Leitsatz
Der Erledigungswert der vom gegnerischen Haftpflichtversicherer zu erstattenden Kosten berechnet sich im Falle eines Totalschadens nicht nach dem Wiederbeschaffungswert, sondern nach dem nach Abzug des Restwerts verbleibenden Betrag.
AG Bad Hersfeld, Urt. v. 1.9.2014 – 10 C 531/14 (40)
1 Sachverhalt
Das Fahrzeug des Geschädigten hatte einen Totalschaden erlitten. Der Wiederbeschaffungswert lag bei 7.400,00 EUR und der Restwert bei 2.270,00 EUR. Der einstandspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherer rechnete auf Basis des Wiederbeschaffungsaufwandes ab und zahlte eine Entschädigung in Höhe von 5.130,00 EUR auf den Fahrzeugschaden. Strittig ist, ob die Anwaltsgebühren nach dem Gegenstandswert des Wiederbeschaffungswertes (7.400,00 EUR) oder des Wiederbeschaffungsaufwandes (5.130,00 EUR) durch den Versicherer zu entschädigen sind.
2 Aus den Gründen
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Entgegen der vom Kläger geäußerten Rechtsauffassung ist bezüglich des anzusetzenden Gegenstandswerts der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren der Restwert des Fahrzeugs vom Wiederbeschaffungswert abzuziehen.
Vorliegend ist nämlich zu unterscheiden: Zutreffend dürfte die Ansicht des Klägers sein, soweit es den Anspruch des Rechtsanwalts gegen den Mandanten, d.h. den Kläger selbst betrifft. Ist der Prozessbevollmächtigte des Klägers zur Geltendmachung des Wiederbeschaffungswertes ohne den Restwert beauftragt worden, so kann der Rechtsanwalt gegenüber dem Kläger entsprechend abrechnen.
Dies gilt jedoch nicht gegenüber der gegnerischen Haftpflichtversicherung, der Beklagten. Für diese sind freilich nur Rechtsanwaltskosten aus dem tatsächlichen Regulierungsbetrag maßgeblich. Es kann letztlich als Schadensersatzanspruch nur nach dem Gegenstandswert reguliert werden, zu dem die Klage erfolgreich war bzw. sich der vorgerichtlich geltend gemachte Anspruch als begründet erwies.
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist unzutreffend.
Wird der Sachschaden auf Totalschadenbasis abgerechnet und muss sich der Geschädigte den erzielten oder den erzielbaren Restwert des Fahrzeugs als Vorteilsausgleich anrechnen lassen, dann bleibt für die außergerichtliche Regulierung dennoch der volle Sachschaden maßgebend.
Der Schaden besteht in der Zerstörung des Fahrzeugs. Ein eventueller Restwerterlös führt nicht zu einer Reduzierung des Schadens, sondern zum teilweisen nachträglichen Ausgleich des Schadens.
Hinzu kommt, dass sich die anwaltliche Tätigkeit auch auf die Prüfung des Vorteilsausgleichs und die Abwicklung der Restwertverwertung erstreckt. Etwas anderes gilt nur, wenn der Anwalt von vornherein einen um den Restwert reduzierten Auftrag erhält.
Norbert Schneider
AGS 7/2015, S. 363 - 364