FamGKG §§ 40 Abs. 1, 50 Abs. 1, Abs. 3
Leitsatz
Wird mit einer Beschwerde nur noch eine geringe und zeitlich eng begrenzte zusätzliche Hinterbliebenenversorgung verlangt, entspricht es der Billigkeit, den Mindestwert zu unterschreiten.
OLG Köln, Beschl. v. 9.3.2012 – 27 UF 9/12
1 Sachverhalt
Mit ihrer Beschwerde beantragte die Antragstellerin, den Beschluss des FamG dahin abzuändern, dass der Firma U. GmbH in V. aufgegeben wird, an die Antragsgegnerin einen monatlichen Ausgleichsbetrag von 16,75 EUR ab dem Monat April 2010 bis Juli 2011 zu zahlen. Das OLG hat der Beschwerde überwiegend (ab Mai 2010) stattgegeben.
Den Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens hat das OLG auf 268,00 EUR festgesetzt.
2 Aus den Gründen
Die Wertfestsetzung, mit der von dem Regelwert des § 50 Abs. 1 FamGKG abgewichen wird, trägt im Rahmen von § 50 Abs. 3 FamGKG dem Umstand Rechnung, dass mit der Beschwerde nur noch eine geringe und zeitlich eng begrenzte zusätzliche Hinterbliebenenversorgung verlangt wurde.
3 Anmerkung
Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Die Entscheidung des OLG mutet zu! In Versorgunsgausgleichssachen, auch in Anpassungsverfahren wegen Unterhalts ist nach § 50 FamGKG zu bemessen und nicht nach § 51 FamGKG. In Anpassungsverfahren wegen Unterhalts gilt dies ebenso (s.o.), gleichwohl der Richter Unterhalt berechnet. Im Beschwerdeverfahren einer Versorgungsausgleichssache, die nicht einmal etwas mit einer Anpassung wegen Unterhalts zu tun hat, bewertet das OLG zwar offenbar mit § 50 FamGKG, setzt den Wert allerdings auf 268,00 EUR =16 x 16,75 EUR fest. Verkehrte juristische Welt! Was auch immer sich das OLG dabei gedacht hat: Der Mindestwert des § 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG darf nicht unterschritten werden.
Der Gesetzgeber hat eine Anpassung nach den besonderen Umständen des Einzelfalls immer nur dann vorgesehen, wenn Regelfestwerte normiert sind. Ihm ist bei der Festlegung eines ausdrücklichen Mindestwerts neben § 43 Abs. 1 S. 2 FamGKG zu unterstellen, dass eine Abgrenzung zu den übrigen Regelwerten beabsichtigt gewesen ist. Die Entscheidung des OLG, das den Wert einer Versorgungsausgleichssache im Beschwerdeverfahren auf 268,00 EUR festgesetzt und damit den Mindestwert des Abs. 1 S. 2 erheblich unterschritten hatte, steht derzeit mit dem AG Schöneberg allein. Das hatte den Wert für die Folgesache Versorgungsausgleich auf 500,00 EUR festgesetzt im Zusammenhang mit einer Feststellung nach § 224 Abs. 3 FamFG.
Der Gesetzgeber hat im FamGKG zwei isoliert zu betrachtende Regelungen zu einem Mindestwert getroffen, und zwar in § 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG und in § 43 Abs. 1 S. 2 FamGKG, und beabsichtigte, feststehende Werte auch unter verfahrensökonomischen Gesichtspunkten anzubieten, die den Gerichten zu einer erleichterten Wertfestsetzung verhelfen. Gleichzeitig spiegelt die Regelung eines Mindestwerts die Intention angemessener Wertfestsetzung, die durch eine Unterschreitung gerade nicht gewährleistet wäre. Bei anderer Auslegung würde sich das Gegenteil ergeben und der intendierte Zweck des Gesetzgebers verfehlt.
Rechtsanwältin und FAFamR Lotte Thiel, Koblenz