ZPO § 802b; RVG VV Nr. 1000
Leitsatz
Der Abschluss eines Zahlungsplans durch den Gerichtsvollzieher mit dem Zweck der Herbeiführung einer gütlichen Einigung begründet keine Einigungsgebühr für den Gläubigeranwalt.
AG Stockach, Beschl. v. 10.1.2017 – M 927/16
1 Sachverhalt
Die Gläubigerin beauftragte den Gerichtsvollzieher, der Schuldnerin die Vermögensauskunft abzunehmen (§§ 802c, 802f ZPO) und ggf. körperliche Sachen zu pfänden. Hinsichtlich einer etwaigen gütlichen Einigung gab ihr Bevollmächtigter an, mit der Einziehung von Teilbeträgen (mindestens 100,00 EUR bei monatlichem Turnus) einverstanden zu sein.
Der Gerichtsvollzieher setzte einen Zahlungsplan (monatlich 200,00 EUR) fest und teilte dies der Gläubigerin mit. Daraufhin beantragte diese mit Schreiben nebst Forderungsaufstellung die Berücksichtigung weiterer Anwaltsgebühren wegen "gütlicher Erledigung" i.H.v. 135,00 EUR bzw. 41,40 EUR, was der Gerichtsvollzieher unter Hinweis auf die Entscheidung des AG Neu-Ulm vom 13.3.2013 – 14 M 612/13 ablehnte.
Hiergegen legte die Gläubigerin Vollstreckungserinnerung ein, mit der Begründung, dass nunmehr die seit 1.8.2013 geltende Nr. 1000 Abs. 1, S. 1 Nr. 2 VV maßgeblich sei.
2 Aus den Gründen
Die Vollstreckungserinnerung ist nach § 766 Abs. 2, Alt. 2 ZPO zulässig, aber unbegründet, weil der Zahlungsplan des Gerichtsvollziehers vom 22.11.2016 keine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VV auslöst.
Vor dem Inkrafttreten des 2. KostRMoG lautete Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 und 2 VV wie folgt:
"Die Gebühr entsteht für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Dies gilt auch für die Mitwirkung bei einer Einigung in einem der in § 36 RVG bezeichneten Güteverfahren".
Ab dem 1.8.2013 sind u.a. S. 1 und 2 von Nr. 1000 Abs. 1 VV in einem einzigen Satz neugefasst worden:
"Die Gebühr entsteht für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den"
1. der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird oder
2. die Erfüllung des Anspruchs bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf die gerichtliche Geltendmachung und, wenn bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt, bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen geregelt wird (Zahlungsvereinbarung)“.
Zur alten Rechtslage wurde allgemein davon ausgegangen, dass eine Zahlungsvereinbarung des Gerichtsvollziehers in Form eines Zahlungsplanes grundsätzlich keine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Abs. 1 S. 2 VV auslöste (so z.B. BGH NJW 2006, 3640 zu § 806b ZPO a.F.), soweit nicht der Gläubiger auf die Entscheidung des Gerichtsvollziehers nachgebend eingewirkt hatte. Auch wenn nun die Neufassung von Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a.F. den Begriff Zahlungsvereinbarung verwendet, wie dies in § 802b Abs. 2 S. 1 ZPO der Fall ist, lässt sich daraus nicht entnehmen, dass allein das Nichtwidersprechen i.S.d. § 802 Abs. 3 S. 2 ZPO eine Mitwirkung bei dem vom Gerichtsvollzieher getroffenen Zahlungsplan darstellt (Hartmann, KostG, 43. Aufl., 2013, Nr. 1000 VV Rn 29 "Gerichtsvollzieher"; Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., 2013, RVG Nr. 1000 VV Rn 29). Insoweit gilt nach wie vor, was der BGH in seinem Beschl. v. 28.6.2006 ausgeführt hat (s.o.): "Mit der Gestattung der Ratenzahlung ist eine Abrede zwischen Gerichtsvollzieher und Schuldner auf vertraglicher Basis nicht zustande gekommen, weil der Gerichtsvollzieher nicht aufgrund Privatautonomie, sondern kraft des ihm verliehenen öffentlichen Amtes in Ausübung der staatlichen Vollstreckungsgewalt gehandelt hat. Der Gerichtsvollzieher ist bei der Gewährung von Ratenzahlungen an den Schuldner nicht Vertreter des Gläubigers. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass er bei der Frage, ob dem Schuldner Ratenzahlungen gewährt werden können, an die Weisungen des Gläubigers insoweit gebunden ist, dass dieser sein Einverständnis verweigern oder von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen kann".
Auch der Gesetzesbegründung zum 2. KostRMoG ist nichts anderes zu entnehmen, wenn es dort heißt (S.425):
"Der Übergang von der Vergleichsgebühr der BRAGO zur Einigungsgebühr des RVG durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz v. 5.5.2004 (BGBl I, 718, 788) sollte den Anwendungsbereich der Gebühr erweitern." Dabei ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Einigungsgebühr auch für die Mitwirkung bei einer Ratenzahlungsvereinbarung anfällt (Begründung zu Nr. 3310 VV RVG, BT-Drucks 15/1971, 215). In Rechtsprechung und Literatur wird die Ratenzahlungsvereinbarung insbesondere dann unterschiedlich behandelt, wenn bereits ein Titel vorliegt (zum Meinungsstand Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., Nr. 1000 VV RVG, Rn 232 ff.). Mit der vorgeschlagenen Neufassung soll die Frage i.S.d. gesetzgeberischen Willens bei der Beratung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes gelöst werden. Die Höhe der Gebühr, um die es hier geht, wird i.d.R. überschaubar sein, weil bei der Vereinbarung aussch...