RVG §§ 33, 48, 56; RVG VV Nr. 3101
Leitsatz
Bewilligt das Gericht einem Beteiligten in einer isolierten Familiensache – keine Ehesache – Verfahrenskostenhilfe auch für den Vergleich, der nicht anhängige Familiensachen regelt, und ordnet es auch insoweit den Verfahrensbevollmächtigten bei, umfasst dieser Beschluss auch die Verfahrensdifferenzgebühr.
OLG Schleswig, Beschl. v. 22.2.2012 – 15 WF 437/11
1 Sachverhalt
Das FamG hatte der Antragstellerin für das Sorgerechtsverfahren betreffend zwei bei ihr lebende Kinder der Beteiligten Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und ihr eine Rechtsanwältin beigeordnet.
In dem Termin machten ausweislich des Protokolls die Beteiligten auf Fragen des Gerichts Ausführungen zum Umgang der bei der Antragstellerin lebenden Kinder mit dem Antragsgegner und des beim Antragsgegner lebenden dritten Kindes der Beteiligten mit der Antragstellerin. Mit den Beteiligten wurde anschließend die Sach- und Rechtslage erörtert. Sodann bewilligte das FamG der Antragstellerin "Verfahrenskostenhilfe auch für den Vergleichsschluss zu den bisherigen Bedingungen". Auf Vorschlag des Gerichts schlossen die Beteiligten zur Erledigung des Verfahrens einen Vergleich, in dem der Umgang aller drei Kinder mit den Beteiligten geregelt wurde. In einer gesonderten "Regelung" gaben die Beteiligten anschließend Verpflichtungserklärungen zu sorgerechtlichen Angelegenheiten der drei Kinder ab. Die Beteiligten und ihre Verfahrensbevollmächtigten erklärten sodann, dass im Übrigen Sorgerechtsanträge nicht gestellt werden sollen. Das FamG setzte den Wert für das Verfahren auf 3.000,00 EUR und für den Vergleich ebenfalls auf 3.000,00 EUR fest.
Anschließend hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin beantragt, ihre Vergütung aus der Staatskasse auf 904,76 EUR festzusetzen. U. a. macht sie hinsichtlich der Protokollierung einer Einigung eine 0,8-Verfahrensgebühr gem. §§ 45, 49 RVG, Nrn. 3101 Nr. 2, 3100 VV geltend.
Das FamG hat die Festsetzung einer 0,8-Verfahrensdifferenzgebühr abgelehnt und die aus der Landeskasse zu zahlenden Kosten auf 849,07 EUR festgesetzt.
Mit ihrer Erinnerung hat die Verfahrensbevollmächtigte auch die Festsetzung der abgelehnten Gebühr beantragt und dazu auf die Entscheidungen diverser Oberlandesgerichte verwiesen, wonach die Erweiterung der bewilligten Prozesskostenhilfe auf einen Vergleich über nicht rechtshängige Teile die Verfahrensdifferenzgebühr einschließe. Das FamG hat die Erinnerung zurückgewiesen und die Beschwerde zugelassen. Diese hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat aufgrund der der Antragstellerin bewilligten Verfahrenskostenhilfe einen Anspruch auf Vergütung der entstandenen Verfahrensdifferenzgebühr.
Die Vergütung einer Verfahrensdifferenzgebühr aus der Staatskasse in Ehescheidungsverfahren, in denen ein Vergleich über nicht anhängige Folgesachen geschlossen wird, hat der Senat in seinem grundsätzlichen Beschl. v. 14.2.2012 – 15 WF 399/11 bejaht, weil sich gem. § 48 Abs. 3 RVG die Beiordnung in einer Ehesache auf den Abschluss eines Vergleichs i.S.d. Nr. 1000 VV über Folgesachen erstreckt, eine Einigungsgebühr nicht ohne eine Verfahrensgebühr anfallen kann und die Gleichbehandlung unbemittelter Beteiligter mit bemittelten eine Vergütung gebietet.
2. Der Senat folgt dem in Fortführung dieser Rspr. im Ergebnis auch in Fällen, in denen wie hier eine isolierte Familiensache anhängig ist, ein Vergleich sich auch auf nicht anhängige andere Familiensachen zwischen den Beteiligten erstreckt und dem Beteiligten, dem Verfahrenskostenhilfe für die anhängige Familiensache bewilligt worden ist, Verfahrenskostenhilfe auch für den Vergleich bewilligt wird (ebenso OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 1087 für die Terminsgebühr [= AGS 2009, 190]; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 19. Aufl., Rn 116 zu § 48 RVG für die Verfahrensdifferenzgebühr, differenzierend Rn 119 ff. für die Terminsgebühr; a.A. OLG Bamberg FamRZ 2011, 1605 mit Übersicht über den überwiegend Fälle des § 48 Abs. 3 RVG betreffenden Meinungsstand).
Im Ausgangspunkt unbestritten entsteht bei Abschluss eines Vergleichs über nicht anhängig gemachte Sachen eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV. Anknüpfungspunkt für die Gebühr ist nämlich wie hier u.a. der Antrag, eine Einigung der Beteiligten über in dem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll zu nehmen.
Anders als gem. § 48 Abs. 3 RVG in einer Ehesache erstreckt sich die Beiordnung für andere anhängige Familiensachen aber nicht auf die nicht anhängigen Gegenstände des Vergleichs, sodass ein gesonderter Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und eine Bewilligung und Beiordnung gem. § 48 Abs. 1 RVG erforderlich ist. Das gilt auch, wenn wie hier in Verfahren über die elterliche Sorge eine Einigung über ein nicht anhängiges Umgangsrecht erzielt wird (OLG Zweibrücken RPfleger 2001, 557 [= AGS 2002, 46]; OLG Koblenz JurBüro 2001, 311 [= AGS 2001, 257]; OLG München FamRZ 2000, 1389 [= AGS 2000, 30]).
Das FamG hat der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe "a...