie bitten, die Akten an Herrn Rechtsanwalt H., der mit der Akteneinsicht beauftragt ist, zu schicken".
Die Akte wurde an den Beschwerdeführer übersandt. Hierfür wurde ihm die Auslagenpauschale von 12,00 EUR gem. Nr. 9003 GKG-KostVerz. in Rechnung gestellt. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer zunächst im Wege der Erinnerung und nunmehr im Wege der Beschwerde gegen den als Zurückweisung auszulegenden Nichtabhilfebeschluss des AG.
Er wendet ein, nicht Kostenschuldner zu sein, da nicht er, sondern der Haftpflichtversicherer den Akteneinsichtsantrag gestellt habe, dies in eigenem Namen, jedenfalls nicht mit entsprechender Bevollmächtigung durch ihn.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde ist gem. § 66 Abs. 2 S. 2 GKG statthaft und zulässig, in der Sache jedoch ohne Erfolg.
Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des angegriffenen Nichtabhilfebeschlusses, der als Zurückweisungsbeschluss zu verstehen ist, Bezug genommen.
Die Verpflichtung des Beschwerdeführers, die Kosten der Aktenversendung zu tragen, ergibt sich aus § 28 Abs. 2 GKG und folgenden rechtlichen Erwägungen:
1. Die hier gegenständliche Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG-KostVerz. schuldet derjenige, der die Versendung der Akte beantragt hat (§ 28 Abs. 2 GKG). Der Antrag auf Akteneinsicht erfolgte hier zwar unmittelbar durch die Haftpflichtversicherung des Geschädigten. Die Haftpflichtversicherung des Geschädigten ist indes kein Verfahrensbeteiligter, so dass sich ein etwaiges Akteneinsichtsrecht nach § 475 Abs. 2 StPO richtet. Demnach kann Akteneinsicht unter bestimmten Voraussetzungen nur gewährt werden, wenn gem. Abs. 1 für die Privatperson oder sonstige Stelle ein Rechtsanwalt tätig wird (Gieg, in: KK-StPO, § 475 Rn 3). Demgegenüber können nach Abs. 4 lediglich bloße Auskünfte an Privatpersonen oder private Einrichtungen direkt erteilt werden (Gieg, a.a.O., Rn 9).
Die Haftpflichtversicherung bedurfte daher vorliegend schon zur Beantragung der begehrten Akteneinsicht der Einschaltung eines Prozessbevollmächtigten. Anders also als im Zivilprozess, bei welchem der Prozessbevollmächtigte den Akteneinsichtsantrag regelmäßig im Namen der Partei stellt und daher die Partei als Kostenschuldner angesehen wird (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.4.2008 – 10 W 18/08; LG Bayreuth, Beschl. v. 3.6.1996 – 3 O 222/96), ist dies im vorliegenden Fall anders zu beurteilen. Denn für das Akteneinsichtsgesuch gem. § 299 ZPO besteht kein Anwaltszwang. Gem. § 475 StPO ist das Einsichtsrecht aber dem Anwalt vorbehalten.
Schon insoweit ist das Einsichtsgesuch vorliegend durch den Beschwerdeführer als Anwalt veranlasst. Letztlich erfolgte auch ein Antrag durch diesen. Die Antragstellung durch den Beschwerdeführer ist vorliegend dadurch geschehen, dass die Haftpflichtversicherung den Antrag im Namen und mit Bevollmächtigung des Anwalts gestellt hat ("Sollte eine direkte Übersendung an uns nicht möglich sein, dürfen wir Sie bitten, die Akten an Herrn Rechtsanwalt H., der mit der Akteneinsicht beauftragt ist, zu schicken"). Insoweit kann auf die Ausführungen des angegriffenen Beschlusses verwiesen werden. Der Beschwerdeführer gibt im Rahmen der Beschwerde selbst an, dass eine Vereinbarung mit der Versicherung bestehe, wonach diese die Versendung an ihn veranlasse und er die Einsicht dadurch vornehme, dass er die zu ihm gesandten Akten scannt und weiterleitet. Die Anforderung geschieht daher zumindest mit entsprechender Duldungsvollmacht durch den Beschwerdeführer.
2. Dass der Beschwerdeführer als Veranlasser des Akteneinsichtsgesuch zu verstehen ist, ergibt sich ferner auch aus dem Sinn und Zweck von § 475 StPO. Die Beschränkung des Einsichtsrechts auf Rechtsanwälte, also auf Personen, die zur Geheimhaltung berechtigt und verpflichtet sind, dient dem Schutz der Verfahrensbeteiligten. Sie handeln bei der Akteneinsicht daher nicht bloß im Auftrag ihrer Mandanten, sondern haben zugleich das Recht auf Vertraulichkeit zugunsten solcher Personen zu wahren, über die aus den Akten Erkenntnisse gewonnen werden. Sie agieren nicht als Boten, die Akten anfordern, den Inhalt kopieren und sodann an die Verletzten oder deren Versicherungen weiterleiten. Sie haben vielmehr die schutz...