Einführung
Am 16.5.2013 hat der Deutsche Bundestag die Annahme des Gesetzentwurfs zur Reform des Beratungshilfe- und Prozesskostenhilferechts auf Basis der Drucksache 17/11472, jedoch in der geänderten Fassung gem. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, beschlossen. Das Gesetz wurde am 6.9.2013 verkündet und trat zum 1.1.2014 in Kraft. Das bereits seit Jahren in unterschiedlichsten Konstellationen betriebene Gesetzesvorhaben wurde nun als einheitlicher Vorgang sowohl für die Beratungshilfe als auch für die Prozesskostenhilfe verwirklicht. Während das zunächst angedachte Vorhaben basierend auf einer selten dagewesenen Praxisanhörung weitreichende Veränderungen in beiden Bereichen vorsah, greift das nun in Kraft getretene Gesetz bei weitem nicht mehr alle Änderungen auf. Bei der Prozesskostenhilfe wurden nur wenige Neuerungen eingeführt. Bei der Beratungshilfe hat man sich an "echte Veränderungen" nur im Ansatz herangewagt. Dies ist bedauerlich, da das Vorhaben eine echte Chance gewesen wäre, Streitfragen zu lösen, das Verfahren zu vereinfachen anstelle es zu verkomplizieren und die Beratungshilfe für alle Beteiligten – insbesondere auch für die Anwaltschaft – in besserer und vor allem verlässlicherer Weise zu regeln. Frei nach dem Motto "nach der Reform ist vor der Reform" darf man angesichts weiter bestehender Probleme auch auf ein neues Pfingsten hoffen. Vorliegende Abhandlung soll versuchen, rein hypothetisch sinnvolle Änderungen des Beratungshilfegesetzes aufzuzeigen.
I. Allgemeines
Ausgangslage für wirkliche Neuerungen auf dem Gebiet der Beratungs- und Prozesskostenhilfe kann nur eine vernünftige, gemeinschaftliche Basis aller Interessen der am Verfahren beteiligten Personen sein. Hierzu zählt einerseits die Anwaltschaft – oder neuerdings die "Beratungspersonen" – die in der Beratungshilfe zumindest einen verlässlichen, wenn schon nicht kostendeckenden Garanten sehen sollte, der nicht durch eine zu restriktive Handhabung der Gerichte untergehen sollte. Dazu zählt die Berufsgruppe der Rechtspfleger, die durch eine klare, sprachlich fixierte Gesetzeslage in die Lage versetzt wird, transparente Entscheidungen treffen zu können. Dazu zählt aber auch die Staatskasse, der es unbenommen bleiben muss, tatsächlich vorkommendem Missbrauch zu begegnen. Für sinnvolle Änderungen ist es daher unerlässlich, dass alle Beteiligten zusammenkommen und deren praktische Erfahrungen Einzug in ein Gesetzgebungsverfahren finden.
"Entscheidungen am grünen Tisch" haben wir in der Gesetzgebung zuhauf und genügend. Bei allen Interessen der genannten Personen darf das Hauptaugenmerk nicht aus dem Fokus geraten: nämlich das Interesse des ratsuchenden Bürgers, die Verwirklichung des Justizgewähranspruches als Garant für Demokratie, als Garant für die Durchsetzungskompetenz auch der "Kleinen" gegenüber den "Großen". Eine sich heute vielfach findende "Generalverurteilung" der beratungshilfesuchenden Bürger wegen einer vermeintlich missbräuchlichen Inanspruchnahme der Beratungshilfe darf es nicht geben. Eine solche resultiert nur aus schwammigen Gesetzesbegriffen und aus unklaren Regelungen. Untersuchungen haben zwar belegt, dass die Beratungshilfe teilweise missbräuchlich beansprucht wird oder auch als Lebenshilfe verstanden wird. Dieser Missbrauch dürfte sich aber zur Zahl der rechtmäßigen Inanspruchnahme sehr gering verhalten und nicht Anlass dazu sein, das Ganze in Frage zu stellen. Beratungshilfe als Teil des Justizgewähranspruches steht außer Frage und sollte daher nicht eingeschränkt werden. Rechte nur wegen einer schiefen Haushaltslage nicht verfolgen zu können und deshalb diese Durchsetzungshilfe einzuschränken sollte strikt abgelehnt werden.
II. Nachträgliche Antragstellung
1. Status
Es ist kaum ein größeres Hin und Her zu beobachten als bei der nachträglichen Antragstellung in der Beratungshilfe. Diese bietet ein enormes Streitpotential zwischen Anwaltschaft, Bürger und Gericht. In der Praxis sind restriktive Handhabungen bei der nachträglichen Antragstellung nicht selten zu beobachten. Dies ist nachvollziehbar, da sich ein Füllhorn an Rspr. hierzu entwickelt hat und die Rspr. naturgemäß uneinheitlich ist. Die Praktiker wissen, dass die überwiegende Anzahl der Rechtsanwälte (zukünftig wohl auch der Beratungspersonen) die nachträgliche Antragstellung daher gänzlich ablehnt und auf ein...