ZPO § 114
Leitsatz
- Die isolierte Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs als Leistungsantrag nach vorangegangenem Auskunftsverfahren ist grundsätzlich mutwillig, wenn der Leistungsanspruch im Wege der Antragserweiterung im Auskunftsverfahren hätte verfolgt werden können.
- Verfahrenskostenhilfe ist jedoch hinsichtlich der ohnehin angefallenen Kosten zu bewilligen, wenn das Auskunftsverfahren bereits abgeschlossen ist. Ausgenommen von der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe sind die im vorangegangen Verfahren bewilligten und abgerechneten Kosten sowie die Mehrkosten aufgrund der aufgelaufenen Unterhaltsrückstände.
OLG Hamm, Beschl. v. 28.11.2016 – II-4 WF 183/16
1 Sachverhalt
Die Ehe der Beteiligten ist seit 2004 rechtskräftig geschieden.
Die Antragstellerin machte hiernach mit Antrag vom 26.6.2015 gegen den Antragsgegner und dessen Ehefrau beim FamG (Az. 15 F 977/15) einen Auskunftsantrag über die Höhe ihres Einkommens geltend, den die Beteiligten nach Auskunftserteilung übereinstimmend für erledigt erklärten.
Die Antragstellerin hat erstinstanzlich die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein Verfahren gegen den Antragsgegner auf Zahlung von nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 428,25 EUR ab Juli 2016 sowie Unterhaltsrückstand i.H.v. 6.852,00 EUR für die Monate März 2015 bis Juni 2016 beantragt.
Das FamG hat die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, der Antrag sei mutwillig. Die Antragstellerin hätte ihren Zahlungsanspruch als Stufenantrag gemeinsam mit dem Auskunftsbegehren oder in dem Auskunftsverfahren nach Erteilung der Auskunft im Wege der Antragserweiterung kostengünstiger geltend machen können.
Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde und begehrt weiterhin die Bewilligung ratenfreier Verfahrenskostenhilfe für ihren Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt an sie.
2 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 ZPO zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt wurde.
Sie ist – zumindest vorläufig – im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Antrag der Antragstellerin ist mutwillig i.S.d. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 2 ZPO.
Eine Mutwilligkeit ergibt sich nicht daraus, dass die Antragstellerin ihren Unterhaltsanspruch außerhalb des Scheidungsverbunds verfolgt. Denn die Geltendmachung einer zivilprozessualen Scheidungsfolgensache außerhalb des Verbundverfahrens ist grundsätzlich nicht mutwillig i.S.d. § 114 ZPO (BGH, Beschl. v. 10.3.2005 – XII ZB 20/04, NJW 2005, 1498 [= AGS 2005, 241]).
Die Rechtsverfolgung der Antragstellerin ist jedoch mutwillig, weil sie ihren Unterhaltsanspruch nicht im Wege der Antragserweiterung in dem Verfahren AG – Az. 15 F 977/15 verfolgt hat.
Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Mutwillig handelt deshalb, wer von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen denjenigen beschreitet, von dem er von vornherein annehmen muss, dass er für ihn der kostspieligere ist. Unabhängig von Kostenerwägungen würde eine verständige Partei zudem auch deshalb von der Erhebung einer weiteren gesonderten Klage absehen und stattdessen eine Klageerweiterung im bereits anhängigen Verfahren vorziehen, weil das mit der schon anhängigen Sache befasste Gericht bereits in den komplexen Sachverhalt eingearbeitet ist. Aus Kostengründen wird regelmäßig die Erhebung einer weiteren Klage dann als mutwillig angesehen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch im Wege der Klageerweiterung in einem bereits anhängigen Rechtsstreit geltend gemacht werden kann (OLG Nürnberg, Beschl. v. 6.12.2010 – 12 W 2270/10, MDR 2011, 256).
Es wäre der Antragstellerin ohne Weiteres möglich gewesen, den Leistungsantrag als Stufenantrag oder zumindest in dem Auskunftsverfahren im Wege der Antragserweiterung zu verfolgen. Besondere Gründe für eine neue, weitere Klage hat die Antragstellerin nicht dargetan. Insbesondere ist eine Antragserweiterung in dem Auskunftsverfahren nach erteilter Auskunft nicht mit einem erhöhten Kostenrisiko für die Antragstellerin verbunden. Denn zum Zeitpunkt der Antragserweiterung ist es der Antragstellerin möglich, die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners abzuschätzen und ihren Leistungsantrag entsprechend zu formulieren.
Jedoch ist der Antragstellerin aufgrund der Mutwilligkeit die begehrte Verfahrenskostenhilfe nicht vollständig zu versagen.
Folge des Mutwillens ist allein, dass die Mehrkosten, die sich bei vergleichender Gegenüberstellung isolierter Rechtsverfolgung zur Rechtsverfolgung im Verbund ergeben, von der PKH-Bewilligung ausgenommen werden. Denn die Antragstellerin kann jetzt nicht mehr auf das Verbundverfahren verwiesen werden, nachdem dieses rechtskräftig abgeschlossen worden ist (OLG Köln, Beschl. v. 16.2.1994 – 25 WF 30/94, NJW-RR 1994, 1093). Nach Abschluss des Auskunftsverfahrens vermag die Antragstellerin ebenfalls dort nicht mehr ihren Leistungsantrag zu verfo...