FamGKG §§ 35, 42 Abs. 1; BGB § 745
Leitsatz
- Es entspricht regelmäßig billigem Ermessen, den Wert eines gegen den geschiedenen Ehegatten geltend gemachten Anspruchs auf Nutzungsentschädigung auf den zwölffachen Betrag der geforderten monatlichen Leistung festzusetzen.
- Fällige Beträge sind hinzuzusetzen.
OLG Braunschweig, Beschl. v. 21.3.2017 – 1 UF 106/16
1 Sachverhalt
Die Beteiligten, die zwischenzeitlich geschiedene Eheleute sind, sind weiterhin gemeinsame Eigentümer des ehemaligen Familienheims, das seit der Trennung im Jahr 2005 von der Antragsgegnerin – zunächst mit den gemeinsamen Kindern, mittlerweile allein – bewohnt wird.
Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller eine Nutzungsentschädigung für die Zeit ab Mai 2015 i.H.v. monatlich 450,00 EUR sowie für die von ihm getragenen Finanzierungslasten einen Gesamtschuldnerausgleich i.H.v. monatlich 212,91 EUR ab April 2015 verlangt, ferner einen aus beiden Positionen errechneten Rückstandsbetrag.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das FamG dem Antragsteller für die Zeit ab Mai 2016 eine Nutzungsentschädigung i.H.v. monatlich 350,00 EUR zugesprochen und den Antrag für die davor liegende Zeit und die weitergehende Forderung zurückgewiesen; den Anträgen auf Zahlung eines Gesamtschuldnerausgleichs und auf die geltend gemachten Rückstände hat das AG ebenfalls teilweise stattgegeben.
Im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.
Nach Durchführung einer Mediationsverhandlung bei dem Güterichter des OLG haben die Beteiligten eine Einigung getroffen. Gleichzeitig haben sie für das Beschwerdeverfahren einen Wert von 15.700,00 EUR und für den Vergleich einen Mehrwert von 50.000,00 EUR vorgeschlagen.
2 Aus den Gründen
Nachdem die Beteiligten das Verfahren nach einer Verhandlung vor dem Güterichter am 18.10.2016 durch den im Güterichterverfahren festgestellten schriftlichen Vergleich beendet haben, ist der Wert für das Beschwerdeverfahren und den abgeschlossenen Vergleich festzusetzen.
a)
Welcher Verfahrenswert für einen nach der Trennungszeit aus § 745 Abs. 2 BGB geltend gemachten Anspruch auf Nutzungsentschädigung festzusetzen ist, wird in der Rspr. und Lit. nicht einheitlich beantwortet.
Nach einer Ansicht bemisst sich der Verfahrenswert für einen solchen Entschädigungsanspruch auch im Nachscheidungsfall nach § 48 FamGKG, der für Ansprüche auf Nutzungsvergütung während der Trennung gem. § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB einen Regelverfahrenswert von 3.000,00 EUR vorsieht (OLG Hamm FamRZ 2013, 1421 [= AGS 2013, 183]; FamRZ 2011, 892).
Nach überwiegender Ansicht enthält das FamGKG keine Wertvorschrift für Ansprüche gem. § 745 Abs. 2 BGB, so dass der Verfahrenswert gem. § 42 Abs. 1 FamGKG nach billigem Ermessen zu bestimmen ist.
Hierzu wird teilweise an die § 48 GKG, § 9 ZPO angeknüpft und der 3 1/2-fache Jahresbetrag der verlangten Nutzungsvergütung festgesetzt (OLG Frankfurt FamRZ 2014, 1732 [= AGS 2013, 341]; so auch vor Einführung des FamGKG OLG Hamm FamRZ 2008, 1208 [= AGS 2008, 358]; OLG Celle NdsRpfl 2000, 319), während nach anderer Auffassung die für Unterhaltssachen anzuwendende Regelung des § 51 FamGKG entweder analog oder nach ihrem Rechtsgedanken herangezogen und der Verfahrenswert nach dem Jahresbetrag der geforderten Nutzungsvergütung bemessen wird (OLG Naumburg, Beschl. v. 2.9.2014, 3 UF 229/13, juris [= AGS 2015, 36]; Schneider/Herget/Thiel, Streitwertkommentar, 14. Aufl., 2016, Rn 8027q; Meyer, Kommentar zum GKG/FamGKG, 14. Aufl., 2014, § 48 FamGKG Rn 2).
Die Anwendung von § 48 FamGKG schließt der Senat aus. Bei dem Anspruch auf Nutzungsentschädigung gem. § 745 Abs. 2 BGB handelt es sich nicht um eine Ehewohnungssache i.S.d. § 200 FamFG, sondern um eine sonstige Familienstreitsache nach § 266 FamFG. Während Ansprüche auf Nutzungsvergütung während der Trennungszeit gem. § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB im Wohnungszuweisungsverfahren geltend gemacht werden können, ist diese Möglichkeit für entsprechende Ansprüche nach der Scheidung in § 1568a BGB gerade nicht vorgesehen (vgl. OLG Naumburg a.a.O.; OLG Hamm, Beschl. v. 10.7.2014 – 1 WF 104/14, juris [= AGS 2016, 336]), so dass hierin keine Wohnungssache i.S.d. Kostenrechts gesehen werden kann.
Der Verfahrenswert ist vielmehr mit der h.M. gem. § 42 Abs. 1 FamGKG nach billigem Ermessen zu bestimmen, da das FamGKG keine Wertvorschrift für aus der Gemeinschaft folgende Ansprüche zwischen Miteigentümern aus § 745 Abs. 2 BGB enthält.
Hierfür kann grundsätzlich der Rechtsgedanke des § 51 Abs. 1 FamGKG herangezogen werden, der als einzige Vorschrift im FamGKG den Kostenwert für wiederkehrende Leistungen betrifft. Der Regelungszweck besteht darin, aus sozialen Erwägungen ein übermäßiges Anwachsen des Verfahrenswertes zu verhindern (Hartmann, KostG, 47. Aufl., 2017, § 51 FamGKG Rn 1 unter Verweis auf § 41 GKG Rn 2; Schneider/Herget/Thiel, Streitwertkommentar, 14. Aufl., 2016, Rn 8027q). Dieser Gedanke kann auch im Rahmen der Ermessensausübung nach § 42 FamGKG für die Bewertung der Nutzungsentschädigung herangezogen werden. Auch insoweit is...