FamFG §§ 41, 49
Leitsatz
Erledigt sich das einstweiligen Anordnungsverfahren (in einer Gewaltschutzsache) durch einen Vergleich, durch den die Hauptsacheregelung vorweggenommen wird, ist hinsichtlich des Wertes für das Anordnungsverfahren auf die Ermäßigung des § 41 FamFG abzustellen, während sich der Wert für den Vergleich nach dem der Hauptsache bestimmt.
OLG Celle, Beschl. v. 25.6.2020 – 10 WF 82/20
1 Sachverhalt
Die Beteiligten haben im vorliegenden, im Wege der einstweiligen Anordnung betriebenen Gewaltschutzverfahren um den Erlass eines Näherungs- und Kontaktverbots gestritten. Das Verfahren wurde durch einen im schriftlichen Verfahren geschlossenen, durch Beschluss des AG festgestellten Vergleich erledigt. In diesem Vergleich haben sich die Beteiligten wechselseitig und unbefristet verpflichtet, keinen Kontakt zueinander aufzunehmen und Abstand voneinander zu halten.
Durch weiteren Beschluss hat das AG u.a. den Verfahrenswert und den Wert für den Vergleich auf jeweils 1.000,00 EUR festgesetzt.
Mit seiner gegen die Wertfestsetzung erhobenen Beschwerde macht der Antragstellervertreter geltend, der Wert müsse mindestens 2.000,00 EUR betragen, da durch die Einigung die Angelegenheit nicht nur einstweilen erledigt worden sei.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die von dem Antragstellervertreter erhobene Wertbeschwerde ist zulässig gem. § 32 Abs. 2 S. 1 RVG, § 59 Abs. 1 S. 1, 3 FamGKG, insbesondere mit der erforderlichen Beschwer von mehr als 200,00 EUR eingelegt. Die Beschwerde ist allerdings lediglich teilweise nach Maßgabe des Tenors begründet.
§ 49 FamGKG bestimmt für Gewaltschutzverfahren gem. § 1 GewschG grds. einen Wert von 2.000,00 EUR. Für einstweilige Anordnungsverfahren sieht § 41 FamGKG eine Ermäßigung vor, wobei von der Hälfte des für die Hauptsache bestimmten Werts auszugehen ist. Die Ermäßigung erfolgt dabei regelmäßig wegen der geringeren Bedeutung des Eilverfahrens gegenüber der Hauptsache. Der volle Wert der Hauptsache für ein einstweiliges Anordnungsverfahren kommt daher nur in Betracht, wenn die einstweilige Regelung praktisch eine Hauptsacheregelung vorwegnimmt oder sie erübrigt (vgl. OLG Schleswig FamRZ 2011, 1424 [= AGS 2012, 39]; BeckOK KostR/Schindler, 30. Ed. 1.6.2020, FamGKG § 41 Rn 11 m.w.N.). Dieser Gesichtspunkt trifft vorliegend nur für den von den Beteiligten geschlossenen Vergleich zu. Dadurch ist endgültig geregelt worden, dass die Beteiligten wechselseitig die Kontaktaufnahme zu unterlassen und Abstand voneinander zu halten haben. Ein Hauptsacheverfahren ist insoweit überflüssig geworden. Für das einstweilige Anordnungsverfahren selbst gilt dies hingegen nicht. Im einstweiligen Anordnungsverfahren wird grds. eine vorläufige Regelung angestrebt. In der Regel findet keine Beweisaufnahme statt, der Vortrag der Beteiligten ist lediglich glaubhaft zu machen. Eine im Eilverfahren ergangene Entscheidung hindert die Beteiligten nicht, die strittigen Fragen in einem nachfolgenden Hauptsacheverfahren auszutragen. Eine Bindung an die vorläufige Entscheidung besteht insoweit nicht (vgl. OLG Schleswig, a.a.O.). Daher war lediglich der Wert für den Vergleich mit 2.000,00 EUR zu bemessen, während der Verfahrenswert i.H.v. 1.000.00 EUR zutreffend vom AG festgesetzt worden ist.
3 Anmerkung
Die Wertfestsetzungen des FamG und des OLG sind nicht eindeutig.
Das Gericht hat bei Abschluss eines Mehrwertvergleichs zwei Werte festzusetzen:
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Zum einen ist der Wert für das Verfahren festzusetzen, wonach die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen (hier Nr. 1412 FamGKG-KostVerz.) erhoben wird. |
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Zum anderen ist ein Wert für den Vergleich festzusetzen, aus dem die Gebühr der Nr. 1900 FamGKG-KostVerz. erhoben wird. |
Wenn man die Entscheidung des OLG zutreffend auslegt, dann ist damit also gemeint, dass der Wert des Verfahrens 1.000,00 EUR und der Mehrwert des Vergleichs 2.000,00 EUR betragen.
Das ergibt dann folgende Abrechnung:
Aus dem Wert des Verfahrens ist hier die volle 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV aus 1.000,00 EUR entstanden. Darüber hinaus ist die sog. Verfahrensdifferenzgebühr (Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3101 VV) aus dem Mehrwert des Vergleichs angefallen, also aus 2.000,00 EUR. Zu beachten ist allerdings die Begrenzung des § 15 Abs. 3 RVG.
Hinzu kommt eine 1,2-Terminsgebühr aus 3.000,00 EUR. Die Beteiligten haben einen schriftlichen Vergleich abgeschlossen. Dieser löst eine Terminsgebühr aus, sofern im zugrundeliegenden Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Dies ist in einstweiligen Anordnungsverfahren der Fall.
Des Weiteren sind eine 1,0-Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV aus dem Wert des Anordnungsverfahrens sowie unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 3 RVG eine 1,5-Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV aus dem Mehrwert des Vergleichs entstanden.
Die zutreffende Abrechnung sieht damit wie folgt aus:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
104,00 EUR |
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(Wert: 1.000,00 EUR) |
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2. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3000, 3101 VV |
120,00 EUR |
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(Wert: 2.000... |