ZPO §§ 3, 4; GKG §§ 63, 66 Abs. 3 S. 2, 68 Abs. 1 S. 4
Leitsatz
- Das OLG ist für die Entscheidung über eine Beschwerde, die sich gegen die Streitwertfestsetzung durch das LG als Berufungsgericht richtet, als "nächst höheres" Gericht i.S.v. § 68 Abs. 1 S. 4 GKG i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 2 GKG zuständig, obwohl das OLG im Instanzenzug in der Hauptsache nicht zur Entscheidung befugt wäre.
- Im Verkehrsunfallhaftpflichtprozess sind die neben anderen Schadenspositionen eingeklagten Kosten eines vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachtens und die Unkostenpauschale regelmäßig keine Nebenforderungen, die bei der Berechnung des Streitwerts und der Beschwer außer Betracht bleiben (im Anschluss an BGH AGS 2007, 320).
- Andererseits wirken vorprozessual oder gar prozessbegleitend aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs nicht werterhöhend unabhängig davon, ob diese Kosten der Hauptforderung hinzugerechnet werden oder neben der im Klagewege geltend gemachten Hauptforderung Gegenstand eines eigenen Antrags sind (vgl. BGH AGS 2007, 231).
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.4.2012 – 1 W 10/12
1 Sachverhalt
Vor dem AG hatte der Kläger die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Eintrittspflicht der Beklagten war dem Grunde nach unstreitig, Streit bestand unter den Parteien über die Höhe des zu leistenden Schadensersatzes. Mit seiner Klage bezifferte der Kläger seine restliche Schadensersatzforderung (unter Berücksichtigung einer Zahlung des zweitbeklagten Haftpflichtversicherers i.H.v. 865,04 EUR) auf noch 1.122,58 EUR. Darin enthalten waren Gebühren für ein vom Kläger vorgerichtlich eingeholtes Reparaturkostensachverständigengutachten über brutto 329,61 EUR. Im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens erweiterte der Kläger die Klage und begehrte die Erstattung der Kosten für ein während des Verfahrens eingeholtes Privatgutachten i.H.v. 968,24 EUR.
Die Beklagte zu 2) hat widerklagend vom Kläger die Rückzahlung einer bereits von ihr vorprozessual geleisteten Zahlung i.H.v. 865,04 EUR (abzüglich einer als berechtigt anerkannten Schadensposition) verlangt sowie vom Kläger die Erstattung der Kosten für zwei erstinstanzlich eingeholte Gutachten i.H.v. 715,55 EUR und 132,57 EUR begehrt. Das AG hat der Klage teilweise stattgegeben und die Widerklage vollständig abgewiesen. Dagegen hat sich die Berufung der Beklagten gerichtet, mit der diese ihren Antrag auf Klagabweisung sowie ihren Widerklageantrag auf Zahlung von 1.637,70 EUR weiter verfolgte.
Das LG hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des AG unter Aufhebung der Kostenentscheidung teilweise abgeändert, die Beklagten verurteilt, an den Kläger 700,79 EUR zu zahlen, die weitergehende Klage abgewiesen und auch die Widerklage der Beklagten zu 2) abgewiesen.
Während das AG den Streitwert auf 3.728,52 EUR festgesetzt hatte, setzte das LG den Streitwert für die erste Instanz auf 1.912,16 EUR und den Streitwert für die Berufungsinstanz auf 1.490,29 EUR fest. Hiergegen wenden sich die Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit der Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat.
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg
2 Aus den Gründen
Das OLG ist für die Entscheidung über die Beschwerde, die sich gegen die Streitwertfestsetzung durch das LG als Berufungsgericht richtet, als "nächst höheres" Gericht i.S.v. § 68 Abs. 1 S. 4 GKG i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 2 GKG zuständig, obwohl das OLG im Instanzenzug in der Hauptsache nicht zur Entscheidung befugt wäre (vgl. dazu auch KG NZM 2010, 739 m.w.Nachw.).
2. In der Sache hat die Streitbeschwerde keinen Erfolg. Das LG hat die maßgebliche Rspr. des BGH beachtet und hat bei der Bemessung des Streitwerts sachgerecht und korrespondierend mit der rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache und zu den Kosten differenziert.
Im Verkehrsunfallhaftpflichtprozess sind die neben anderen Schadenspositionen eingeklagten Kosten eines vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachtens und die Unkostenpauschale regelmäßig keine Nebenforderungen, die bei der Berechnung des Streitwerts und der Beschwer außer Betracht bleiben (BGH NJW 2007, 1752 [= AGS 2007, 320]). So hat das LG die Sachverständigenkosten in Höhe von 329,61 EUR, die dem Kläger bereits vorprozessual entstanden waren und die er von Anfang an als eigene Schadensposition von den Beklagten ersetzt verlangte, bei der Bemessung des Streitwerts berücksichtigt.
Andererseits wirken vorprozessual oder gar Prozess begleitend aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs nicht Wert erhöhend unabhängig davon, ob diese Kosten der Hauptforderung hinzugerechnet werden oder neben der im Klagewege geltend gemachten Hauptforderung Gegenstand eines eigenen Antrags sind (vgl. BGH NJW 2007, 3289 [= AGS 2007, 231]). Dementsprechend hat das LG die erst im weiteren Prozessverlauf vom Kläger für ein zusätzliches Gutachten verlangten sowie die widerklagend von der Zweitbeklagten geltend gemachten weiteren Sachverständigenkosten nicht Stre...