RVG § 18 Abs. 1 Nr. 13; RVG VV Nr. 3309; ZPO § 888
Leitsatz
Wird nach Verhängung und Beitreibung eines Zwangsmittels die zugrunde liegende Forderung nicht erfüllt und wird daher ein weiteres Zwangsmittelverfahren erforderlich, liegt für den Anwalt insgesamt nur eine einzige gebührenrechtliche Angelegenheit vor.
BGH, Beschl. v. 20.2.2020 – I ZB 68/19
1 Aus den Gründen
Der Gläubiger betreibt gegen die Schuldnerin aus einem rechtskräftigen Auskunftstitel die Zwangsvollstreckung gem. § 888 ZPO.
Mit Beschl. v. 27.1.2015 wurde auf Antrag des Gläubigers erstmals ein Zwangsgeld festgesetzt. Weitere Zwangsgelder wurden vom LG am 15.7.2016 und am 27.10.2016 festgesetzt. Die sofortigen Beschwerden der Schuldnerin blieben ohne Erfolg. In den sich anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren wurden zugunsten des Gläubigers jeweils eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV für das Verfahren erster Instanz und eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV für das Verfahren der sofortigen Beschwerde nebst Auslagenpauschalen und Umsatzsteuer festgesetzt.
Auf den Antrag des Gläubigers v. 14.3.2017 setzte das LG mit Beschl. v. 28.8.2017 ein weiteres Zwangsgeld i.H.v. 20.000,00 EUR fest und legte der Schuldnerin die Kosten des Verfahrens nach einem Streitwert von 800.000,00 EUR auf. Die sofortige Beschwerde wies das Beschwerdegericht auf Kosten der Schuldnerin nach einem Streitwert von 20.000,00 EUR zurück. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss v. 25.10.2018 setzte das LG zugunsten des Gläubigers antragsgemäß eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV (aus einem Streitwert von 800.000,00 EUR) und eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV (aus einem Streitwert von 20.000,00 EUR) nebst Auslagenpauschalen und Umsatzsteuer fest. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist ohne Erfolg geblieben.
II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, der Festsetzung der Verfahrensgebühren für beide Instanzen des Zwangsmittelverfahrens stehe nicht entgegen, dass im Rahmen der vorangegangenen Zwangsgeldfestsetzungen bereits dreimal entsprechende Gebühren zugunsten des Gläubigers festgesetzt worden seien. Die Regelung in § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG stelle klar, dass Beschwerde- und Erinnerungsverfahren grds. eine besondere Angelegenheit bildeten. Hinsichtlich des Verfahrens in erster Instanz sei nach § 18 Abs. 1 Nr. 13 RVG auch die wiederholte Beantragung von Zwangsmitteln zur Erwirkung derselben nicht vertretbaren Handlung jeweils eine besondere Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin, mit der sie ihren Antrag weiterverfolgt, den Kostenfestsetzungsbeschluss v. 25.10.2018 aufzuheben und die Kosten des Verfahrens dem Gläubiger aufzuerlegen.
III. Die Rechtsbeschwerde ist nur im Umfang ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft und zulässig (§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2 ZPO; dazu unter III. 1.). Soweit sie zulässig ist, hat sie auch in der Sache Erfolg (dazu unter III. 2.).
1. Die Rechtsbeschwerde ist teilweise mangels Zulassung unzulässig.
a) Das Beschwerdegericht kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 ZPO auf Teile des Streitstoffs beschränken. Die Beschränkung muss nicht im Tenor des Beschlusses angeordnet sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Allerdings verlangt der Grundsatz der Rechtsmittelklarheit (vgl. BVerfGE 108, 341, 349 [juris Rn 25]), dass sich in diesem Fall die Beschränkung den Entscheidungsgründen eindeutig entnehmen lässt. Das ist der Fall, wenn die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, bei mehreren Streitgegenständen nur für einen von ihnen erheblich ist, weil dann in der Angabe dieses Zulassungsgrunds regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung auf diesen Gegenstand zu sehen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 12.4.2011 – II ZB 14/10, NJW 2011, 2371 Rn 5). So verhält es sich hier.
b) Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil es die Auslegung von § 18 Abs. 1 Nr. 13 RVG für klärungsbedürftig hält. Damit hat es die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf die Entscheidung über die zur Festsetzung angemeldete 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV für die erste Instanz beschränkt. Die Verpflichtung der Schuldnerin, für das Verfahren der sofortigen Beschwerde die 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV zu begleichen, folgt nach dem Beschwerdegericht aus § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG und stellt einen von der Zulassungsfrage unabhängigen Teil des im Kostenfestsetzungsverfahren zu beurteilenden Streitstoffs dar.
c) Diese Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde ist wirksam. Die Zulassung kann auf einen tatsächlich oder rechtlich selbstständigen Teil des Streitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand einer gesonderten Festsetzung sein oder auf den die Beschwerdeführerin ihr Rechtsmittel beschränken könnte (vgl. BGH NJW 2011, 2371 Rn 7 m.w.N.). Das unterliegt hinsichtlich der hier zur Erstattung angemeldeten Kostenposition keinem Zweifel.