RVG §§ 45, 48 Abs. 3, 49 RVG VV Nrn. 1000, 3101 Nr. 1, 3104

Leitsatz

Wird die Verfahrenskostenhilfebewilligung auf einen Vergleichsabschluss über nicht anhängige Gegenstände erstreckt (Mehrvergleich), kann der beigeordnete Rechtsanwalt aus der Staatskasse die Erstattung weder einer Verfahrensgebühr noch einer Terminsgebühr aus dem Mehrwert des Vergleichs verlangen.

OLG Dresden, Beschl. v. 7.2.2014 – 23 WF 1209/13

1 Sachverhalt

Die Antragstellerin hat in dem zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Zugewinnausgleich i.H.v. 24.659,09 EUR geltend gemacht. Hierfür hat ihr das FamG Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung einen Vergleich geschlossen, in dem auch weitere Streitpunkte zwischen den Beteiligten beigelegt worden sind, insbesondere ist das Miteigentum am gemeinsamen Grundbesitz auseinandergesetzt worden. Das FamG hat bereits in der vorangehenden Sitzung, in der die wesentlichen Punkte des Vergleichs bereits festgelegt worden sind, beschlossen, "dass der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe auch für den abzuschließenden Vergleich gewährt wird". Den Mehrwert des Vergleiches hat es mit Beschl. v. selben Tage auf 16.500,00 EUR festgesetzt.

Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat die Festsetzung ihrer Verfahrenskostenhilfevergütung wie folgt beantragt:

 
Praxis-Beispiel
 
Bezeichnung VV-Nr. Gegenstandswert Vergütung §§ 45, 49 RVG
Verfahrensgebühr 3100 24.659,09 EUR 413,40 EUR
  3101 Nr. 1 16.500,00 EUR 94,50 EUR
Terminsgebühr 3104 41.159,09 EUR 469,20 EUR
Einigungsgebühr 1003 24.659,09 EUR 318,00 EUR
Einigungsgebühr 1000 16.500,00 EUR 268,50 EUR
Postpauschale 7002   20,00 EUR
Umsatzsteuer 7008   300,96 EUR
Summe 1.884,96 EUR  

Das FamG hat die Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV ebenso wie die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 nicht festgesetzt. Die zu erstattende Terminsgebühr hat es gem. einem Gegenstandswert von 24.659,09 EUR auf 381,60 EUR festgesetzt und die Umsatzsteuer entsprechend auf 266,29 EUR reduziert, so dass sich der festgesetzte Betrag insgesamt auf 1.667,79 EUR beläuft.

Hiergegen wendet sich die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin mit der Beschwerde. Der Gesetzgeber habe mit dem 2. KostRMoG der Unrechtmäßigkeit im Hinblick auf die Erstattung der Gebühren im Verbundverfahren, wo eine Einigung auch über nicht anhängige Gegenstände erfolgt ist, mit der Neufassung des § 48 Abs. 3 RVG entgegengewirkt. Demzufolge erstrecke sich nunmehr die Verfahrenskostenhilfe und Erstattung der Gebühren auf alle Gebühren.

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen

Zu Recht hat das FamG die Terminsgebühr als nicht erstattungsfähig angesehen. Der Senat hat bereits entschieden, dass bei der Erstreckung der bewilligten Verfahrenskostenhilfe auf den Abschluss eines Vergleichs für Gegenstände, die nicht verfahrensgegenständlich sind, eine Terminsgebühr nicht erstattet werden kann. Der Senat hat hierzu ausgeführt (Beschl. v. 4.8.2011 – 23 WF 475/11):

Jedenfalls die Terminsgebühr wird von einer Prozesskostenhilfebewilligung in der Regel nicht erfasst. Denn insoweit kann Prozesskostenhilfe regelmäßig nicht bewilligt werden (OLG Bamberg, Beschl. v. 7.11.2007 – 2 WF 54/07; OLG Celle, Beschl. v. 21.1.2011 – 10 WF 6/11; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.9.2008 – 10 WF 23/08; OLG München, Beschl. v. 18.3.2009 – 11 WF 812/09; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt u.a., RVG, 19. Aufl., § 48 Rn 119a ff).

Die vorliegende Fallkonstellation ist vergleichbar mit dem Vergleichsabschluss im Erörterungstermin des Prozesskostenhilfeverfahrens. Für diesen hat der BGH entschieden, dass Prozesskostenhilfe lediglich für die Einigungsgebühr, nämlich den unmittelbaren Abschluss des Vergleichs selbst, nicht aber für das ganze Verfahren, d.h. für die Verfahrens- oder Terminsgebühr, bewilligt werden kann (BGH, Beschl. v. 8.6.2004 – VI ZB 49/03).

Entgegen der Gegenauffassung (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 9.7.2009 – 2 WF 33/09; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.1.2009 – 10 WF 30/08; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11.11.2009 – 9 W 340/09, ohne Erörterung der hier aufgeworfenen Frage; LG Koblenz, Beschl. v. 6.11.2009 – 6 T 135/09; OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.1.2008 – 8 WF 12/08) ist die vom BGH entschiedene Fallkonstellation mit der vorliegenden vergleichbar. Ausgangspunkt der Entscheidung des BGH ist, dass für das Prozesskostenhilfeverfahren selbst grundsätzlich Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden kann. Genauso kann grundsätzlich für im Verfahren nicht anhängige Streitgegenstände Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden. Insbesondere kann auch für die bloße Erörterung im Termin zur mündlichen Verhandlung von Gegenständen, die nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens sind, Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden. Wie im Prozesskostenhilfeverfahren selbst kommt auch hier die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf nicht anhängige Gegenstände nur in Betracht, wenn über sie ein Vergleich geschlossen wird.

Die von der Gegenauffassung vorgetragenen prozessökonomischen Argumente, namentlich, dass die ...

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