Leitsatz
Alleine die Mitteilung eines Verteidigers gegenüber der Behörde: "Jegliche Einlassungen zur Sache bleiben vorbehalten." rechtfertigt nicht den Ansatz einer Zusätzlichen Gebühr nach Nr. 5115 VV.
AG Schöneberg, Urt. v. 27.8.2015 – 106 C 124/15
1 Aus den Gründen
Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Erstattung der Zusatzgebühr gem. Nr. 5115 VV nebst Umsatzsteuer in Gesamthöhe von 160,65 EUR aufgrund des bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrages gem. §§ 1, 125 ff. VVG zu. Denn diese Gebühr wurde von den Verteidigern des Klägers in dem Ordnungswidrigkeitenermittlungsverfahren zu Unrecht angesetzt.
Eine Mitwirkung i.S.d. Nr. 5115 VV setzt voraus, dass der Verteidiger durch seine Tätigkeit die endgültige Einstellung des Verfahrens zumindest gefördert haben muss (vgl. statt aller: BGH, Urt. v. 20.1.2011 – IX ZR 123/10, juris, dort Rn 8 m.w.N. [= AGS 2011, 128]). Hierbei genügt es, wenn der Verteidiger der Ermittlungsbehörde mitteilt, dass der Betroffene zu dem Vorwurf schweigen werde. Denn in einem solchen Fall darf die Behörde nicht darauf vertrauen, dass der Betroffene sich in der Sache einlassen wird, und muss prüfen, ob die sonstigen Beweismittel für eine Überführung des Betroffenen ausreichen; ist dieses nicht der Fall und stellt die Behörde hierauf das Verfahren endgültig ein, hat die Mitteilung, dass der Betroffene zu dem Vorwurf schweigen werde, die Verfahrenseinstellung zumindest mitbewirkt (vgl. statt vieler: BGH, Urt. v. 20.1.2011 – IX ZR 123/10, juris, dort Rn 9 m.w.N.).
Ein derartiger Fall ist vorliegend indes nicht gegeben. Mit dem Schreiben v. 8.3.2013 haben die Verteidiger des Klägers wörtlich mitgeteilt: "Jegliche Einlassungen zur Sache bleiben vorbehalten." Ferner beantragten sie Akteneinsicht. Diese Mitteilung an die Behörde lässt für diese nicht erkennen, ob der Betroffene sich gegebenenfalls zu dem Vorwurf in der Sache einlassen wird. Demgemäß ist die Entscheidung der Behörde v. 29.5.2013, das Verfahren gem. § 31 OWiG einzustellen, nicht ansatzweise durch das Schreiben v. 8.3.2013 mitbewirkt worden. Denn die Behörde hat die Entscheidung des Klägers, ob er sich in der Sache einlassen werde, nicht einmal abgewartet.
Demgemäß ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher Momente das Wirken der Verteidiger des Klägers mitursächlich für die Entscheidung der Behörde, das Verfahren einzustellen, gewesen sein soll.
2 Anmerkung
Ein Mindestmaß an Mitwirkung ist erforderlich. Die Mitwirkung muss allerdings nicht ursächlich für die Einstellung sein. Es reicht jede auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit.
Die bloße Bestellung, der Antrag auf Akteneinsicht oder Einsichtnahme in die Ermittlungsakten sind dagegen nicht ausreichend, selbst wenn eine Einlassung für den Beschuldigten angekündigt wird. Ebenso wenig genügt die bloße Einlegung eines Einspruchs ohne Begründung, wenn das Verfahren anschließend ausschließlich von Amts wegen eingestellt wird.
Norbert Schneider
AGS, S. 400