ZPO § 3
Leitsatz
Für das auf Zustimmung zur Löschung eines (Ersatz-)Nacherbenvermerks gerichtete Klagebegehren ist – wie bei anderen Eintragungen auch – als Streitwert regelmäßig ein Bruchteil des Grundstückswerts im Bereich von 1/10 bis höchstens 1/3 anzusetzen.
OLG Bamberg, Beschl. v. 9.1.2012 – 1 W 58/11
1 Aus den Gründen
Die gem. § 68 Abs. 1 GKG statthafte und auch im Übrigen zulässige Streitwertbeschwerde der gem. § 32 Abs. 2 S. 1 RVG aus eigenem Recht das Rechtsmittel führenden Beklagtenvertreter ist unbegründet. Die vom LG vorgenommene Streitwertfestsetzung ist nicht zu beanstanden.
Die Klägerin hat von den Beklagten die Zustimmung zur Löschung der (Ersatz-)Nacherbenvermerke begehrt. Welcher Wert einer solchen Löschung zukommt, bestimmt sich nach dem Interesse des Grundstückseigentümers als dem Vorerben. Dieses hat das Gericht nach freiem Ermessen gem. § 3 Abs. 1 ZPO zu bestimmen (nicht nach § 6 ZPO, weshalb die von den Beschwerdeführern genannte Fundstelle bei Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 31. Aufl. 2010, § 3 Rn 78 nicht einschlägig ist). Maßgebend ist dabei die Beeinträchtigung der Eigentümerrechte, die durch die Eintragung verursacht wird, die den Gegenstand des Löschungsverlangens darstellt. Auszugehen ist vom Grundstückswert, von dem ein Bruchteil anzusetzen ist. Zu beachten ist weiter, dass selbst bei einer durch die Eintragung bedingten Einschränkung der Veräußerbarkeit des Grundstücks dessen Gebrauch durch den Vorerben selbst nicht eingeschränkt wird (vgl. Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl. 2011, Rn 3591 ff.). Wie bei der Löschung von anderen Eintragungen (z.B. Widerspruch, Vormerkung) auch ist regelmäßig ein Bruchteil im Bereich von 1/10 bis maximal 1/3 anzusetzen (vgl. Schneider/Herget, a.a.O.; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 3 Rn 16 "Löschung"; Musielak/Heinrich, ZPO, 8. Aufl. 2011, § 3 Rn 31 "Löschung"; Thomas/Putzo/Hüßtege, a.a.O. Rn 99).
Zusätzlich ist hier zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach Nr. III 1 a) des Erbvertrags von den gesetzlichen Beschränkungen der §§ 2113 ff. BGB im gesetzlich zulässigen Umfang befreit war (was auch im Grundbuch in der Zweiten Abteilung jeweils eingetragen war), sodass ein Grundstückskäufer für den Fall des Eintritts der Nacherbschaft insbesondere nicht die Folgen des § 2113 BGB zu befürchten hat. Daher war die Vorerbin trotz der Nacherbenvermerke auch tatsächlich nicht nachhaltig am Verkauf der Grundstücke gehindert. Die vom LG angenommenen 20 % der zutreffend angesetzten Verkehrswerte sind demnach vertretbar und keinesfalls zu niedrig angesetzt.
2 Anmerkung
Der Streitwert einer Klage auf Löschung nicht (mehr) bestehender Rechte bemisst sich grundsätzlich nach einem Bruchteil des Grundstückswerts (Verkehrswert ohne Abzug von Verbindlichkeiten). Die Höhe des Bruchteils wiederum richtet sich danach, wie einschneidend die Konsequenzen der bestehenden Eintragung sich für den berechtigten Eigentümer darstellen.
So wird ein geringfügiger Prozentsatz anzusetzen sein, wenn es letztlich nur um eine rein formale Frage geht und die Eintragung weder zu rechtlichen noch zu tatsächlichen Nachteilen oder Beeinträchtigungen führt. Den Prozentsatz wird man umso höher ansetzen müssen, je mehr das Eigentumsrecht tatsächlich oder faktisch beeinträchtigt wird.
Bei einem Nacherbenvermerk wird insbesondere zu berücksichtigen sein, ob eine befreite oder eine unbefreite Nacherbschaft eingetragen ist. Im Falle einer befreiten Nacherbschaft wird sich die Beeinträchtigung geringer darstellen als bei einer unbefreiten Nacherbschaft.
Norbert Schneider