BRAO § 49b RVG §§ 3a ff.
Leitsatz
- Eine Vergütungsvereinbarung zwischen Rechtsanwalt und Mandant, die gegen die Formvorschriften des § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 RVG oder die Voraussetzungen für den Abschluss einer Erfolgshonorarvereinbarung nach § 4a Abs. 1 u. 2 RVG verstößt, ist wirksam; aus ihr kann die vereinbarte Vergütung bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühr gefordert werden (Aufgabe der bisherigen Rspr.).
- Wird der Auftraggeber mit einer unberechtigten Vergütungsforderung überzogen und beauftragt er zu deren Abwehr einen anderen Anwalt, so kann er diese Kosten als Schadensersatz aus Vertragsverletzung gegen den vormaligen Anwalt geltend machen.
BGH, Urt. v. 5.6.2014 – IX ZR 137/12
1 Sachverhalt
Die Klägerin, eine anwaltliche Verrechnungsstelle, verlangt vom Beklagten aus abgetretenem Recht des Rechtsanwalts L. restliches Anwaltshonorar in Höhe von 90.292,20 EUR.
Der Beklagte hatte 2006 in München ein Hotel gemietet und wollte dieses sodann aufgrund einer Kaufoption im Mietvertrag für 8 Mio. EUR kaufen. Zur Finanzierung verhandelte er mit der H., die ihm zur Zinssicherung zunächst zwei Zinsswaps und Anteile an einem Rentenfonds verkaufte, anschließend aber die Finanzierung ablehnte. Deshalb schaltete der Beklagte Rechtsanwalt L. ein, um mit dessen Hilfe die Finanzierung doch noch zu erreichen. Für die Abfassung eines Aufforderungsschreibens erhielt der Beklagte aufgrund einer Vergütungsvereinbarung vom 17.11.2009 auf Stundenhonorarbasis 3.888,00 EUR. Nachdem die Bank ein Gespräch in Aussicht gestellt hatte, schlossen der Zedent und der Beklagte am 15.12.2009 eine weitere Vergütungsvereinbarung. Danach sollte Rechtsanwalt L. anstelle der gesetzlichen Gebühren 20.000,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer erhalten sowie im Falle des Abschlusses eines Finanzierungsvertrages weitere 10.000,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer. Der Beklagte zahlte 20.000,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer. Das Gespräch mit der Bank unter Mitwirkung von Rechtsanwalt L. blieb ohne Erfolg, weshalb der Beklagte Rechtsanwalt L. beauftragte, eine Klage auf Schadensersatz wegen der Zinsswaps und der Anteile an dem Rentenfonds vorzubereiten. Mündlich wurde zwischen den Parteien insoweit vereinbart, dass die Pauschalvergütung, die sich zunächst nur auf die außergerichtliche Tätigkeit bezogen hatte, nunmehr auch die erste Instanz eines Klageverfahrens gegen die H. abdecken sollte.
Rechtsanwalt L. erstellte den Klageentwurf. Dieser wurde aber nicht mehr eingereicht, weil sich der Beklagte mit der Bank in einem weiteren Gespräch ohne Beteiligung von Rechtsanwalt L. auf eine Finanzierung einigte.
Die Klägerin stellte daraufhin das Erfolgshonorar von Rechtsanwalt L. in Höhe von 10.000,00 EUR nebst Umsatzsteuer in Rechnung. Der Beklagte zahlte dieses nicht. Sein nunmehr bevollmächtigter Rechtsanwalt machte die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung geltend. Daraufhin rechnete der Zedent nach den Regelungen des RVG ab. Er errechnete ein Honorar von 64.274,28 EUR für außergerichtliche Tätigkeit und von 49.817,92 EUR einschließlich einer Vergleichsgebühr für gerichtliche Tätigkeit erster Instanz. Hiervon brachte er die Zahlung von 23.800,00 EUR in Abzug und verlangte als Differenz 90.292,20 EUR, die der Beklagte nicht zahlte. Diesen Betrag macht die Klägerin geltend. Der Beklagte rechnet hilfsweise mit außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.680,10 EUR auf, die zur Abwehr der streitigen Honorarforderungen der Klägerin angefallen sind.
Das LG hat den Beklagten zur Zahlung von 10.738,31 EUR nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat die Klage in Höhe von 10.000,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer für berechtigt gehalten und die Hilfsaufrechnung in Höhe von 1.161,68 EUR durchgreifen lassen.
Die Berufung der Klägerin hatte nur wegen eines Berechnungsfehlers des LG bei der Hilfsaufrechnung insoweit Erfolg, als der Beklagte nunmehr zur Zahlung von 10.923,70 EUR nebst Zinsen verurteilt wurde. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch in vollem Umfang weiter.
Die Revision hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil veröffentlicht ist in NJW 2012, 3454 [AGS 2012, 271], hat ausgeführt: Dem Zedenten sei es gem. § 242 BGB verwehrt, unter Berufung auf die Nichtigkeit der Vergütungsvereinbarung die gesetzliche Vergütung zu fordern, soweit diese über den in der Vergütungsvereinbarung vorgesehenen Betrag von insgesamt 30.000,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer hinausgehe.
Die getroffene Vergütungsvereinbarung sei unwirksam. Daran ändere auch nichts der Umstand, dass der Beklagte um die Gebührenvereinbarung gebeten habe, weil es Sache des fachkundigen Rechtsanwalts sei, dabei auf die Einhaltung des anwaltlichen Gebührenrechts zu achten. Wenn der Zedent nunmehr nach dem gesetzlichen Gebührenrecht abrechne, obwohl er hierauf unter Verstoß gegen dieses Recht verzichtet habe, verstoße er gegen Treu und Glauben, weil sich der Mandant auf die vom Anwalt vorgeschlagene Honorarregelung verlassen können müsse. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch n...