Die zulässige Sprungrevision hat keinen Erfolg; die zulässige Anschlussrevision führt zur vollständigen Klageabweisung.
A. Das AG hat angenommen, der Klägerin stünden Rückgriffsforderungen zu. Soweit diese vor Insolvenzeröffnung begründet worden seien, handele es sich um einfache Insolvenzforderungen. Die Kosten des bestellten Abwicklers könnten weder als Kosten des Insolvenzverfahrens nach § 54 InsO noch als sonstige Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO behandelt werden. Es liege auch keine Masseverbindlichkeit nach § 324 Abs. 1 Nr. 5 InsO vor. Die Norm sei nicht direkt anwendbar, weil sie nur ein Nachlassinsolvenzverfahren betreffe. Für eine analoge Anwendung sei kein Raum. Es sei bereits unklar, ob eine Regelungslücke bestehe. Der betroffene Rechtsanwalt könne nach § 53 Abs. 2 BRAO auch selbst seinen Vertreter bestellen, dessen vor Insolvenzeröffnung angefallene Vergütung zweifellos nur eine Insolvenzforderung darstelle. Daran ändere sich nichts, wenn der Vertreter von der Rechtsanwaltskammer bestellt werde. Zudem bestehe im Unterschied zum Nachlassverwalter gem. § 53 Abs. 10 BRAO sogar eine Sicherung für die Vergütung des Abwicklers.
Hinsichtlich der Zeiten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens handele es sich um eine Masseverbindlichkeit. Dies ergebe sich aus § 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO, weil der Abwickler im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses bestellt werde. Demgemäß läge für seine Tätigkeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine oktroyierte Masseverbindlichkeit vor.
B. Dies hält rechtlicher Überprüfung nur teilweise stand.
I. Gegenstand des Rechtsstreits sind die Rechtsanwalt A gegen den Schuldner für seine Tätigkeit als Abwickler der Rechtsanwaltskanzlei zustehenden Vergütungsansprüche. Zwar macht im Streitfall nicht der Abwickler selbst seine Vergütungsansprüche geltend. Die Klägerin verfolgt diese Ansprüche jedoch aus übergegangenem Recht.
Die Klägerin hat den Abwickler gem. § 55 Abs. 5 BRAO bestellt. Gem. §§ 55 Abs. 3, 53 Abs. 10 S. 4 BRAO steht dem Abwickler ein Vergütungsanspruch gegen den bisherigen Anwalt zu. Setzt der Vorstand der Rechtsanwaltskammer die Vergütung fest, haftet die Rechtsanwaltskammer für den Anspruch des Abwicklers auf die festgesetzte Vergütung gem. § 53 Abs. 10 S. 7 BRAO wie ein Bürge.
Im Streitfall hat die Klägerin die Vergütung des Abwicklers mit zwei Bescheiden in der geltend gemachten Höhe festgesetzt und an den Abwickler bezahlt. Damit ist der Vergütungsanspruch des Abwicklers gegen den Schuldner entsprechend § 774 Abs. 1 S. 1 BGB auf die Klägerin übergegangen. Der Übergang setzt nicht voraus, dass der Bürge ausdrücklich als Bürge in Anspruch genommen worden ist (BGH, Urt. v. 14.1.1998 – XII ZR 103/96, WM 1998, 443, 446).
II. Die Sprungrevision der Klägerin ist unbegründet. Der Anspruch der Klägerin für die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Vergütungsforderungen eines Abwicklers stellt keine Masseverbindlichkeit dar.
1. Die Voraussetzungen der §§ 54, 55 InsO hat das AG zutreffend verneint. Die Revision erhebt insoweit keine Rügen.
2. Der Vergütungsanspruch des Abwicklers einer Rechtsanwaltskanzlei für seine Tätigkeit kann nicht in entsprechender Anwendung von § 324 Abs. 1 InsO als Masseverbindlichkeit eingeordnet werden. Ebenso wenig liegt § 324 Abs. 1 InsO ein allgemeines Prinzip zugrunde, das eine Rechtsanalogie ermöglichen würde.
a) § 324 Abs. 1 InsO erweitert in enger Anlehnung an § 224 Abs. 1 KO für den Bereich der Nachlassinsolvenzverfahren den Kreis der Masseverbindlichkeiten (BT-Drucks 12/2443, 231 zu § 367 RegE). Die Vorschrift begünstigt Aufwendungen, die typischerweise nach Eintritt des Erbfalls im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung der Erbschaft erfolgt sind. Das Nachlassinsolvenzverfahren beruht nach der gesetzgeberischen Konzeption auf dem Grundsatz, dass die Wirkungen der Eröffnung soweit wie möglich auf den Zeitpunkt des Erbfalls zurückbezogen werden sollen (BT-Drucks, a.a.O.). Schuldner i.S.d. Insolvenzrechts ist dabei der Nachlass (vgl. BT-Drucks 12/2443, 231 zu § 363 RegE). Auf dieser Grundlage sehen insbesondere § 324 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 InsO vor, dass Verbindlichkeiten und Kosten aus der Verwaltung des Nachlasses unter bestimmten Voraussetzungen Masseverbindlichkeiten im Nachlassinsolvenzverfahren darstellen.
b) Ob die Vergütung des Kanzleiabwicklers für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in entsprechender Anwendung des § 324 Abs. 1 InsO eine Masseverbindlichkeit darstellt, wird unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird eine Einordnung auch der vorinsolvenzlichen Vergütungsansprüche als Masseverbindlichkeit bejaht (OLG Celle, BRAK-Mitt. 2002, 198 f.; OLG Rostock, ZIP 2004, 1857, 1858 f. unter II. 3. a bb; OLG Köln, ZIP 2009, 2395, 2396 unter II. 1. a; MüKo-InsO/Siegmann, 3. Aufl., § 324 Rn 12; Holzer, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2019, § 324 Rn 10; FK-InsO/Schallenberg/Rafiqpoor, 9. Aufl., § 324 Rn 23; HmbKomm-InsO/Böhm, 7. Aufl., § 324 Rn 8; Staudinger/Dutta, BGB, 2016, § 1967 Rn 38; Burandt/Rojahn/Bangha-S...