1. Steuerrecht
Am 16.5.2013 hatte der Bundestag die Annahme des Gesetzentwurfs auf Basis der Drucks. 17/11472, jedoch in der geänderten Fassung gem. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, beschlossen. Die Reform trat dann zum 1.1.2014 in Kraft und öffnete erstmals auch die Möglichkeit für weitere Berufsgruppen, Rechtsberatung im Wege der Beratungshilfe zu leisten und abzurechnen. Konkret können seither gem. § 3 BerHG im Umfang ihrer jeweiligen Befugnis zur Rechtsberatung auch Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer sowie Rentenberater Beratungshilfe leisten und abrechnen.
Gerade für Steuerberater bieten sich im Rahmen der Steuerbescheide, aber auch im Rahmen des außergerichtlichen Einigungsversuches neue Optionen.
Die große Resonanz blieb aus. Gelegentlich wurde – bereits zu Inkrafttreten – die Frage erörtert, ob grundsätzlich Beratungshilfe für Steuererklärungen und gegebenenfalls Einwendungen hiergegen in Betracht kommen können. Für die reine Abgabe und Erledigung der Steuererklärung wird man im Regelfall keine Beratungshilfe annehmen dürfen. Der echte "Ansturm" auf die Beratungshilfe blieb aber auf diesen Tätigkeitsfeldern auch 2015/2016 aus.
Das AG Euskirchen stellte zwar grundsätzlich fest, dass im Einzelfall schon für die Erstellung der Einkommensteuererklärung Beratungshilfe zu gewähren sein könne, nämlich dann, wenn der jeweilige Antragsteller bei der Erstellung seiner Einkommensteuererklärung aufgrund einer besonderen Schwierigkeit und Komplexität des steuerlichen Sachverhaltes (z.B. Trennung der Ehegatten, Freibetrag für Alleinerziehende und Veranlagungsart) Schwierigkeiten habe, die über eine bloße Ausfüllhilfe hinausgehen. Würde aber ein Steuerberater im Wege der Beratungshilfe nur dann tätig, um die Steuerlast des Antragstellers zu reduzieren, und bestünden die vorgebrachten Aspekte nur in allgemeinen Aspekten und einem Basiswissen, welches auch vom steuerrechtlichen "Laien" zu erwarten ist, sei die Inanspruchnahme der Beratungshilfe als mutwillig einzustufen. Es könne zudem auch unter Berücksichtigung der allgemeinen Komplexität des deutschen Steuerrechts erwartet werden, dass ein durchschnittlicher Steuerpflichtiger, sofern er seine Steuerlast reduzieren möchte, sich ein entsprechendes "Basiswissen" mittels der im Handel erhältlichen, an "steuerrechtliche Laien" adressierten Literatur und Software verschaffe.
2. Antragstellung
Durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts wurde die Antragstellung in der Beratungshilfe reformiert. Es wurde für die nachträgliche Antragstellung nun eine entsprechende Frist (Vier Wochen) eingeführt.
Für den "Beginn der Beratungshilfetätigkeit" in § 6 Abs. 2 BerHG war bereits Ende 2014 nach Ansicht des AG Königswinter eine Tätigkeit der Beratungsperson in Form einer rechtlichen Beratung, d.h. einer rechtlichen Prüfung des Einzelfalls, erforderlich. Wird eine Anwaltskanzlei nur aufgesucht und daraufhin vom Urlaubsvertreter des Bevollmächtigten dem Gegner nur die Interessenwahrnehmung angezeigt, reiche dies für den Beginn der Vier-Wochen-Frist regelmäßig nicht aus.
Eine strengere Rechtsansicht vertrat bereits Ende 2014 das AG Brühl.
Das AG Winsen entschied 2015, dass ein nachträglicher Beratungshilfeantrag dann nicht rechtzeitig gestellt worden sei, wenn nicht binnen der Ausschlussfrist des § 6 Abs. 2 S. 2 BerHG ein Antrag vorliege, der den wesentlichen Formerfordernissen genüge, und das Formular die wesentlichen Angaben zur Angelegenheit wie auch zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen mit persönlicher Unterschrift und den persönlichen Versicherungen des Antragstellers gem. § 4 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BerHG enthalte. Dieser Ansicht – die auf einen "korrekten" Antrag innerhalb der Frist abstellt, ist meines Erachtens zu folgen. Alles andere würde zu einer Ungleichbehandlung derjenigen führen, die einen Antrag zwar vollständig, gegebenenfalls aber 1 Tag verspätet einreichen. Für eine so indirekte Verlängerung der Ausschlussfrist von vier Wochen ist kein Raum.
Das OLG München hatte sich im Jahr 2016 ebenfalls mit der Antragstellung zu befassen. Ging es dort im Wesentlichen um die örtliche Zuständigkeit (s.u.), wurde jedoch vom Gericht auch zur Antragstellung weiter vertreten, dass ein einmal angerufenes Gericht zuständig bleibe, selbst wenn noch kein unvollständiger Antrag vorliege. Werde nachträglich um Bewilligung von Beratungshilfe nachgesucht, bleibe danach das AG, das dem Rechtsuchenden den Eingang des (Formblatt-)Antrags bescheinigt, aber wegen Unvollständigkeit noch keine Akten angelegt habe, auch dann örtlich zuständig, wenn der Beratungshi...