Leitsatz
Der Streitwert eines Antrags auf Zahlung künftiger Nutzungsentschädigung bis zur Räumung des Mietobjekts bestimmt sich gem. § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO auf das 12-fache der künftigen monatlichen Nutzungsentschädigung.
OLG Hamburg, Beschl. v. 12.4.2016 – 8 W 62/15
1 Sachverhalt
Mit der Klage v. 9.1.2015 nahmen die Kläger den Beklagten nach Kündigung des Mietvertrages auf Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung in Hamburg, auf Zahlung rückständiger Miete von 1.300,00 EUR (Antrag zu 2) und auf Zahlung von künftiger Nutzungsentschädigung in Höhe von monatlich 435,00 EUR ab Februar 2015 bis zur Räumung in Anspruch. Nach Erledigung des Antrags zu 2) endete der Rechtsstreit durch Versäumnisurteil.
Das AG hat den Gesamtstreitwert auf 8.235,00 EUR festgesetzt. Den Streitwert für die künftige Nutzungsentschädigung hat es dabei mit dem 6-fachen der monatlichen Nutzungsentschädigung angesetzt.
Mit seiner Beschwerde begehrt der Prozessbevollmächtigte der Kläger aus eigenem Recht die Heraufsetzung des Streitwertes auf 10.845,00 EUR. Der Streitwert der künftigen Nutzungsentschädigung sei auf den 12-fachen Betrag der monatlichen Nutzungsentschädigung festzusetzen.
Das LG wies die Beschwerde zurück und ließ die weitere Beschwerde zu.
Hiergegen wendet sich der Prozessbevollmächtigte der Kläger aus eigenem Recht mit der weiteren Beschwerde, die Erfolg hatte.
2 Aus den Gründen
Die weitere Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Streitwert ist insgesamt auf 10.845,00 EUR festzusetzen (Räumungsanspruch 4.320,00 EUR zuzüglich Zahlungsanspruch 1.305,00 EUR zuzüglich künftige Nutzungsentschädigung 5.220,00 EUR).
Der Gebührenstreitwert für die künftige Nutzungsentschädigung beträgt 5.220,00 EUR (12 x 435,00 EUR). Entgegen der Ansicht des AG und des LG ist nicht nur eine Nutzungsentschädigung von sechs Monaten, sondern ein Jahresbetrag zugrunde zu legen.
Mit der ganz h.M. geht der Senat – ebenso wie das AG und LG – davon aus, dass die Bestimmung des Streitwerts einer zu zahlenden künftigen Nutzungsentschädigung – anders als für künftige Miete, für die überwiegend § 9 ZPO angewandt wird – gem. § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO nach freiem Ermessen unter besonderer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu erfolgen hat (vgl. nur OLG Celle MDR 2014, 234 ff. m.w.N.).
Zutreffend ist auch die Ansicht des AG, dass für die Bestimmung des Streitwerts allein das Interesse des Klägers im Zeitpunkt der Antragstellung bis zur tatsächlichen Räumung maßgebend ist. Jedoch ist entgegen der vom LG geteilten Ansicht des AG nicht nur davon auszugehen, dass im Bezirk des AG Hamburg eine Vollstreckung in aller Regel in längstens sechs Monaten möglich ist. Hinzuzurechnen ist vielmehr noch die voraussichtliche Dauer des Erkenntnisverfahrens bis zu einem vollstreckbaren Vollstreckungstitel, die in der Regel mit sechs Monaten anzusetzen ist. Insgesamt ist daher auch in einfach gelagerten Fällen grundsätzlich eine Zeitspanne von 12 Monaten anzunehmen (ebenso OLG Hamburg, Beschl. v. 12.10.2009 – 4 W 266/09; LG Hamburg, Beschl. v. 5.6.2014 – 333 T 17/14; OLG Celle a.a.O; OLG Dresden NJW-RR 2012, 1214; OLG Stuttgart MDR 2011, 513).
Die grundsätzliche Berücksichtigung eines Nutzungswertes von 12 Monaten entspricht auch der in § 41 Abs. 2 S. 2 GKG zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertung. Die seit dem 1.5.2013 geltende Bestimmung des § 272 Abs. 4 ZPO gibt jedenfalls derzeit noch keinen Anlass, den Streitwert geringer anzusetzen.
Ein kürzerer Zeitraum könnte nur dann in Betracht kommen, wenn bereits der Klagschrift Umstände zu entnehmen sind, aus denen auf eine kurzfristigere Räumung geschlossen werden kann (OLG Stuttgart a.a.O.). Das ist hier jedoch nicht der Fall.
AGS 7/2016, S. 335 - 336