Leitsatz
- Im Falle der Rücknahme des Antrags auf Durchführung einer Beweisaufnahme im selbstständigen Beweisverfahren hat die Kosten dieses Verfahrens entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO grundsätzlich der Antragsteller zu tragen.
- Der Kostenausspruch ist in diesem Fall jedenfalls dann dem Hauptsacheverfahren vorbehalten, wenn ein solches anhängig ist und dessen Parteien und Streitgegenstand mit denjenigen des selbstständigen Beweisverfahrens identisch sind.
- Die sofortige Beschwerde gegen eine im selbstständigen Beweisverfahren entsprechend § 269 Abs. 4 S. 1 ZPO ergangene isolierte Kostengrundentscheidung wird entsprechend § 269 Abs. 5 S. 2 ZPO unzulässig, wenn gegen den aufgrund dieses Beschlusses ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
BGH, Beschl. v. 28.4.2015 – VI ZB 36/14
1 Sachverhalt
Die Antragstellerin hatte sich beim Antragsgegner zu 2) in der von der Antragsgegnerin zu 1) betriebenen Klinik zwei plastisch-chirurgischen Operationen unterzogen. Mit der Behauptung, beide Eingriffe seien infolge von Behandlungsfehlern des Antragsgegners zu 2) misslungen, stellte sie im Februar 2013 beim LG den Antrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens im selbstständigen Beweisverfahren. Nachdem sie vom LG darauf hingewiesen worden war, dass Bedenken bestünden, ob die von ihr gestellten Beweisfragen einem selbstständigen Beweisverfahren zugänglich seien, ließ sie durch ihren Verfahrensbevollmächtigten erklären, nunmehr ins Hauptsacheverfahren überzugehen, und stellte die entsprechenden Klageanträge. Mit Beschl. v. 8.1.2014 hat ihr das LG daraufhin die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens auferlegt. Ihre dagegen gerichtete sofortige Beschwerde, mit der sie begehrte, den landgerichtlichen Beschluss "ersatzlos aufzuheben", hat das OLG zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.
Mit rechtskräftigem Kostenfestsetzungsbeschluss setzte das LG die den Antragsgegnern von der Antragstellerin aufgrund des Beschlusses vom 8.1.2014 zu erstattenden Kosten auf 1.253,78 EUR fest.
2 Aus den Gründen
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat im Wesentlichen ausgeführt, im Streitfall sei eine Kostenentscheidung im selbstständigen Beweisverfahren ausnahmsweise entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO geboten. Die entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO rechtfertige sich aus der gebotenen Umdeutung der unzulässigen Überleitungsanzeige in eine Antragsrücknahme verbunden mit einer Hauptsacheklage. Die Kostenentscheidung sei dabei nicht dem rechtshängigen Hauptsacheverfahren vorbehalten. Denn die Verknüpfung des selbstständigen Beweisverfahrens mit einer nachfolgenden Hauptsacheklage ergebe sich aus der Gleichstellung der Beweisaufnahme im selbstständigen Beweisverfahren mit der Beweisaufnahme in der Hauptsache und der Berücksichtigung von Amts wegen eines bezüglich im Hauptsacheverfahren vorgetragener Tatsachen relevanten Beweisergebnisses gem. § 493 Abs. 1 ZPO. Die Verknüpfung setze damit eine Beweiserhebung im selbstständigen Beweisverfahren voraus, die im Streitfall nicht stattgefunden habe.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung zwar nicht stand (a). Der Rechtsbeschwerde bleibt der Erfolg aber entsprechend § 269 Abs. 5 S. 2 ZPO versagt (b).
a) In der Sache zutreffend rügt die Rechtsbeschwerde, dass der angefochtene Kostenbeschluss im selbstständigen Beweisverfahren nicht hätte ergehen dürfen.
aa) Den vom Antragsteller erklärten "Übergang" vom selbstständigen Beweisverfahren in das Hauptsacheverfahren sieht das Prozessrecht nicht vor. Zu Recht hat das Beschwerdegericht die entsprechende Erklärung des Antragstellers deshalb in eine Rücknahme des Antrags auf Durchführung einer Beweisaufnahme im selbstständigen Beweisverfahren und eine davon zu trennende Klageerhebung umgedeutet. Denn auch im Verfahrensrecht gilt in entsprechender Anwendung des § 140 BGB der Grundsatz, dass eine fehlerhafte Parteihandlung in eine zulässige und wirksame Prozesserklärung umzudeuten ist, wenn deren Voraussetzungen eingehalten sind, die Umdeutung dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht (vgl. BGH, Beschl. v. 7.12.2010 – VIII ZB 14/10, NJW 2011, 1292 Rn 9 m.w.N. [= AGS 2011, 144]). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall ohne Weiteres erfüllt. Insbesondere vermochte die Antragstellerin das von ihr verfolgte Ziel, das selbstständige Beweisverfahren sofort und endgültig zu beenden und stattdessen das Klageverfahren durchzuführen, nur auf dem vom Beschwerdegericht angenommenen Weg zu erreichen.
bb) Im Falle der Rücknahme des Antrags auf Durchführung einer Beweisaufnahme im selbstständigen Beweisverfahren hat – was das Beschwerdegericht ebenfalls noch zutreffend erkannt hat – die Kosten dieses Verfahrens in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO grundsätzlich der Antragsteller zu tragen (BGH, Beschl. v. 7.12.2010 – VIII ZB 1...