Es entspricht wohl ganz überwiegender Auffassung, dass aufgrund des das gesamte Kostenrecht und damit auch § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO beherrschenden Grundsatzes der Kostenminimierung (vgl. dazu auch § 162 Abs. 1 VwGO) die Reisekosten eines Rechtsanwalts in der Regel nur dann voll zu erstatten sind, wenn er seine Kanzlei am Sitz oder im Bezirk des angerufenen Gerichts oder am Wohnsitz seines Mandanten hat. Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der beauftragte Rechtsanwalt seine Kanzlei weder am Wohnsitz noch am Gerichtssitz hat ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), werden danach nur bei Vorliegen besonderer Gründe ausnahmsweise erstattet. Ist die Notwendigkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts am dritten Ort zu verneinen, muss sich der Kostengläubiger mit der Erstattung der fiktiven Reisekosten eines Anwalts am Sitz des Gerichts oder am Wohnsitz des Klägers zufrieden geben (vgl., zum Ganzen, Olbertz, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 162 Rn 50 ff., Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 162 Rn 11, jeweils m.w.N.; ferner z.B. auch Nds. OVG, Beschl. v. 20.4.2015 – 12 OA 197/14, Rn 9 m.w.N. im Anschluss an Bayerischer VGH, Beschl. v. 24.2.2010 – 11 C 10.81; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 19.6.2000 – 6 S 931/99, alle juris und m.w.N., so auch die Rspr. des BGH zu § 91 ZPO, z.B. Beschl. v. 7.6.2011 – VIII ZB 102/08, NJW 2011, 1430 [= AGS 2011, 460]).
Nach diesen Grundsätzen könnten die Kläger fiktive Reisekosten ihrer Prozessbevollmächtigten nicht ab Ravensburg beanspruchen. Denn der Umstand, dass Verwandte der Kläger in oder in der Nähe von Ravensburg wohnen, begründet trotz der wohl gegebenen Schwierigkeiten der Kläger, sich in der Bundesrepublik Deutschland zurecht zu finden, noch keine Ausnahme von dem oben angeführten Grundsatz; anerkannt ist insoweit, dass in aller Regel die Reisekosten eines sogenannten auswärtigen Rechtsanwalts nur dann ausnahmsweise erstattungsfähig sind, wenn der von der Partei beauftragte Rechtsanwalt über besondere Fachkenntnisse verfügt und der Streitfall Fragen aus dem betreffenden Fachgebiet von solcher Schwierigkeit aufwirft, dass eine verständige Partei zur angemessenen Wahrnehmung ihrer Rechte die Hinzuziehung gerade eines solchen Anwalts für ratsam halten muss, oder wenn ein im Verwaltungsverfahren oder in einer Vorinstanz entstandenes Vertrauensverhältnis einen objektiven Grund für eine verständige und das Kosteninteresse des Prozessgegners berücksichtigende Partei abgeben kann, den bereits gewählten Anwalt ihres Vertrauens, der seine Kanzlei nicht am Gerichtssitz oder an ihrem Wohnsitz hat, für die weitere Vertretung zu behalten.
Die Kammer folgt der dargelegten herrschenden Rechtsauffassung nicht. Denn zu Recht weisen die Kläger sinngemäß darauf hin, dass der "das Kostenrecht beherrschende", u.a. § 162 Abs. 2 S. 1. VwGO und § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO zu entnehmende Grundsatz der Kostenminimierung aufgrund der seit dem Jahr 2007 geltenden Fassung von § 121 Abs. 3 ZPO eine andere, großzügigere Bedeutung erfahren hat. Demzufolge haben die Kläger Anspruch auf die Erstattung fiktiver Reisekosten ihrer Prozessbevollmächtigten ab dem vom Sitz des VG weitest entfernten Ort im Gerichtsbezirk und nicht nur ab ihrem Wohnort im Gerichtsbezirk. Das ergibt sich im Einzelnen am Folgendem (vgl. Reichling, in: Beck´scher Online-Kommentar ZPO, Vorwerk/Wolf, § 91 ZPO Rn 32, 33):
Nach § 18 Abs. 1 BRAO a.F. musste jeder Rechtsanwalt bei einem bestimmten Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit zugelassen sein. Ferner regelte § 126 Abs. 1 S. 2 BRAGO, dass Mehrkosten, die dadurch entstanden, dass ein Rechtsanwalt seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei nicht an dem Ort hatte, an dem sich das Prozessgericht oder eine auswärtige Abteilung dieses Gerichts befand, nicht zu vergüten waren. § 121 Abs. 3 ZPO bestimmte, dass ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt im Rahmen der Prozesskostenhilfe nur beigeordnet werden durfte, wenn dadurch keine weiteren Kosten entstanden. Auf diese Weise wurde sichergestellt, dass die Erstattung von Auslagen und Reisekosten des Rechtsanwalts im Prozesskostenhilfeverfahren vermieden werden konnte. § 18 Abs. 1 BRAO ist aber durch das Gesetz zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft v. 26.3.2007 (BGBl I, S. 358) mit Wirkung zum 1.6.2007 aufgehoben worden. Seither ist die Anwaltszulassung nicht mehr an ein bestimmtes Gericht gebunden. Zugleich mit der Streichung des § 18 BRAO wurde auch § 121 Abs. 3 ZPO neu gefasst. Seither kann ein nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch keine weiteren Kosten entstehen. Zwar lässt sich auch dadurch die Erstattung von Auslagen und Reisekosten des Rechtsanwalts im Prozesskostenhilfeverfahren einschränken. Der Umfang der Einschränkung ist aber weniger weit reichend als der nach altem Recht, weil die an die Stelle der BRAGO getretenen Regelungen des § 46 RVG i.V.m. Nr. 7003 ff. VV hinsichtlich der Erstattung von Fahrtkosten, Abwesenheitsgeldern und sonstigen Auslagen keine...