a) Voraussetzungen für die Gebührenermäßigung
Die Rücknahme der Klage führt nach Nr. 1211 Nr. 1 GKG-KostVerz. zu einer Gebührenermäßigung. Voraussetzung ist jedoch stets, dass die Klagerücknahme rechtzeitig erfolgt, da Nr. 1211 Nr. 1 GKG-KostVerz. an bestimmte Erledigungszeitpunkte anknüpft. Insbesondere tritt eine Ermäßigung nur ein, wenn die Klagerücknahme bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt. Entsprechende Regelungen finden sich auch für die Berufungs- und Revisionsverfahren in Nr. 1222 Nr. 1 und Nr. 1232 Nr. 1 GKG-KostVerz.
Die mündliche Verhandlung ist gem. § 136 Abs. 4 ZPO zu schließen, wenn die Sache nach Ansicht des Gerichts vollständig erörtert ist, wobei die Schließung ausdrücklich oder konkludent, z.B. durch Bestimmung eines Verkündungstermins, erfolgen kann. Maßgeblich für den Eintritt der Ermäßigung ist deshalb nur der Schluss der mündlichen Verhandlung insgesamt, nicht aber die Schließung eines einzelnen Termins. Die Verfahrensgebühr ermäßigt sich deshalb auch dann, wenn die Klagerücknahme nach einer mündlichen Verhandlung erfolgt, nach Aktenlage aber eine weitere mündliche Verhandlung stattfinden muss, z.B. wenn nach der ersten mündlichen Verhandlung nur ein Beweisbeschluss verkündet wird oder wenn der Verkündungstermin aufgehoben und ein neuer Verhandlungstermin anberaumt wird. I.Ü. sei darauf hingewiesen, dass eine Gebührenermäßigung im Falle der Klagerücknahme zudem stets voraussetzt, dass keine streitige Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO ergeht, die aber nur selten vorkommt und nicht mit der deklaratorischen Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO verwechselt werden darf.
b) Gewährung einer Schriftsatzfrist nach § 283 ZPO
Zu der Frage, inwieweit eine Gebührenermäßigung nach Schluss der mündlichen Verhandlung noch eintreten kann, ist in der jüngeren Zeit verschiedene Rspr. ergangen. Danach gelten Besonderheiten, wenn das Gericht in der mündlichen Verhandlung noch eine Schriftsatzfrist nach § 283 ZPO für Erklärungen zum Vorbringen des Gegners gewährt, weil dann die Fristgewährung für die Partei, der das Nachschubrecht gewährt wird, den Schluss der mündlichen Verhandlung auf den Ablauf der Schriftsatzfrist verlängert. Geht die wirksame Klagerücknahme daher noch innerhalb dieser Schriftsatzfrist bei Gericht ein, tritt Gebührenermäßigung nach Nr. 1211 Nr. 3 GKG-KostVerz. ein.
Beispiel
In einer Zivilsache A gegen B wegen Zahlung von 8.000,00 EUR findet am 5.2.2014 eine mündliche Verhandlung statt. Aufgrund des späten Vorbringens des Beklagten räumt das Gericht dem Kläger eine Frist zur Erwiderung auf dieses Vorbringen bis zum 26.2.2014 ein. Der Termin zur Verkündung einer Entscheidung wird bestimmt auf den 26.3.2014. Am 12.2.2014 geht bei Gericht die Klagerücknahme ein. B stimmt der Klagerücknahme zu und beantragt, dem A durch Beschluss die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Ein entsprechender Beschluss ergeht am 12.3.2014.
Es ist folgende Gerichtsgebühr entstanden:
1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 1211 GKG-KostVerz. (Wert: 8.000,00 EUR) |
203,00 EUR |
c) Fristgewährung zur Klagerücknahme
Eine Gebührenermäßigung tritt zudem in den Fällen ein, in denen das Gericht die mündliche Verhandlung schließt, es den Parteien aber nachlässt, die Klagerücknahme bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erklären und zugleich einen Verkündungstermin für den Fall bestimmt, dass keine Klagerücknahme erfolgt.
Beispiel
In einer Zivilsache A gegen B wegen Zahlung von 5.000 EUR schließt das Gericht die mündliche Verhandlung in dem Termin am 20.3. Zugleich wird dem Kläger nachgelassen, bis zum 16.4. gegenüber dem Gericht eine etwaige Klagerücknahme zu erklären. Zugleich wird der Termin zur Verkündung einer Entscheidung für den Fall, dass eine Klagerücknahme nicht erklärt wird, auf den 30.4. bestimmt. Am 15.4. geht bei Gericht die Klagerücknahme ein.
Es ist folgende Gerichtsgebühr entstanden:
1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 1211 GKG-KostVerz. (Wert: 5.000,00 EUR) |
146,00 EUR |
Autor: Dipl.-Rpfl. Hagen Schneider, Magdeburg
AGS 7/2017, S. 313 - 320