Leitsatz
Ein Teilunterliegen i.S.v. § 92 ZPO des Gläubigers im Ordnungsmittelverfahren gem. § 890 Abs. 1 ZPO ist anzunehmen, wenn der Gläubiger in seinem Antrag einen Mindestbetrag des festzusetzenden Ordnungsgeldes nennt und das Gericht einen geringeren Betrag festsetzt.
BGH, Beschl. v. 19.2.2015 – I ZB 55/13
1 Sachverhalt
Der Schuldner hatte im Rahmen einer Immobilienanzeige im Internet zwei Kartenausschnitte verwendet und damit Urheberrechte der Gläubigerin verletzt. Mit einstweiliger Verfügung untersagte ihm das LG, die Kartenausschnitte zu vervielfältigen oder zu veröffentlichen.
Der Schuldner löschte das Immobilienangebot. Die Kartenausschnitte konnten jedoch Anfang 2013 durch direkte Eingabe der jeweiligen URLs aufgerufen werden. Die Gläubigerin sieht darin einen Verstoß gegen die einstweilige Verfügung. Sie hat beantragt, gegen den Schuldner wegen dieses Verstoßes ein empfindliches Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, zu verhängen. Zur Begründung ihres Antrags hat die Gläubigerin ausgeführt, die Höhe des Ordnungsgeldes werde in das Ermessen des Gerichts gestellt, es solle jedoch mindestens 3.500,00 EUR betragen.
Das LG hat gegen den Schuldner ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, verhängt und den weitergehenden Ordnungsmittelantrag zurückgewiesen. Die Kosten hat es zu 6/7 der Gläubigerin und zu 1/7 dem Schuldner auferlegt. Mit der dagegen eingelegten sofortigen Beschwerde hat die Gläubigerin beantragt, gegen den Schuldner ein angemessenes Ordnungsgeld zu verhängen und ihm die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. In der Beschwerdebegründung hat die Gläubigerin erneut angeregt, ein Ordnungsgeld von mindestens 3.500,00 EUR festzusetzen.
Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen (OLG Köln, Beschl. v. 27.6.2013 – 6 W 77/13). Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich die Gläubigerin allein gegen die sie belastende Kostenentscheidung des LG.
2 Aus den Gründen
Das Beschwerdegericht hat es für zutreffend erachtet, dass das LG der Gläubigerin den überwiegenden Teil der Kosten des Ordnungsmittelverfahrens auferlegt hat. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Pflicht der Gläubigerin zur Tragung von Kosten ergebe sich aus § 891 S. 3 ZPO i.V.m. § 92 ZPO. Die Gläubigerin habe zwar die Höhe des festzusetzenden Ordnungsgeldes in das Ermessen des Gerichts gestellt, gleichzeitig aber einen Mindestbetrag von 3.500,00 EUR genannt. In einem solchen Fall sei es angemessen, den Gläubiger anteilig mit den Kosten des Verfahrens zu belasten. Der Gläubiger habe ein eigenes Interesse an der Höhe des Ordnungsgeldes. Zwar fließe das Ordnungsgeld nicht ihm zu. Das Interesse des Gläubigers ergebe sich aber daraus, dass ihm eine Beschwerdebefugnis auch dann zustehe, wenn er lediglich eine Verschärfung des Ordnungsmittels durchsetzen wolle.
Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist unzulässig (§ 99 Abs. 1 ZPO), weil sie sich allein gegen die Kostenentscheidung des LG richtet.
Die Rechtsbeschwerde hätte auch in der Sache keinen Erfolg gehabt. Das Beschwerdegericht hat die gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung eingelegte sofortige Beschwerde der Gläubigerin zu Recht zurückgewiesen. Es hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Gläubigerin an den Kosten des Ordnungsmittelverfahrens anteilig zu beteiligen ist, weil sie mit ihrem Antrag auf Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Schuldner teilweise unterlegen ist.
1. Die anteilige Kostentragungspflicht der Gläubigerin ergibt sich aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Gem. § 891 S. 3 ZPO ist diese Bestimmung auf den Ordnungsmittelantrag gem. § 890 Abs. 1 ZPO entsprechend anzuwenden.
2. Die Gläubigerin ist im Ordnungsmittelverfahren auch i.S.v. § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO teilweise unterlegen.
a) Ein zur anteiligen Kostentragung führendes Teilunterliegen des Gläubigers wird teilweise verneint, wenn das Gericht in seiner Entscheidung hinter einer im Antrag gem. § 890 Abs. 1 ZPO bezifferten Höhe des festzusetzenden Ordnungsgeldes zurückbleibt (OLG Hamm GRUR 1994, 83, 84; Ahrens, in: Ahrens, Wettbewerbsprozess, 7. Aufl., Kap. 68 Rn 32; a.A. wohl OLG Hamm WRP 2001, 55, 57; Musielak/Lackmann, ZPO, 11. Aufl., § 890 Rn 11; offengelassen vom OLG München NJW-RR 1991, 1086, 1087). Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden.
aa) Soweit eine Ablehnung der Kostenlast des Gläubigers damit begründet wird, die Kostenentscheidung im Ordnungsmittelverfahren richte sich nach der allgemeinen Regelung des § 788 Abs. 1 ZPO, sodass es allein auf die Notwendigkeit der durch den Ordnungsmittelantrag ausgelösten Kosten ankomme (vgl. OLG Hamm GRUR 1994, 83, 84; wohl auch Sturhan, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 891 Rn 6), steht dies nicht in Einklang mit der Bestimmung des § 891 S. 3 ZPO. Mit der Schaffung der Verweisung in dieser Bestimmung wollte der Gesetzgeber im Hinblick auf die Kostenentscheidung ausdrücklich der Möglichkeit Rechnung tragen, dass Vollstreckungsanträge des Gläubigers nur teilweise e...