RVG VV Nr. 3104 ZPO § 91
Leitsatz
- Ein in der mündlichen Verhandlung anwesender Prozessbevollmächtigter des Streitverkündeten nimmt keinen "gerichtlichen Termin" wahr.
- Eine eventuelle Gebühr nach Nr. 3101 VV ist nicht erstattungsfähig. Ohne einen Beitritt zum Verfahren handelt es sich nie um notwendige Kosten des Rechtsstreits, sondern um freiwillige Kosten eines nicht förmlich Beteiligten.
- Die Kosten eines bloßen Streitverkündeten können vom Gericht einer Partei nicht auferlegt werden und vom Streitverkündeten jedenfalls nicht im Rahmen der Kostenfestsetzung geltend gemacht werden.
OLG Köln, Beschl. v. 18.11.2013 – 17 W 165/13
1 Sachverhalt
Die Klägerin hatte die Beklagten auf Schadensersatz verklagt. Das LG hatte der Klage überwiegend stattgegeben. Das OLG hat auf die Berufung hin die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer der Beklagten der Klägerin auferlegt.
Die Klägerin hatte den Beteiligten zu 1) und 2) bereits in erster Instanz den Streit verkündet. Ihr jetziger Prozessbevollmächtigter hatte sich zwar Mitte Dezember 2009 für die Streitverkündeten bestellt, ohne dass die Streitverkündeten allerdings dem Rechtsstreit beigetreten wären. Dennoch hat der Rechtsanwalt für die Streitverkündeten an den mündlichen Verhandlungen teilgenommen. Im Berufungsverfahren sind die Streitverkündeten in der mündlichen Verhandlung unter Überreichung eines an diesem Tag übergebenen Schriftsatzes, der aus einer einzigen Seite besteht, dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten mit dem Antrag, die Klage kostenpflichtig abzuweisen, beigetreten. Dieser Schriftsatz enthält nur ein Kurzrubrum.
Die Streithelfer haben für beide Instanzen Kosten in Höhe von insgesamt 4.583,17 EUR zur Festsetzung angemeldet. Die Kläger sind der Ansicht, dass die Streithelfer nicht wirksam beigetreten seien. Rechtsanwaltskosten für die erste Instanz könnten sie allein schon deshalb nicht geltend machen, weil sie in diesem Rechtszug nicht beigetreten seien.
Der zuständige Rechtspfleger beim LG zugunsten der Streithelfer Kosten von insgesamt 3.112,69 EUR festgesetzt. Da sie in erster Instanz keinen Sachantrag gestellt haben, hätten sie nur Anspruch auf eine 0,8-Verfahrensgebühr (Nrn. 3100, 3101 VV) nebst Erhöhung gem. Nr. 1008 VV. Im Übrigen könne der Prozessbevollmächtigte der Streithelfer auch bereits vor Beitritt eine Verfahrensgebühr und eine Terminsgebühr verdienen.
Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hatte, hatte teilweise Erfolg.
2 Aus den Gründen
1. Soweit sich die Klägerin dagegen wendet, dass die Streithelfer Rechtsanwaltsgebühren für das Berufungsverfahren in Höhe von 2.406,89 EUR (1,9-Verfahrensgebühr gem. Nrn. 3200, 1008 VV in Höhe von 1.227,40 EUR; 1,2-Terminsgebühr gem. Nr. 3202 VV i.H.v. 775,20 EUR; Pauschale gem. Nr. 7002 VV von 20,00 EUR und Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV i.H.v. 384,29 EUR) als erstattungsfähig anerkannt bekommen haben, ist die Beschwerde unbegründet. Die Streitverkündeten sind dem Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem OLG wirksam gem. § 66 Abs. 1 ZPO auf Seiten der der Gegenpartei beigetreten (vgl. BGHZ 85, 252 ff.; NJW 2004, 1521 f.; Musielak/Weth, 10. Aufl., § 69 ZPO Rn 2). Die formalen Voraussetzungen sind aufgrund der Streitverkündungsschrift der Klägerin erfüllt. Im Übrigen hat die Klägerin als Streitverkünderin keinen Antrag nach § 71 ZPO gestellt (vgl. Weth, a.a.O. § 71 ZPO Rn 2 m.w.Nachw.; OLG Düsseldorf OLGR 2008, 156 f.), sondern mit den jeweiligen Anträgen zur Sache verhandelt, so dass sie ihr Rügerecht – unabhängig von der Frage, ob sie ein solches nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens überhaupt noch ausüben könnte (dazu Zöller/Vollkommer, 28. Aufl., § 71 ZPO Rn 6) – jedenfalls auch verloren hat (vgl. OLG Nürnberg MDR 2005, 473; MüKo-ZPO/Schultes, 4. Aufl., § 71 ZPO Rn 3).
Die den Streithelfern entstandenen Kosten können auch nicht als nicht notwendig i.S.v. § 91 Abs. 2 ZPO angesehen werden. Ihr Rechtsanwalt hat an der mündlichen Verhandlung vor dem OLG teilgenommen und einen (Sach-)Antrag gestellt sowie – wenn auch sehr kurze – Rechtsausführungen gemacht. Im Unterschied zu den von der Klägerin angeführten Entscheidungen des OLG Koblenz (AGS 2007, 276 u. 369 f.), bei denen sich die Nebenintervenienten erstmals nach Erlass eines Hinweisbeschlusses gem. § 522 Abs. 2 ZPO überhaupt bestellt hatten, hat der Rechtsanwalt der – bis dahin nur – Streitverkündeten sich bereits in erster Instanz bestellt und sogar an zwei Verhandlungsterminen aktiv, u.a. auch im Rahmen von Vergleichsgesprächen teilgenommen. Einen Kostenerstattungsansprüche auslösenden Beitritt kann man den Streitverkündeten und ihrem Rechtsanwalt in einer derartigen Situation nicht als unsachgemäß verwehren.
2. Hingegen handelt es sich bei den vom LG zuerkannten Rechtsanwaltskosten der Streitverkündeten für die erste Instanz nicht um notwendige Kosten des Rechtsstreits i.S.v. § 91 Abs. 2 ZPO.
Mangels Beitritts der Streitverkündeten im (gesamten) landgerichtlichen Verfahren...