Einführung
Die Rspr. hat sich auch in der jüngeren Vergangenheit mit der Erhebung von Gerichtsgebühren in Zivilsachen beschäftigt und dabei insbesondere auf die Entstehung oder den Ausschluss einer Gebührenermäßigung hingewiesen. Im Folgenden sollen einige ausgewählte Probleme der aktuellen Rspr. besprochen werden. Da die Gerichte teilweise wieder auf eine bestehende Schadensersatzpflicht des Anwalts hingewiesen haben, wenn dessen Verhalten zu zusätzlichen Gerichtsgebühren führt, sollte sich mit der aktuellen Rspr. vertraut gemacht werden.
1. Vergleichsabschluss mit anschließender Kostenentscheidung
Wird ein gerichtlicher Vergleich ohne eine Kostenregelung getroffen, so greift § 98 ZPO ein. Danach gelten die Kosten in diesen Fällen kraft Gesetzes als gegeneinander aufgehoben, mit der Folge, dass die Gerichtskosten von den Beteiligten jeweils zur Hälfte und die außergerichtlichen Kosten von jedem selbst getragen werden (§ 92 Abs. 1 S. 2 ZPO). Hinsichtlich der Gerichtskosten stellt § 29 Nr. 2 GKG zudem ausdrücklich klar, dass die Übernahmehaftung auch eintritt, wenn bei einem Vergleich ohne Bestimmung über die Kosten diese als von beiden Teilen je zur Hälfte übernommen anzusehen sind. Einer gerichtlichen Kostenentscheidung bedarf es daher nicht. Ergeht ein gerichtlicher Vergleich ohne Kostenregelung, tritt zudem gem. Nr. 1211 Nr. 3 GKG-KostVerz. eine Ermäßigung der Verfahrensgebühr auf einen 1,0-Gebührensatz ein.
Beispiel
In einer Zivilsache wegen Zahlung von 5.000,00 EUR schließen die Parteien einen Vergleich ohne Kostenregelung. Eine gerichtliche Kostenentscheidung ergeht nicht.
Es ist folgende Gerichtsgebühr entstanden:
1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 1211 GKG-KostVerz. (Wert: 5.000,00 EUR) |
146,00 EUR |
Der Abschluss des gerichtlichen Vergleichs führt zur Gebührenermäßigung, wenn er das gesamte Verfahren beendet.
Oftmals wird in den Fällen, in denen der Vergleich ohne Kostenregelung abgeschlossen wird, im Anschluss noch eine gerichtliche Kostenentscheidung beantragt. Das Gericht wird dann einen Beschluss nach § 91a ZPO erlassen. Hinsichtlich der Gerichtskosten hat dies zur Folge, dass nunmehr keine Übernahmehaftung (§ 29 Nr. 2 GKG), sondern Entscheidungshaftung (§ 29 Nr. 1 GKG) eintritt. Der Erlass der Kostenentscheidung schließt zudem den Eintritt einer Gebührenermäßigung nach Nr. 1211 Nr. 3 GKG-KostVerz. aus, da nunmehr eine Erledigung der Hauptsache vorliegt. Diese kann jedoch wegen Nr. 1211 Nr. 4 GKG-KostVerz. nur dann eine Gebührenermäßigung herbeiführen, wenn keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Parteien über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt. Das ist durch den Erlass des Beschlusses nach § 91a ZPO gerade nicht mehr der Fall.
Beispiel
In einer Zivilsache wegen Zahlung von 8.000,00 EUR schließen die Parteien einen Vergleich ohne Kostenregelung. Im Anschluss erlässt das Gericht einen Beschluss nach § 91a ZPO, der eine kurze Begründung enthält.
Es ist folgende Gerichtsgebühr entstanden:
3,0-Verfahrensgebühr, Nr. 1210 GKG-KostVerz. (Wert: 8.000,00 EUR) |
609,00 EUR |
Der Erlass des § 91a-Beschlusses verhindert den Eintritt einer Gebührenermäßigung.
Die Rspr. hat hierzu zudem entschieden, dass eine Gebührenermäßigung auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Parteien dem Gericht nach Vergleichsabschluss die Kostenentscheidung überlassen, aber dabei auf eine Begründung oder sogar auf Rechtsmittel verzichten. Die Regelung der Nr. 1211 Nr. 2 GKG-KostVerz., die eine Gebührenprivilegierung für Urteile vorsieht, die nach § 313a Abs. 2 ZPO keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthalten, könne nicht analog angewendet werden, da eine planwidrige Regelungslücke fehle. Dieser Auffassung wird auch zuzustimmen sein, da es sich bei Nr. 1211 GKG-KostVerz. um eine Ausnahmeregelung zu Nr. 1210 GKG-KostVerz. handelt, die nicht ohne Weiteres über ihren Wortlaut hinaus auf andere Konstellationen angewendet werden kann.
Beispiel
In einer Zivilsache wegen Zahlung von 6.000,00 EUR schließen die Parteien einen Vergleich ohne Kostenregelung. Die Parteien bitten das Gericht anschließend um Erlass einer Kostenentscheidung, verzichten aber auf Begründung und Rechtsmittel. Das Gericht erlässt daraufhin den Beschluss nach § 91a ZPO, der keine Begründung enthält.
Es ist folgende Gerichtsgebühr entstanden:
3,0-Verfahrensgebühr, Nr. 1210 GKG-KostVerz. (Wert: 6.000,00 EUR) |
495,00 EUR |
Der Erlass des § 91a-Beschlusses verhindert den Eintritt einer Gebührenermäßigung. Daran ändert auch das Fehlen einer Begründung nichts, da die Voraussetzungen der Nr. 1211 Nr. 4 GKG-KostVerz. nicht vorliegen und Nr. 1211 Nr. 2 GKG-KostVerz. nicht analog angewendet werden kann.
Eine Gebührenermäßigung tritt jedoch nach Nr. 1211 Nr. 4 GKG-KostVerz. ein, wenn die Parteien einen Vergleich ohne Kostenregelung abschließen und das Gericht bitten, eine Kostenentscheidung zu erlassen, die einer dem Gericht zuvor mitgeteilten Einigung der Parteien über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt.