mahlen bekanntlich langsam, zuweilen aber auch die des Gesetzgebers.
Zum 1.5.2014 ist die "Punktereform" umgesetzt worden und das Fahreignungsregister in Kraft getreten, das das Verkehrszentralregister abgelöst hat. Die bisherige Punktegrenze für Verkehrsverstöße ist dabei von 40,00 EUR auf 60,00 EUR angehoben worden.
Obwohl es bereits damals nahe gelegen hätte, gleichzeitig auch das RVG anzupassen – es bedurfte nur des Austauschs einer Zahl in vier Gebührentatbeständen – ist dies seinerzeit aus nicht nachvollziehbaren Gründen unterlassen worden. Erst später wurde im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung des Rechts des Angeklagten auf Vertretung in der Berufungsverhandlung und über die Anerkennung von Abwesenheitsentscheidungen in der Rechtshilfe (BT-Drucks 18/3562) ein entsprechender Gesetzesentwurf eingebracht (dort Art. 5). Dieser Gesetzesentwurf hat dann aber bis zur Verkündung am 24.7.2015 nochmals ein Jahr und drei Monate benötigt. Lediglich das Inkrafttreten ging dann recht zügig. Die Änderung ist nämlich am nächsten Tag, also am 25.7.2015, in Kraft getreten.
Die Anwaltschaft hat dies sicherlich nicht bedauert, konnte sie in der verbliebenen Zeit doch auch im punktefreien Raum bei Bußgeldern zwischen 40,00 EUR und unter 60,00 EUR nach dem mittleren Gebührenrahmen abrechnen.
Damit ist es jetzt aber leider vorbei. Für alle künftigen Mandate richten sich die Anwaltsgebühren wieder strikt nach der Punktegrenze.
Die vorliegende Ausgabe der AGS widmet sich aus Anlass der Änderung umfangreich den mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes auftretenden Fragen, insbesondere Fragen des Übergangsrechts, die sich in nächster Zeit vermehrt stellen werden.
Mit einer weiteren für die Praxis wichtigen und bedeutsamen Frage hatte sich das LG Nürnberg-Fürth (S. 320 m. Anm. Schons) zu befassen, nämlich mit der Frage, wann bei der Mitwirkung an Verträgen noch von einer Beratungstätigkeit nach § 34 RVG auszugehen ist und wann bereits eine Geschäftstätigkeit angenommen werden muss.
Ausführlich behandelt wird auch ein Thema, welches scheinbar nur die Sozialrechtler betrifft, obwohl die Rechtsfrage allgemeiner Natur ist, nämlich die Frage der isolierten Festsetzbarkeit von Zinsen auf bereits erstattete Kosten.
Hier hat sich offenbar bei Behörden die Praxis herausgebildet, auf außergerichtliche Kostenerstattungsgesuche nicht zu reagieren und auf einen entsprechenden Kostenfestsetzungsantrag erst im letzten Moment zu zahlen, so dass es letztlich nicht mehr zur Festsetzung der eigentlichen Kosten kommt. Zwischenzeitlich ist dann aber bereits einige Zeit vergangen, unter Umständen viele Monate, in denen die festzusetzenden Zinsen eigentlich mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hätten verzinst werden müssen (§ 104 Abs. 1 S. 2 ZPO). Mit der entwaffnenden Logik, da es nicht mehr zur Festsetzung der Kosten gekommen sei, komme auch eine Verzinsung nicht in Betracht, sind die Behörden erstaunlicherweise bei der deutschen Justiz überwiegend durchgekommen. In der Summe dürfte die damit verbundene Zinsersparnis der Behörden durchaus beachtlich sein. Zwischenzeitlich zeichnet sich aber ein Umdenken bei den Gerichten ab, die der verzögerten Erstattungspraxis der Behörden nicht länger Vorschub leisten wollen. Zwei lesenswerte Entscheidungen des SG Berlin und SG Frankfurt/M. bejahen auch eine isolierte Festsetzung der Zinsen.
Eine weitere wichtige Entscheidung des BGH (S. 358 m. Anm. Mock) betrifft die Frage der Wartefrist für ein Abschlussschreiben nach Erlass einer einstweiligen Verfügung und die Vergütung für das Abschlussschreiben.
Autor: Norbert Schneider
Norbert Schneider
AGS 7/2015, S. II