RVG § 33 Abs. 1, 2 S. 2 u. Abs. 3; ZPO §§ 66 Abs. 1, 71, 107
Leitsatz
Der Gegenstandswert der Nebenintervention richtet sich nicht nach dem Antrag der vom Streifhelfer unterstützten Partei, sondern nach dem eigenen wirtschaftlichen Interesse des Streithelfers am Obsiegen der von ihm unterstützten Partei.
OLG Dresden, Beschl. v. 19.2.2018 – 10 W 30/18
1 Sachverhalt
Das LG hat die Klage der Klägerin gegen die Beklagte auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus einem Architektenvertrag weitgehend abgewiesen und der Klägerin 15/16 der Kosten der – vier – Streithelferinnen der Beklagten aus einem Streitwert von 71.662,80 EUR auferlegt. Die Berufung der Klägerin hat der Senat teilweise verworfen und im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen. Die Anschlussberufung der Beklagten hatte lediglich hinsichtlich des Zinssatzes Erfolg. An der erstinstanzlichen Kostenentscheidung änderte sich nichts.
Auf die Anträge der Streithelferinnen der Beklagten wurden die von der Klägerin zu erstattenden erstinstanzlichen Kosten durch das LG festgesetzt. Gegen diese Kostenfestsetzungsbeschlüsse legte die Klägerin sofortige Beschwerde ein und beantragte "vorsorglich, den Streitwert der jeweiligen Nebenintervention festzusetzen". Nach Ansicht der Klägerin haben die Streithelferinnen der Beklagten zu Unrecht den vollen Hauptsachestreitwert in Ansatz gebracht. Der Streitwert der Streitverkündung bestimme sich auch für den Fall, dass, wie hier, der Streithelfer denselben Antrag stellt wie die von ihm unterstützte Partei, nicht nach dem Streitwert der Hauptsache. Maßgebend sei vielmehr das nach § 3 ZPO zu schätzende Interesse des Streithelfers am Obsiegen der von ihm unterstützten Partei, das sich grds. danach richte, welche Regressansprüche der Streithelfer bei einem Unterliegen der Prozesspartei, der er beigetreten ist, erwarten müsse. Bei der Höhe möglicher Regressansprüche sei auf den Vortrag der vom Streithelfer unterstützten Partei abzustellen.
Das LG half der Streitwertbeschwerde der Klägerin nicht ab und legte die Akten dem OLG zur Entscheidung vor.
Nach Rückgabe der Akten an das LG unter Hinweis darauf, dass das Rechtsbegehren der Klägerin nicht als Streitwertbeschwerde, sondern als Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG auf gesonderte Festsetzung des Gegenstandswertes für die Rechtsanwaltsgebühren der Prozessbevollmächtigten der Streithelferinnen aufzufassen sei, erließ dieses einen Beschluss, wonach der Gegenstandswert auch hinsichtlich aller Streithelfer 71.662,80 EUR betrage.
Mit ihrer gegen diese Entscheidung gerichteten sofortigen Beschwerde will die Klägerin – unter Aufrechterhaltung ihres Rechtsstandpunktes – erreichen, dass der Gegenstandswert für die jeweilige Nebenintervention geringer festgesetzt wird:
Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG – mit dem zugleich inzidenter der Antrag der Klägerin auf gesonderte Festsetzung des Gegenstandswertes entsprechend den unterschiedlichen Beteiligungen der einzelnen Streithelfer der Beklagten an dem Rechtsstreit zurückgewiesen wurde – ist zulässig (§ 33 Abs. 3 RVG), insbesondere ist der Beschwerdewert erreicht und ist die Beschwerdefrist eingehalten.
Der Klägerin fehlt es auch nicht am erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Dieses ist durch Zahlung der in den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des LG festgesetzten Kosten der ersten Instanz nicht entfallen. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Streithelferin S Ingenieur Consult GmbH in diesem Zusammenhang in seinem Schriftsatz auf eine Kommentarstelle bei "Zöller" verwiesen hat, geht er fehl. Die dortige Anm. in Rn 21 zum Punkt "Rechtsschutzbedürfnis" bezieht sich eindeutig – wie auch ein Blick in die bei Zöller zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf (Beschl. v. 11.2.2004 – 10 WF 23/03, JurBüro 2004, 321 [= AGS 2004, 309]) gezeigt hätte – nicht auf den vorliegenden, sondern auf den Fall, dass der Schuldner nach Erhalt des Kostenfestsetzungsgesuchs die zur Festsetzung beantragten Kosten vorbehaltlos gezahlt hat; in diesem Fall kann das Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses fehlen. Solange der Kostenfestsetzungsbeschluss noch angefochten oder ein Änderungsantrag nach § 107 ZPO gestellt werden kann, entfällt – ungeachtet einer zwischenzeitlichen Zahlung der festgesetzten Kosten (die im vorliegenden Fall angesichts der bestehenden Kostenauseinandersetzung selbstredend ohnehin nur zur Vermeidung einer Vollstreckung erfolgt sein kann) – das Rechtsschutzbedürfnis weder für einen Antrag auf eine vom Streitwert abweichende Festsetzung des Gegenstandswertes noch für eine Beschwerde gegen eine ablehnende Entscheidung über diesen Antrag.
2. Die Beschwerde hat auch in der Sache – im ausgesprochenen Umfang – Erfolg.
2.1. Der Antrag der Klägerin auf gesonderte Festsetzung des erstinstanzlichen Gegenstandswertes der jeweiligen Nebenintervention ist nach § 33 Abs. 1 RVG statthaft, da sich die Rechtsanwaltsgebühren der ...