Auch nach dem 1.1.2014 blieben Anrufungen des BVerfG nicht aus. Solche sind "unabhängig" von der Reform und befassen sich mit der Rechtmäßigkeit der Form der (auch der neuen) Antragstellung. Einmal mehr hatte das BVerfG am 7.10.2015 darüber zu entscheiden, ob eine pauschale Zurückweisung rechtens sei. Schon fast "gebetsmühlenartig" traf es folgende Feststellung:
"Das Grundgesetz verbürgt in Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 und Abs. 3 GG die Rechtswahrnehmungsgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten bei der Durchsetzung ihrer Rechte auch im außergerichtlichen Bereich, somit auch im Hinblick auf die Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz. Dabei brauchen Unbemittelte nur solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, die bei ihrer Entscheidung für die Inanspruchnahme von Rechtsrat auch die hierdurch entstehenden Kosten berücksichtigen und vernünftig abwägen. Kostenbewusste Rechtsuchende werden dabei insbesondere prüfen, inwieweit sie fremde Hilfe zur effektiven Ausübung ihrer Verfahrensrechte brauchen oder selbst dazu in der Lage sind. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten stellt die Versagung von Beratungshilfe keinen Verstoß gegen das Gebot der Rechtswahrnehmungsgleichheit dar, wenn Bemittelte wegen ausreichender Selbsthilfemöglichkeiten die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe vernünftigerweise nicht in Betracht ziehen würden. Ob diese zur Beratung notwendig ist oder Rechtsuchende zumutbar auf Selbsthilfe verwiesen werden können, hat das Fachgericht unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls abzuwägen. Insbesondere kommt es darauf an, ob der dem Beratungsanliegen zugrunde liegende Sachverhalt schwierige Tatsachen- oder Rechtsfragen aufwirft, ob Rechtsuchende selbst über ausreichende Rechtskenntnisse verfügen oder ob Beratung durch Dritte für sie tatsächlich erreichbar ist."
Keine zumutbare Selbsthilfemöglichkeit – so das BVerfG – sei jedoch die pauschale Verweisung auf die Beratungspflicht der den Bescheid erlassenden Behörde. Verweise ein Zurückweisungsbeschluss nur allgemein auf eine andere Hilfe, ohne konkret zu prüfen, ob ein bemittelter Rechtsuchender die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe in Betracht ziehen würde, genüge dies den Anforderungen nicht.
Mit Beschl. v. 29.4.2015 hat das BVerfG zur Form Folgendes entschieden:
"Wird einem Antrag auf anwaltliche Beratung nach dem Beratungshilfegesetz nicht in vollem Umfang entsprochen, muss hierüber grundsätzlich förmlich entschieden werden. Dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG genügt es nicht, wenn das AG den Beratungshilfeantrag nach Erteilung mündlicher Hinweise durch den Rechtspfleger als erledigt erachtet, obwohl ausdrücklich eine anwaltliche Beratung gewünscht war. Zudem überdehnt die Verweisung auf die Beratungsstelle der Behörde, gegen die Widerspruch eingelegt werden soll, den Begriff der "Zumutbarkeit" vorrangiger anderer Hilfsmöglichkeiten."
Die Nichtbescheidung eines Beratungshilfeantrags durch den Rechtspfleger entgegen dem ausdrücklichen Wunsch des Ratsuchenden verletzt nach dem Willen des BVerfG daher die Rechtsschutzgleichheit. Ein zurückweisender Beschluss ist daher stets zu begründen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Demgegenüber reicht es aber für eine Verfassungsbeschwerde nicht aus, wenn nur substantiierter Sachvortrag unter Verweis auf eine Entscheidung und deren Rechtswidrigkeit vorgetragen wird.