ZPO §§ 788 Abs. 1 S. 1, 756 Abs. 1
Leitsatz
- Der Gläubiger eines Titels, der eine Vollstreckung nur Zug um Zug erlaubt, kann die für das Angebot der Gegenleistung durch den Gerichtsvollzieher entstehenden Gerichtsvollziehergebühren im Regelfall als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung von dem Schuldner erstattet verlangen.
- Gleiches gilt für die Anwaltskosten, die durch die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe bei der Beauftragung des Gerichtsvollziehers ausgelöst werden.
BGH, Beschl. v. 5.6.2014 – VII ZB 21/12
1 Sachverhalt
Die Gläubiger betreiben die Zwangsvollstreckung aus einem Urteil, durch das die Schuldnerin zu einer Zahlung Zug um Zug gegen Aushändigung von Inhaberschuldverschreibungen verurteilt worden war. Sie erteilten über ihre damaligen Verfahrensbevollmächtigten dem Gerichtsvollzieher den Auftrag, die Inhaberschuldverschreibungen der Hauptzahlstelle der Schuldnerin in F. anzubieten. Auf Bitten des Gerichtsvollziehers übersandten die Verfahrensbevollmächtigten der Gläubiger zusätzlich einen Vollstreckungsauftrag, mit dem neben der Andienung der Inhaberschuldverschreibungen die Pfändung und – für den Fall der Fruchtlosigkeit – die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung beantragt wurde. Über das erfolglose Angebot der Inhaberschuldverschreibungen benachrichtigte der Gerichtsvollzieher die Gläubiger mit Schreiben vom 15.1.2009, in dem er zugleich auch den Annahmeverzug der Schuldnerin beurkundete.
Das AG – Vollstreckungsgericht – hat – soweit hier von Interesse – die von den Verfahrensbevollmächtigten der Gläubiger abgerechneten Gebühren in Höhe von 1.574,97 EUR ebenso wie die durch den Gerichtsvollzieher abgerechneten Gebühren in Höhe von 18,00 EUR als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung angesehen und als erstattungsfähig festgesetzt. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Beschwerdegericht den Beschluss des AG insoweit abgeändert und den Festsetzungsantrag der Gläubiger zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde möchten die Gläubiger die Entscheidung des AG wiederhergestellt wissen.
Der BGH hat die Entscheidung des Beschwerdegerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
2 Aus den Gründen
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, zu den vom Schuldner zu erstattenden notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung gehörten alle Aufwendungen, die angefallen seien, um unmittelbar die Vollstreckung aus dem Titel vorzubereiten oder die einzelnen Vollstreckungsakte durchzuführen. Der Schuldner habe diese Kosten zu tragen, weil er sie durch die Nichterfüllung des titulierten Anspruchs verursacht habe. Den Gläubigern obliegen hingegen die Beschaffung und das Angebot der Gegenleistung, nämlich die Übergabe der Wertpapiere an die Schuldnerin. Die Kosten, die durch die Beschaffung und das Angebot einer dem Gläubiger obliegenden Gegenleistung entstünden, seien keine notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung. Aus diesem Grund seien die verfahrensgegenständlichen, im Zusammenhang mit der Andienung der Wertpapiere entstandenen Anwalts- und Gerichtsvollzieherkosten nicht erstattungsfähig.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Nach der Rspr. des BGH gehören zu den Kosten der Zwangsvollstreckung i.S.d. § 788 Abs. 1 ZPO alle Aufwendungen, die gemacht werden, um unmittelbar die Vollstreckung aus dem Titel vorzubereiten oder die einzelnen Vollstreckungsakte durchzuführen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24.1.2006 – VII ZB 74/05, NJW 2006, 1598 [= AGS 2006, 214]; v. 20.12.2005 – VII ZB 57/05, NJW 2006, 1141 [= AGS 2006, 458]; v. 14.4.2005 – V ZB 5/05, NJW 2005, 2460, 2461 [= AGS 2005, 416]). Notwendig sind diese Kosten, wenn sie für eine Maßnahme angefallen sind, die der Gläubiger zum Zeitpunkt ihrer Vornahme bei verständiger Würdigung der Sachlage zur Durchsetzung seines titulierten Anspruchs objektiv für erforderlich halten durfte (vgl. BGH, Beschl. v. 4.10.2012 – VII ZB 11/10, NJW 2012, 3789 [= AGS 2013, 46]; v. 10.12.2009 – VII ZB 88/08, NJW 2010, 1007 [= AGS 2010, 152]; v. 24.1.2006 – VII ZB 74/05, a.a.O.; v. 14.4.2005 – V ZB 5/05, NJW 2005, 2460, 2462).
b) Zu Unrecht hat das Beschwerdegericht die von den Gläubigern angemeldeten Anwalts- und Gerichtsvollzieherkosten in Höhe von zusammen 1.592,74 EUR nicht als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung i.d.S. angesehen.
aa) Grundlage der rechtlichen Beurteilung des Beschwerdegerichts, die hier im Streit stehenden Anwalts- und Gerichtsvollzieherkosten seien der Kostenfestsetzung nicht zugänglich, ist die Erwägung, es handele sich um Kosten, die allein durch das Angebot der den Gläubigern aufgrund der Zug um Zug Verurteilung obliegenden Gegenleistung verursacht seien.
Bereits diese Annahme ist zweifelhaft, denn sie beruht, was der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen hat (vgl. BGH, Urt. v. 17.5.2000 – VIII ZR 216/99, NJW 2000, 3007), auf widersprüchlichen und unklaren Feststellungen des Beschwerdegerichts zu den zugrunde liegenden Gebührenabrechnungen.
Auf S. 3 der Beschwerdeen...