Der BGH hat die Frage, ob die Bestellung zum Pflichtverteidiger auch das Tätigwerden zur Abwehr von Adhäsionsanträgen umfasst, bisher zwar ausdrücklich offen gelassen, allerdings für den Nebenkläger gemäß § 397a Abs. 1 StPO entschieden, dass sich die Bestellung eines Rechtsanwalts als Beistand nicht auch auf das Adhäsionsverfahren erstrecke. Der Rechtsanwalt sei daher nicht befugt, für den Nebenkläger vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Angeklagten im Adhäsionsverfahren einzuklagen und seine diesbezüglichen Gebühren gegen die Staatskasse geltend zu machen, es sei denn, er wurde dem Nebenkläger im Rahmen der Gewährung von Prozesskostenhilfe gem. § 404 Abs. 5 S. 2 StPO, § 121 Abs. 2 ZPO für das Adhäsionsverfahren – gesondert – beigeordnet. Ob diese Grundsätze auch auf den Pflichtverteidiger übertragbar sind, lässt sich der Entscheidung des BGH nicht entnehmen. Das OLG folgt der h.M., die in seiner Entscheidung teilweise belegt wird. Ebenso entschieden haben auch das OLG Hamburg, das OLG Bamberg, das OLG Brandenburg, das OLG Jena, das OLG München und das OLG Dresden. Mit jeweils überzeugenden Begründungen nehmen
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OLG Schleswig, |
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OLG Dresden, |
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OLG Köln und |
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OLG Rostock, |
an, dass die Tätigkeit im Adhäsionsverfahren auch ohne gesonderte Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von der Tätigkeit des bestellten Pflichtverteidigers erfasst sei.
Will der Anwalt später mit der Landeskasse abrechnen können, helfen überzeugende Begründungen vereinzelter Gerichte zur Durchsetzung seiner Gebührenansprüche nicht weiter. Er muss deshalb die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung beantragen, um am Ende nicht leer auszugehen. Soweit das Gericht dem Adhäsionsantrag im Urteil stattgibt, kann der Angeklagte die Entscheidung zusammen, aber auch ohne den strafrechtlichen Teil des Urteils mit dem sonst zulässigen Rechtsmittel anfechten (§ 406a Abs. 2 StPO). Da dem Angeschuldigten auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen ist, sollte der Prozesskostenhilfeantrag in der Berufungsinstanz deshalb erneut gestellt werden.
Erstreckt das Gericht die Tätigkeit des Pflichtverteidigers ausdrücklich auf die Tätigkeit im Adhäsionsverfahren, so kann der Anwalt die insoweit entstandene Vergütung unter Berufung auf § 48 Abs. 1 RVG auch dann aus der Staatskasse verlangen, wenn die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben. So hat es das LG Koblenz im Juli 2014 im Rahmen einer Hauptverhandlung auch entschieden, weil eine im Beschlusswege ausgesprochene Erstreckung, gleich ob falsch oder richtig, im Vergütungsfestsetzungsverfahren unangreifbar ist.
Lotte Thiel