FamFG §§ 57, 61 Abs. 1, 81 Abs. 3
Leitsatz
- Für die Anfechtung einer Kostenentscheidung in einer nicht vermögensrechtlichen Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist eine Mindestbeschwer nicht erforderlich.
- In Vaterschaftsfeststellungsverfahren entspricht es regelmäßig der Billigkeit, den Kindeseltern die erstinstanzlichen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Kindes hälftig aufzuerlegen und sie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst tragen zu lassen, wenn ohne sachverständige Klärung Zweifel bestehen, wer der Vater ist, denn die Kindeseltern haben das Verfahren dadurch, dass sie in der gesetzlichen Empfängniszeit miteinander geschlechtlich verkehrt haben, in gleicher Weise veranlasst.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.4.2012 – 1 WF 307/11
1 Aus den Gründen
1. Die zulässige Kostenbeschwerde ist begründet.
a) Die Beschwerde ist zulässig, auch wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR nicht übersteigt.
Der Zulässigkeit der diesbezüglichen Beschwerde steht nach der ständigen Rspr. des Senats (Beschl. v. 11.10.2010 – II-1 WF 133/10, JAmt 2010, 497 [= AGS 2011, 395]; Beschl. v. 24.5.2011 – II-1 WF 260/10) § 61 Abs. 1 FamFG nicht entgegen. Diese Regelung findet bei einer Abstammungssache keine Anwendung, weil es sich hierbei nicht um eine vermögensrechtliche Angelegenheit handelt. Die Anfechtung einer Kostenentscheidung vermag an der Qualifikation einer Familiensache als vermögens- oder nichtvermögensrechtlich nichts zu ändern (so auch OLG Nürnberg NJW 2010, 1468 f. [= AGS 2010, 252]; Zöller/Feskorn, ZPO, 29. Aufl., § 61 FamFG Rn 6, dort zu bb) – auch zum Meinungsstand). Die gegenteilige Auffassung führt insbesondere bei einer vergleichenden Betrachtung der Zulässigkeit von Kostenbeschwerden in Familiensachen, die keine Familienstreitsachen sind, mit der Zulässigkeit von Kostenbeschwerden in Familienstreitsachen zu Ergebnissen, denen es an einer inneren Rechtfertigung fehlt. Dies zeigt nachfolgende Gegenüberstellung der Zulässigkeit der Kostenbeschwerde gegen eine Kostenentscheidung nach Antragsrücknahme in einer Abstammungssache und der Zulässigkeit der Kostenbeschwerde gegen eine Kostenentscheidung nach Antragsrücknahme in einer Familienstreitsache, also einer in § 112 FamFG aufgeführten Unterhalts-, Güterrechts- oder sonstigen Familiensache.
Soll die Kostenentscheidung nach Antragsrücknahme in einer Güterrechtssache oder sonstigen Familiensache angefochten werden, finden über §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 269 Abs. 5 ZPO die Vorschriften der sofortigen Beschwerde (§§ 567 ff. ZPO) Anwendung. Die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung nach Antragsrücknahme in einer – in der Hauptsache rechtsmittelfähigen – Güterrechtssache oder sonstigen Familiensache ist also bei einer Beschwer von über 200,00 EUR zulässig (§ 567 Abs. 2 ZPO). Gleiches gilt für eine Unterhaltssache (vgl. BGH FamRZ 2011, 1933 ff. [= AGS 2011, 615]).
Soll die Kostenentscheidung nach Antragsrücknahme in einer Abstammungssache angefochten werden, ist diese Kostenbeschwerde – wendet man, obwohl es sich bei einer Abstammungssache um eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit handelt, auf die Kostenbeschwerde nun § 61 Abs. 1 FamFG an – erst bei einer Kostenbeschwer von über 600,00 EUR zulässig.
Eine innere Rechtfertigung dafür, dass bei einer in der Hauptsache rechtsmittelfähigen Familienstreitsache nach Antragsrücknahme die Anfechtung der Kostenentscheidung bereits bei einer Kostenbeschwer von mehr als 200,00 EUR, dagegen in einer Abstammungssache, bei der in der Hauptsache der Rechtsmittelzug ohne Erreichen einer Beschwerdesumme eröffnet ist, nach Antragsrücknahme die Anfechtung der Kostenentscheidung aber erst bei einer Kostenbeschwer von über 600,00 EUR zulässig sein soll, fehlt. Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass gerade in den nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten § 81 Abs. 3 FamFG dem minderjährigen Beteiligten eine besondere kostenrechtliche Stellung einräumt.
Dem Gesetzgebungsverfahren ist ein Wille des Gesetzgebers, dass nicht die Hauptsache für die Qualifikation einer Familiensache als vermögensrechtlich oder nichtvermögensrechtlich entscheidend ist, sondern der Gegenstand der Kostenbeschwerde, nicht zu entnehmen. Zwar heißt es in der Bundestagsdrucksache (16/6308 S. 204):
"Das Gesetz verzichtet auf eine Sonderregelung für die Anfechtbarkeit von Kosten- und Auslageentscheidungen; auch für diese Entscheidungen ist ein Wert des Beschwerdegegenstandes von 600,00 EUR erforderlich. Diese Angleichung beruht auf der Erwägung, dass es keinen wesentlichen Unterschied für die Beschwer eines Beteiligten macht, ob er sich gegen eine Kosten- oder Auslagenentscheidung oder aber gegen eine ihn wirtschaftlich belastende Entscheidung in der Hauptsache wendet."
Hierbei darf aber nicht übersehen werden, dass diese Ausführungen unter dem Leitgedanken stehen, § 61 FamFG enthalte für vermögensrechtliche Verfahren Bestimmungen zur Beschwerdesumme sowie zur Zulassung der Beschwerde. Die zitierte Passage bezieht sich ausschließlich auf in der ursprünglic...