Leitsatz
Zur Festsetzung der Umsatzsteuer im Kostenfestsetzungsverfahren genügt die eindeutig und unmissverständlich abgegebene Erklärung, den Umsatzsteuerbetrag nicht als Vorsteuer abziehen zu können. Dagegen ist die Richtigkeit dieser Erklärung nicht zu überprüfen, weil das Kostenfestsetzungsverfahren nicht mit schwierigen Fragen des materiellen Umsatzsteuerrechts belastet werden soll.
OLG Saarbrücken, Beschl. v. 21.3.2016 – 9 W 1/16
1 Sachverhalt
Durch den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG v. 12.3.2015 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses v. 17.12.2015, des Berichtigungsbeschlusses v. 7.1.2016 sowie des Berichtigungsbeschlusses v. 21.1.2016 hat die Rechtspflegerin, was allein noch den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildet, die von dem Beklagten mit Kostenausgleichsantrag angemeldete Umsatzsteuer auf der Grundlage der Erklärung des Antragstellers, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, festgesetzt.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers, der die Auffassung vertritt, dass aufgrund unstreitiger, gerichtsbekannter Tatsachen die Erklärung des Beklagten, zum Vorsteuerabzug nicht berechtigt zu sein, offenkundig unrichtig sei, weil der Beklagte mit seiner Rechtsanwaltskanzlei ein Unternehmen betreibe, das umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringe, der Beklagte nur deshalb verklagt und zum Teil gemäß dem Klageantrag verurteilt worden sei, weil er Mandanten aus der früher gemeinschaftlich betriebenen Kanzlei weiterbetreut habe, und aus umsatzsteuerlicher Sicht die rechtsanwaltliche Leistung des Beklagtenvertreters zwangsläufig für das umsatzsteuerpflichtige Unternehmen erbracht worden sei.
Der Beklagte hat unter Hinweis darauf, dass die Leistung seines Prozessvertreters nicht für sein Unternehmen "R. Rechtsanwälte", sondern für ihn persönlich aus seiner Inanspruchnahme auf Zahlung einer Abfindung als ehemaliger Gesellschafter erbracht worden sei, um Zurückweisung der Beschwerde gebeten.
Das LG – Rechtspflegerin – hat, nachdem sie den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss mit Beschl. v. 17.12.2015, mit Beschl. v. 7.1.2016 und mit Beschl. v. 21.1.2016 wegen offensichtlicher Unrichtigkeit einer Berichtigung zugeführt hat, dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Das statthafte und im Übrigen zulässige Rechtsmittel des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat die Rechtspflegerin dem Kostenausgleich die von dem Beklagten zur Erstattung angemeldeten Kosten orientiert an dessen Erklärung zur Vorsteuerabzugsberechtigung unter Einschluss der Umsatzsteuer zugrunde gelegt. Diese Handhabung beruht auf der zutreffenden Anwendung von § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO, da der Beklagte in dem Kostenfestsetzungsantrag erklärt hat, er sei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Nach gefestigter Rspr. genügt zur Festsetzung der Umsatzsteuer im Kostenfestsetzungsverfahren die eindeutig und unmissverständlich abgegebene Erklärung, den Umsatzsteuerbetrag nicht als Vorsteuer abziehen zu können. Dagegen ist die Richtigkeit dieser Erklärung nicht zu überprüfen, weil das Kostenfestsetzungsverfahren nicht mit schwierigen Fragen des materiellen Umsatzsteuerrechts belastet werden soll (BVerfG, Beschl. v. 17.2.1995 – 1 BvR 697/93, NJW 1996, 382; BGH, Beschl. v. 11.2.2003 – VIII ZB 92/02, NJW 2003, 1534 [= AGS 2003, 276]; Senat, Beschl. v. 20.2.2014 – 9 W 34/13, AGS 2014, 202, m.w.N.; Jaspersen, in: Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Stand: 1.12.2015, § 104 Rn 13, 14 ff., m.z.w.N.; Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 104 Rn 20, 21, m.z.w.N.; von Eicken/Hellstab/Lappe/Madert/Mathias, Die Kostenfestsetzung, 20. Aufl., Rn B 594). Etwas anderes kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Erklärung vom Erstattungsschuldner bereits entkräftet oder ihre Unrichtigkeit offensichtlich ist (BVerfG a.a.O.; BGH a.a.O.; Jaspersen, a.a.O.; Lackmann, a.a.O.). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Der Beklagte hat auf das Monitum des Klägers im Beschwerdeverfahren seine Erklärung bekräftigt und ergänzend mit weiteren rechtlichen Ausführungen dahin erläutert, dass eine Vorsteuerabzugsberechtigung hier deshalb nicht bestehe, weil die Abfindung sich auf die persönliche Vermögensebene beziehe und sein Prozessbevollmächtigter seine Leistungen für ihn persönlich erbracht habe. Auf der Grundlage dieser Ausführungen kann jedenfalls nicht angenommen werden, dass die Erklärung des Beklagten zur fehlenden Vorsteuerabzugsberechtigung offensichtlich falsch oder gar von dem Erstattungspflichtigen auf dem Boden von dessen abweichender rechtlicher Einordnung bereits entkräftet ist und sich deshalb aus dem Akteninhalt zweifelsfrei etwas anderes ergibt. Ob sie dem materiellen Umsatzsteuerrecht entspricht, ist im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu prüfen (vgl. zuletzt Senat, a.a.O., sowie Beschl. v. 15.5.2013 – 9 W 9/13). Eine abweichende Entscheidung ist unter den gegebenen Umständen auch nicht auf der Grundlage der von dem Kläger in Bezug genommenen Entscheidung des BVerfG (a.a.O.) bzw. des BGH (a.a.O.) angezeigt. ...