BerHG § 6 RVG §§ 44, 55, 56
Leitsatz
- Hat unzutreffenderweise das Familiengericht anstelle des Landgerichts über eine Erinnerung gegen die Festsetzung der Beratungshilfevergütung entschieden, hat der Familiensenat über die Beschwerde zu entscheiden.
- Eine Vergütung für die im Berechtigungsschein bezeichnete Angelegenheit "Sorgerecht für die Tochter ..." kann nur hinsichtlich des von den Rechtsanwälten abgewickelten Schriftverkehrs zur Regelung des Umgangsrechts festgesetzt werden. Für die darüber hinaus mit Schriftsatz geregelte Angelegenheit "Haushaltsgegenstände" (Zugang zu einem Kellerraum) hätte gesondert Beratungshilfe beantragt werden müssen, da es sich aus gebührenrechtlicher Sicht um verschiedene Angelegenheiten handelt.
OLG München, Beschl. v. 13.1.2014 – 11 WF 1863/13
1 Sachverhalt
Der Antragstellerin ist mit Berechtigungsschein des AG antragsgemäß Beratungshilfe für die Angelegenheit "Sorgerecht für die Tochter ..." bewilligt worden. Die Rechtsanwälte ... haben später die Festsetzung von Gebühren und Auslagen für die Angelegenheit Umgang in Höhe von 99,96 EUR und für die Angelegenheit "Haushaltsgegenstände" in Höhe von 255,85 EUR beantragt. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle beim AG hat die Vergütung für die Angelegenheit "Sorgerecht für die Tochter..." antragsgemäß festgesetzt. Den Antrag auf Festsetzung einer Vergütung für die Angelegenheit "Hausrat" hat sie zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Urkundsbeamtin ausgeführt, hinsichtlich des Hausrats handle es sich um eine eigene Angelegenheit, für die gesondert Beratungshilfe hätte beantragt werden müssen. Das Vorliegen eines Beratungshilfescheins rechtfertige nicht das Abrechnen beliebig vieler weiterer Angelegenheiten. Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Antragsteller hat das AG mit richterlichem Beschluss zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wenden sich die Rechtsanwälte mit ihrer Beschwerde, mit der sie ihren ursprünglichen Festsetzungsantrag weiter verfolgen. Zur Begründung wird unter Bezugnahme auf das vorausgegangene Vorbringen ausgeführt, die Auffassung des AG, dass pro Berechtigungsschein nur eine Angelegenheit abgerechnet werden könne, sei unzutreffend. Für die Frage, ob eine oder mehrere Angelegenheiten vorlägen, sei der Berechtigungsschein irrelevant. Es sei der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle, der zu entscheiden habe, ob eine oder mehrere Angelegenheiten im gebührenrechtlichen Sinn gegeben seien. An die genaue Bezeichnung der Angelegenheit im Berechtigungsschein sei er dabei nicht gebunden. Bewilligungs- und Kostenfestsetzungsverfahren seien getrennte Verfahrensabschnitte. Dabei sei die Prüfung der Frage, ob eine oder mehrere Angelegenheiten vorlägen, dem Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 Abs. 4 RVG vorbehalten.
2 Aus den Gründen
1. Die Zuständigkeit des erkennenden Familiensenats zur Entscheidung über die Beschwerde der Beratungshelfer ergibt sich aus § 119 Abs. 1 Nr. 1a GVG.
Zwar handelt es sich bei dem Verfahren zur Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwalts für Beratungshilfe nach den §§ 55, 56 RVG auch dann nicht um eine Familiensache, wenn die Beratung Gegenstände betrifft, für die im Falle der gerichtlichen Geltendmachung das FamG zuständig wäre (Senat JurBüro 1988, 593; OLG Nürnberg FamRZ 2005, 740). Für die Entscheidung über die Erinnerung (§ 56 Abs. 1 S. 1 RVG) gegen die Vergütungsfestsetzung des nach § 55 Abs. 4 RVG zuständigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ist deshalb nicht das FamG, sondern die allgemeine Zivilabteilung des AG zuständig (Senat und OLG Nürnberg jeweils a.a.O.). Wird gegen die Entscheidung des AG Beschwerde eingelegt, hat somit über diese grundsätzlich das LG als Beschwerdegericht zu entscheiden (§ 72 Abs. 1 GVG).
Im vorliegenden Fall hat über die Erinnerung der Beratungshelfer aber das FamG entschieden. Über die dagegen eingelegte Beschwerde hat deshalb gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1a GVG der Familiensenat des OLG zu entscheiden (Senat und OLG Nürnberg a.a.O.; Senatsbeschl. v. 6.4.2010 – 11 WF 434/10).
2. Die Beschwerde der Rechtsanwälte ... ist entgegen der Auffassung des AG zulässig (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG. Die Regelung in § 6 Abs. 2 RVG, nach der allein die Erinnerung statthaft ist, betrifft nur das Bewilligungsverfahren, nicht aber das Vergütungsfestsetzungsverfahren.
3. Das Rechtsmittel der Beratungshelfer bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das AG hat zu Recht nur die beantragte Vergütung für die im Berechtigungsschein bezeichnete Angelegenheit "Sorgerecht für die Tochter ...", zu der auch der von den Rechtsanwälten ... abgewickelte Schriftverkehr zur Regelung des Umgangsrechts zählt, festgesetzt. Für die darüber hinaus mit Schriftsatz geregelte Angelegenheit "Haushaltsgegenstände" (Zugang zu einem Kellerraum) fehlt bereits eine wirksame Bewilligung der Beratungshilfe.
a) Die Beschwerdeführer weisen zutreffend darauf hin, dass es sich bei dem die Beratungshilfe betreffenden Bewilligungsverfahren nach den §§ 4-6 BerHG und dem Vergütungsfestsetzungsverfahren nach den §§ 44, 55 Abs. 4 RVG um getrennte Verfahrensabschni...